Familien brauchen Unterstützung

Erklärung des Ratsvorsitzenden zum 12. Kinder- und Jugendbericht

Zur Veröffentlichung des 12. Kinder- und Jugendberichts der Bundesregierung am 25. August 2005 erklärt der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber:

Von Kindern und Jugendlichen hängen Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft ab. Zu den gesellschaftlichen Kernaufgaben gehört es, junge Menschen auf dem Weg des Erwachsenwerdens zu fördern und dafür die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Bildung ist dabei ein Schlüssel für gelingende individuelle Lebensgestaltung und für eine nachhaltige Gesellschaftsentwicklung.

Der 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung stellt in vielfältigen Perspektiven Bildung in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Auch die evangelische Kirche versteht Bildung umfassend, als einen Zusammenhang von Lernen, Wissen, Können, Wertebewusstsein und Handeln im Horizont sinnstiftender Lebensdeutungen. Damit kommen nicht nur unterschiedliche Bildungsorte und Lernwelten in den Blick, sondern auch die breite Verantwortung für gelingende Bildungsprozesse, an der Familien, die Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Schulen und andere Partner teilhaben. Die Kirche trägt mit Kindertagesstätten und Schulen in evangelischer Trägerschaft und mit vielfältigen außerschulischen  Bildungsangeboten der Kinder- und Jugendarbeit, der Familien- und Erwachsenbildung einen wesentlichen Teil dazu bei.

Der Bericht verdeutlicht, dass bewusst gestaltete Bildungsprozesse an den aktuellen Lebenswelten und Lebenslagen junger Menschen und den Erfordernissen ihrer Eltern orientiert sein müssen. Die konstruktive Aneignung von Welt und der Aufbau von Kompetenzen in einer komplexen und sich schnell wandelnden Gesellschaft erfordern ein intensives Zusammenspiel der unterschiedlichen Bildungsorte und Lernwelten. Richtigerweise konzentriert sich der Bericht nicht auf einzelne Bildungsinstanzen, sondern betrachtet das Bildungsgeschehen von Kindern und Jugendlichen insgesamt, wobei er die Bedeutung der Familie für die Bildung insbesondere in den ersten Lebensjahren besonders würdigt. Die Familie bedarf in der heutigen Situation aber unterstützender Leistungen in Form von lebensweltnahen Bildungs- und Informationsangeboten sowie helfenden Netzwerken. Der Vorschlag, mehr vernetzte Angebote für Kinder und Eltern aus einer Hand zu schaffen, so genannte „Häuser für Familien“, verdient insofern besondere Beachtung. Die evangelische Kirche ist bereit, sich an diesen Angeboten aktiv zu beteiligen.

Kinder und Jugendliche haben in dieser Gesellschaft viele Optionen und Möglichkeiten, aber sie sind auch Risiken ausgesetzt. Der Bericht zeigt eindrücklich auf, dass die Probleme benachteiligter junger Menschen, Wege in ein gelingendes Leben zu finden, immer drängender werden. Vor allem Kinder sozial benachteiligter oder allein erziehender Eltern und junge Menschen mit Migrationshintergrund sind hiervon betroffen. Diese Entwicklung bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Unterstützungsangebote für Eltern und die Einbeziehung von Kindern in unterschiedliche Bildungsmaßnahmen müssen frühzeitig einsetzen. Dafür sind finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, die besonders die Kommunen in den Stand versetzen, die notwendigen Angebote vor Ort zu schaffen bzw. auszubauen.

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat im Blick auf die im 12. Kinder- und Jugendbericht enthaltenen Erkenntnisse und Empfehlungen bereits eine Reihe von Texten vorgelegt, die der Debatte um die politischen Konsequenzen, die aus dem Bericht zu ziehen sind, wichtige Impulse geben können:

- Maße des Menschlichen. Evangelische Perspektiven zur Bildung in der Wissens- und Lerngesellschaft, 2003

- Perspektiven für Jugendliche mit schlechteren Startchancen, 2003

- Wo Glaube wächst und Leben sich entfaltet. Der Auftrag evangelischer Kindertageseinrichtungen, 2004

- Ganztagsschule - in guter Form! 2004

Hannover, 25. August 2005

Für die Richtigkeit:

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi