Kunst als „Fenster zum Himmel“

Predigt des Berliner Bischofs zur Eröffnung der Synodentagung

Wenn in einer Kirche Bilder zu sehen sind, gehe es um „Fenster zum Himmel“ und um die Offenheit dafür, was Himmel und Erde verbindet, erklärte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Wolfgang Huber, in seiner Predigt in der St. Matthäus-Kirche in Berlin am Sonntag, den 6. November. Mit dem Gottesdienst wurde die 4. Tagung der 10. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eröffnet. Huber wies damit auf die Ausstellung „Dahinter Engel“ des österreichischen Malers Arnulf Rainer hin, die zur Zeit in der Kirche zu sehen ist. Das ZDF überträgt den Gottesdienst live ab 9.30 Uhr.

Die Bilder von Rainer forderten dazu heraus, die biblische Botschaft vom barmherzigen Gott neu zu sehen, so der Berliner Bischof. Das über dem Altar dargestellte Bild eines Gewandkreuzes bilde die Proportionen eines menschlichen Körpers mit ausgestreckten Armen nach. Aus Stoff herausgeschnitten sei das Gewandkreuz „der Mantel der Liebe, der gütig um uns gelegt wird.“ Das Gewandkreuz zeige, dass Menschen vor Gott nur bestehen könnten, weil er sie mit seiner Gnade umhülle.

„Dem Reformator Martin Luther möchte man das Bild widmen“, so Huber. Er habe die Überzeugung vertreten, dass allein Christus dazu helfe, vor Gottes Angesicht treten zu können. Um Christi Willen falle Gottes Blick nicht auf unser „kleines, ängstliches, ichbezogenes Leben“, sondern auf die den Menschen von Gott geschenkte Würde. „Die Freiheit eines Christenmenschen liegt darin begründet, dass wir uns nicht mit unseren verschlissenen Lebensmänteln vor Gott zeigen müssen. Wir dürfen uns seinen Mantel der Güte ausleihen, bevor wir vor sein Angesicht treten.“

Das umhüllende Gewandkreuz auf dem Bild von Arnulf Rainer verbinde sich mit den Schwingen der Engel, erklärte Huber weiter. Die Engel seien Gottes Boten und eine besondere Gestalt seiner Finger, die Gottes Reich nahe brächten. Die Engel und alle guten Geister im Himmel und auf Erden haben Christus bewahren wollen in der Nacht, als er verraten wurde. „Sie mühten sich vergeblich; denn er wollte und musste seinen Weg zu Ende gehen.“ Nur so habe sein Kreuz „der eine und entscheidende Fingerzeig Gottes“ werden können gegen alle bösen Geister.

Prägend für die Bildersprache in der St. Matthäus-Kirche sei das „Dahinter“ der Engel – und der bösen Geister. „Denn im Kern wissen wir alle: Der Teufel oder Beelzebub oder die Sünde oder das Böse oder wie immer man die Quelle der bösen Geister nennen möchte, ist nicht dadurch verschwunden, dass wir Menschen uns aufgeklärt und rational geben.“ Daher brauche man auch im vermeintlich so vernünftigen Leben die realistische Perspektive der Bibel. „Sie weiß davon, dass es böse Geister und dunkle Mächte gibt, vor denen uns nur Gott und seine guten Engel bewahren können.“

Er sei davon überzeugt, dass Bilder und Kunstwerke dabei helfen könnten, „dahinter Engel“ zu sehen, so Huber. „Kunst und Glaube sind Verwandte im Geist, Freunde im Offenhalten der Welt, die das Dazwischen erkennbar machen und die Engel dahinter.“

Berlin, 06. November 2005

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi

Die Predigt im Wortlaut

Informationen zur Ausstellung finden Sie unter
http://www.stiftung-stmatthaeus.de/aktuelles.htm

Berichterstattung über die 4. Tagung der 10. Synode der EKD