Kirchenpräsident Jung für neuen Ansatz im Umgang mit Migranten

Frankfurt a.M. (epd). Kirchenpräsident Volker Jung hat sich für einen grundlegend neuen Ansatz im Zusammenleben mit Menschen fremder Herkunft ausgesprochen. Die Vorstellung, vermeintlich Fremde in eine homogene Aufnahmegesellschaft integrieren zu müssen, werde der Realität nicht mehr gerecht, sagte Jung in einem Interview, das die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) auf ihrer Webseite veröffentlichte. Alle müssten lernen, "mit zunehmender Vielfalt umzugehen". Jung ist auch Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Jung antwortete damit auf die Frage, ob das Ziel der Integration weiter von zentraler Bedeutung sei oder ob nicht das Prinzip einer Inklusion zu einer sinnvollen Leitlinie werden könne. Das sozialpolitische Konzept der Inklusion wird bislang vor allem auf Menschen mit Behinderungen bezogen. Seine Grundsätze sind die Anerkennung jedes Menschen in seiner individuellen Persönlichkeit und die Möglichkeit für umfassende gesellschaftliche Teilhabe.

Auch Asylbewerber und Menschen ohne festen Aufenthaltsstatus dürften aus Sicht der evangelischen Kirche nicht ausgegrenzt werden. "Sie dauerhaft in Sammelunterkünften unterzubringen oder ihnen den Zugang zu Sprachkursen und Arbeit zu verweigern, ist menschenrechtlich nicht vertretbar", kritisierte Jung. Er habe den Eindruck, dass die Forderung nach Reformen in der Politik heute mehr Gehör finde als noch vor einigen Jahren.

Die jüngste Erklärung des Brüsseler EU-Gipfels nach dem Tod von mehreren hundert Bootsflüchtlingen vor der italienischen Insel Lampedusa sei ausgesprochen enttäuschend, sagte Jung. "Das klingt einfach nur kalt und herzlos." Notwendig wäre die Einrichtung gefahrenfreier Wege für Flüchtlinge nach Europa, ein wirklich funktionierendes Seenotrettungssystem und "eine europäische Aufnahmeregelung, die die Verantwortung nicht auf die Länder an den Außengrenzen abschiebt und die die Bedürfnisse der Schutzsuchenden in den Mittelpunkt stellt".

07. November 2013