EKD-Auslandsbischöfin reagiert auf Offenen Brief

Evangelische Theologen und kirchennahe Politiker fordern den Ausschluss der russisch-orthodoxen Kirche aus dem Weltkirchenrat.

Die Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau

Die Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau (Foto vom 21.10.2011) mit ihren gewaltigen goldenen Kuppeln, von Stalin in die Luft gesprengt und nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder aufgebaut, ist zum Symbol schlechthin für die beispiellose Wiederauferstehung der russisch-orthodoxen Kirche nach sieben Jahrzehnten kommunistischer Unterdrückung und für die neue Nähe zwischen irdischer Staatsmacht und himmlischen Mächten geworden.

Berlin (epd). In einem Offenen Brief fordern evangelische Theologen und kirchennahe Politiker den Ausschluss der russisch-orthodoxen Kirche aus dem Weltkirchenrat. Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriach Kyrill, legitimiere den Angriffskrieg auf die Ukraine und sichere die neo-imperialistische Vorstellung einer „russischen Welt“ ideologisch ab, heißt es zur Begründung in dem Schreiben, das die evangelische Theologin Ellen Ueberschär und die Kirchenhistorikerin Katharina Kunter verfasst habe.

Der Brief richtet sich an die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, und den Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen, Ioan Sauca. Die EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber lehnte die Forderung am Freitag ab.

Der Weltkirchenrat solle prüfen, wie die Mitgliedschaft des Moskauer Patriarchats ausgesetzt werden könne, heißt es in dem Brief. Zudem verlangen die Autorinnen ein Moratorium für die bilateralen Beziehungen zwischen EKD und der Kirchenführung in Moskau. Mit dem Segen der russisch-orthodoxen Kirche „wird ein Angriffskrieg geführt und Menschenrechte im eigenen Land werden mit Füßen getreten“, hieß es zur Begründung. Trotz intensiver Bemühungen seien keine Anzeichen der Änderung in den ideologischen Positionen des Moskauer Patriarchats zu erkennen, schreiben Ueberschär und Kunter.

Die Autorinnen des Briefes beunruhigt insbesondere, dass Vertreter des Moskauer Patriarchats auf der Vollversammlung des Weltkirchenrats vom 31. August bis 8. September in Karlsruhe ihre Kriegspropaganda verbreiten könnten. Bislang ist jedoch unklar, ob eine russisch-orthodoxe Delegation an dem Treffen teilnimmt.

Die Auslandsbischöfin der EKD, Bosse-Huber, wertete die Aufforderung als ein „Signal in die falsche Richtung“. Die EKD und die Leitenden der evangelischen Landeskirchen verurteilen Russlands völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine aufs Schärfste, sagte Bosse-Huber dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Rechtfertigung dieses Kriegs durch Patriarch Kyrill sei eine „gotteslästerliche Ideologie“. Das habe EKD-Ratsvorsitzende Kurschus mehrfach klar benannt. Mit einem Ausschluss aus dem weltweiten Ökumenischen Rat der Kirchen werde aber auch ein großer Teil der orthodoxen Christinnen und Christen ausgeschlossen.

Bosse-Huber warnte vor einer „pauschalen Wahrnehmung der russischen Orthodoxie und deren Einordnung in ein uniformes Feindbild“. Sie nehme vielmehr „eine deutliche Mehrstimmigkeit“ innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche war. Deshalb unterstützte die EKD die Bemühungen, Brücken des Dialogs aufrechtzuerhalten. „Sie können Wege eröffnen, die für einen Friedensprozess von großer Bedeutung sein werden“, betonte Bosse-Huber. Die Berufung der Kirchen und der ökumenischen Bewegung sei es zudem, Frieden zu stiften.

Zu den Erstunterzeichnenden des Offenen Briefes gehören über 60 Personen aus Politik, Kirche und Gesellschaft, darunter die frühere Leiterin der Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler (Grüne), die ehemalige Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU), die DDR-Bürgerrechtler Markus Meckel (SPD) und Ulrike Poppe, das Präsidium der Evangelischen Frauen in Deutschland sowie Petra Bahr, Regionalbischöfin der Evangelischen Landeskirche Hannovers.

Das Statement von EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber im Wortlaut:

„Die Evangelische Kirche in Deutschland und die Leitenden der Landeskirchen verurteilen den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine aufs Schärfste. Die Rechtfertigung dieses Krieges durch Patriarch Kyrill I. als göttliche Mission ist eine gotteslästerliche Ideologie. Auch das hat die Ratsvorsitzende der EKD, Annette Kurschus, immer wieder klar benannt.

Ein Ausschluss der Russisch-Orthodoxen Kirche aus dem Ökumenischen Rat der Kirchen wäre jedoch ein Signal in die falsche Richtung. Damit würde ein großer Teil der orthodoxen Christinnen und Christen aus der weltweiten ökumenischen Gemeinschaft ausgeschlossen. Innerhalb der Russisch-Orthodoxen Kirche nehmen wir eine deutliche Mehrstimmigkeit wahr. Umso wichtiger ist es uns, einer pauschalen Wahrnehmung der russischen Orthodoxie und deren Einordnung in ein uniformes Feindbild von Russland entschieden entgegenzuwirken.

Angesichts der inneren Pluralität der russischen Orthodoxie unterstützen wir als Teil der ökumenischen Gemeinschaft die Bemühungen, Brücken des Dialogs aufrechtzuerhalten. Sie können Wege eröffnen, die für einen Friedensprozess von großer Bedeutung sein werden.

Die Berufung der Kirchen und der ökumenischen Bewegung ist es, Frieden zu stiften. Daher gilt die Verpflichtung, in weiteren Treffen gemeinsam für Gerechtigkeit und Frieden zu arbeiten.

Auch bei der Vollversammlung in Karlsruhe wird die evangelische Kirche sich weiterhin klar zum Angriffskrieg auf die Ukraine äußern und ihre ablehnende Haltung zur Position von Patriarch Kirill I. deutlich machen.“

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