Präses Kurschus verteidigt politisches Engagement der Kirchen

Kurschus sprach auf einer Tagung zum Karl-Barth-Jahr 2019

Die westfälische Präses Annette Kurschus, stellvertretende Ratsvorsitzende der EKD, an einem Rednerpult

Da es in der evangelischen Kirche kein Lehramt gebe, das Überzeugungen und Normen für Christen festlegt, „folgen evangelische Christen ihrem informierten und theologisch geschärften Gewissen“, erklärte die westfälische Präses Annette Kurschus, die auch stellvertretende Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. 

Bonn/Bielefeld (epd). Die westfälische Präses Annette Kurschus hat das Engagement der Kirchen in sozial-, gesellschafts- und umweltpolitischen Fragen verteidigt. Die Kirche sehe sich seit der Flüchtlingskrise „einem breiten Strom der Kritik gegenüber, sowohl in den Feuilletons als auch in der Theologie“, sagte Kurschus in Bonn. „Man attestiert uns eine grassierende ‚Appellitis‘ sowie moralische und geistliche Selbstüberhöhung.“ Doch es sei die besondere Aufgabe der Kirchen im Staat, in Erinnerung an Gottes Gebot und Gottes Gerechtigkeit an die Verantwortung von Politikern und Bürgern zu appellieren.

Zugleich warnte die leitende Theologin der viertgrößten Landeskirche vor voreiligen Schlüssen und mahnte zur Besonnenheit. Da es in der evangelischen Kirche kein Lehramt gebe, das Überzeugungen und Normen für Christen festlegt, „folgen evangelische Christen ihrem informierten und theologisch geschärften Gewissen“, erklärte Kurschus, die auch stellvertretende Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. „Sie können sich dabei auch irren.“ Die Kirche sollte deshalb sehr genau überlegen, „wann und wem sie was meint, sagen zu müssen. Sie sollte sorgfältig abwägen, wie sie dies jeweils tut, und wird sich immer der Gefahr bewusst sein, dabei den Mund zu voll zu nehmen.“

Gott sei unbequem, gerade und zuerst für die Kirchen

Die westfälische Präses verwehrte sich zudem dagegen, Gott für eigene Vorlieben zu instrumentalisieren: „Gott ist nicht der engelumschwebte, vollbartberauschte Inbegriff des je aktuellen ‚common sense‘ darüber, was menschlich, vernünftig oder machbar sei.“ Gott sei unbequem, gerade und zuerst für die Kirchen.

Kurschus sprach auf einer Tagung zum Karl-Barth-Jahr 2019, zu der die Friedrich-Ebert-Stiftung, der Reformierte Bund und die EKD eingeladen hatten. Karl Barth gilt als einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts. Der Schweizer war 1934 federführender Verfasser der Barmer Theologischen Erklärung und Mitbegründer der Bekennenden Kirche, die sich von der nationalsozialistischen Ideologie distanzierte. Ab 1938 rief Barth Christen zum bewaffneten Widerstand gegen den Nationalsozialismus auf. Nach 1945 engagierte er sich für die Versöhnung mit den Deutschen, die Ökumene und eine umfassende Kirchenreform.

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Karl Barth-Jahr 2019