Erinnerung und Zukunftsorientierung gehören zusammen

Ratsvorsitzender traf russischen Außenminister

Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit seien für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) Eckpfeiler der europäischen Wertegemeinschaft. Darauf hat der Vorsitzende des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, in einer Begegnung mit dem Außenminister der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, am Dienstag, dem 19. April, in Moskau hingewiesen. Die evangelische Kirche beobachte besonders aufmerksam die Entwicklungen in der Kaukasusrepublik Tschetschenien und verfolge mit "großer innerer Anteilnahme" die Herausforderungen, vor denen die Russische Föderation stehe.

"Uns ist besonders daran gelegen, dass humanitäre Hilfsorganisationen in Tschetschenien ungehindert arbeiten können", betonte der Ratsvorsitzende gegenüber dem russischen Außenminister. Er hoffe zudem, dass das Schicksal der Verschollenen beider Seiten geklärt werden könne. Angesichts des 60. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges erklärte Huber: "Wir wissen um unsere besondere Verantwortung, die Zukunft Europas in Frieden zu gestalten." Ohne Erinnerung gebe es keine Orientierung auf die Zukunft.

Im Mittelpunkt des Besuchs stand eine Begegnung mit dem Patriarchen der Russischen Orthodoxen Kirche, Alexej II. Der Austausch zwischen dem Patriarchen und dem Ratsvorsitzenden war insbesondere durch das Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges bestimmt. Verbunden war das Gespräch mit der 23. Begegnung im bilateralen theologischen Dialog zwischen der Russischen Orthodoxen Kirche und der EKD: sie behandelte die Themen "Die Welt nach dem Zweiten Weltkrieg" und "Herausforderungen unserer Zeit und das Verständnis der christlichen Werte". Der Dialog könne, so betonte der Ratsvorsitzende, die Fähigkeit stärken, "aufeinander zu hören und sich Schritt für Schritt aufeinander zuzubewegen". Er hoffe, dass die Zusammenarbeit zwischen theologischen Fakultäten, der Studierendenaustausch und Partnerschaften zwischen Gemeinden in Deutschland und Russland weiter ausgebaut werden könnten. "Wer hätte vor 60 Jahren gedacht, dass dies einmal möglich sein würde?" fragte Huber.

Am Montag, dem 18. April, war der Ratsvorsitzende bereits mit der stellvertretenden Duma-Vorsitzenden Lubov Sliska zusammen getroffen. Dabei stand die Beziehung zwischen Kirche und Staat im Vordergrund. Religiöser Glaube sei eine persönliche Angelegenheit, habe aber ebenso eine öffentliche Dimension, erklärte Huber. In Deutschland bemühten sich die Kirchen, ihre soziale und politische Verantwortung ernst zu nehmen und ihre Stimme in die gesellschaftliche Debatte einzubringen.

Der deutsche Botschafter in Moskau, Hans-Friedrich von Ploetz, dankte bei einem Botschaftsempfang am Montag abend der EKD im Namen der Bundesregierung für ihre Versöhnungsarbeit. "Die Kirchen sind Vorreiter im Dialog."

Hannover, 21. April 2005

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi