Statements bei der Pressekonferenz zur Woche für das Leben in Berlin

Wolfgang Huber / Robert Zollitsch

Statement von Bischof Dr. Wolfgang Huber, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland:

„Jeder Mensch gilt“ – das war das Lebensmotto von Pfarrer Dr. Ulrich Bach. Vor drei Wochen, am 8. März, verstarb der scharfsichtige Analytiker des tiefen Risses, der oftmals Menschen mit Behinderungen von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausschließt, der Liebhaber der „bunten Gemeinde Gottes“, der Bibelinterpret, der die biblischen Texte gleichermaßen für Behinderte und Nichtbehinderte las. Der 1931 geborene Ulrich Bach hat zu dem Thema, das uns in diesem Jahr beschäftigen soll, Ungewöhnliches beigetragen. Das findet auch in dem Themenheft für die diesjährige Woche für das Leben seinen Niederschlag. Wenn man diese Texte liest, spürt man etwas von der überschießenden Hoffnung, die den christlichen Glauben prägt.

Ulrich Bach, der an den Folgen einer schweren Polio-Erkrankung litt und dadurch zeitlebens an den Rollstuhl gefesselt war, nahm ernst, dass jeder Gottesdienst im Namen des dreieinigen Gottes beginnt. Die gottesdienstliche Wirklichkeit in einer diakonischen Einrichtung kommentierte er so: „Wir bilden zwar ein buntes Völkchen: Die einen müssen liegen, einige dürfen schon sitzen, andere sind so nicht behindert, dass sie andere Leute schieben. Das alles ist so. Das macht Schmerzen. Nichts davon wollen wir vertuschen. Und dennoch: Obwohl hier Behinderte und Nichtbehinderte beisammen sind – nicht als Behinderte und Nichtbehinderte sind wir beisammen, sondern als Gemeinde des dreieinigen Gottes. Fragt nicht in erster Linie, was ihr könnt oder nicht könnt. Hört, was Gott Euch sein lässt. ... Ihr gehört zusammen als die bunte Gemeinde Gottes“.

Die beiden Artikel, die Ulrich Bach für das diesjährige Themenheft der „Woche für das Leben“ zur Verfügung gestellt, sind zu seinem Vermächtnis geworden; deshalb liegt mir so viel daran, heute Ulrich Bachs Beiträge zu unserem Thema zu würdigen. An seinem theologischen Wirken beeindruckt mich besonders die Konsequenz, mit der er aus seinen Grenzerfahrungen heraus unser Bild vom Menschen konsequent in das Licht des Evangeliums, also in das Licht der göttlichen Gnade gerückt hat. Einer der Titel, an denen das schlagartig erkennbar wird, lautet: „Boden unter den Füßen hat keiner“.

Aber nicht nur das Menschenbild der Leistungsgesellschaft, sondern auch die gängigen Stereotypen des Gottesbildes gab Ulrich Bach zur Überprüfung frei. „Der Gottessohn braucht Hilfe“, schreibt er. „Dieser Satz wurde für mich zu einem Schlüssel für viele biblische Zusammenhänge. Wenn dieser Satz stimmt, dann ist Stärke kein absoluter Wert.“ Aus dieser theologischen Perspektive analysierte Ulrich Bach, wie es zu der Vernichtung von als „lebensunwert“ bezeichnetem Leben im Dritten Reich kommen konnte. Von dieser kritischen Analyse aus entwickelte er eine „Theologie nach Hadamar“. Die Landesheilanstalt Hadamar in Hessen war 1941 eines der Zentren der Tötungsaktionen im Rahmen des fälschlich so genannten „Euthanasie“-Programms. Bachs „Theologie nach Hadamar“ folgt nicht dem Grundsatz: „Kannst du was, dann bist du was“ – sondern: „Jeder Mensch gilt“.

Drei Wochen nach seinem Tod möchte ich Ulrich Bachs Lebenszeugnis in Erinnerung rufen. Für ihn, der lange als unbequemer Kritiker galt, war es eine Freude, seine Texte in unserem Arbeitsheft abgedruckt zu wissen. Und nur allzu gern hätte er auch auf dem Eröffnungspodium mit diskutiert. Weil es dazu nicht mehr kam, lassen Sie mich hier und heute sagen: Wir verdanken ihm viel.

„Gemeinsam mit Grenzen leben“: dieser Leitgedanke der Woche für das Leben 2009 hat in Diakonie und Caritas schon in der zurückliegenden Zeit wichtige Veränderungen bewirkt. Wohngruppen und Lebensgemeinschaften wurden gebildet, in denen Behinderte nicht Objekte der Hilfe, sondern Subjekte ihres eigenen Lebens sein können. Aus einer Arbeit, die im wesentlichen auf Fürsorge und Pflege ausgerichtet war, ist ein Dienst geworden, der andere auf dem Weg zu einem selbständigen Leben begleitet. Schuldhafte, ja verbrecherische Verirrungen der Vergangenheit, die unerträgliche Rede von „lebensunwertem Leben“, die Transporte behinderter Menschen in Vernichtungslager, die Vergötzung von Gesundheit und Leistung wurden und werden beim Namen genannt. Mahnmale und Gedenksteine wurden errichtet, die an die Opfer erinnern und vor jeder Art der Wiederholung warnen. Voller Scham bekennen wir, dass auch im helfenden Handeln der Kirche dem politischen Druck und einer kruden Kostenmentalität, die selbst das Leben berechnet, nicht immer der menschenmögliche, aber dann doch über die Kraft der Beteiligten hinausgehender Widerstand entgegengesetzt wurde.

Gerade deshalb müssen wir unser Bild von „Normalität“ verändern. Normal muss es sein, dass wir sagen: Jeder Mensch gilt.

Beim Christlichen Führungskräftekongress vor vier Wochen saß Rainer Schmidt, der bei den Paralympics als Tischtennisspieler Medaillen sammelte, auf einem Podium zum Thema „Inspiration“. „Im Schuhe-zu-binden bin ich behindert“, sagte er zu dem Moderator des Abends, „aber im Tischtennisspielen vermutlich du“. Selbstbewusst und offen mit den eigenen Grenzen umzugehen, aber auch wahrzunehmen, welche Gaben jeder von uns hat – das ist der Schlüssel zu einem veränderten Leben.

Aber bei wem liegt dieser Schlüssel? „Die Frage, ob ich dazugehöre“, schreibt Ulrich Bach, „wird oft zuerst von der anderen Seite beantwortet. Wenn sich (andere) ... freiwillig zu mir bekennen, indem sie sagen: Wir gehören zu dir, dann ... bekomme ich die Möglichkeit, zu erleben: Tatsächlich, ich gehöre zu Euch.“

Von diesem Zuspruch leben nicht nur behinderte Menschen, sondern auch viele andere, die sich aus der Gesellschaft ausgegliedert fühlen – aus gesundheitlichen oder aus Altersgründen, aus sozialen oder aus finanziellen Gründen. Mangelnde Teilhabe gehört zu den großen Problemen unserer Gesellschaft; wir werden darauf zu achten haben, dass sich die Kluft im Zuge der jetzigen Wirtschafts- und Finanzkrise nicht vertieft. Gerade in einer solchen Krisenzeit ist besonders darauf zu achten, dass bei künftigen Sparmaßnahmen nicht die Mobilität und ärztliche Versorgung behinderter Menschen eingeschränkt wird, dass die Hilfen für Demenzkranke verbessert werden, Blinde auch weiterhin die nötige Unterstützung finden und sofort. Solche Fragen werden uns verstärkt beschäftigen, wenn wir im dreijährigen Zyklus der „Woche für das Leben“ im nächsten Jahr die Entwicklung des Gesundheitssystems zum Schwerpunkt machen werden.

Zunächst aber gilt es, das „Du gehörst dazu“ für die verschiedensten Bereiche zu beherzigen und konkret werden zu lassen. Wichtige Schritte beginnen in Kindergärten, Schulen und Kirchengemeinden. Zu ihnen gehören Gottesdienste und Gruppenangebote, die im wahrsten Sinne des Wortes „niedrig-schwellig“ sind. Vom Kern des christlichen Glaubens, nämlich vom Blick auf den leidenden Christus aus, wollen wir zu einer Haltung beitragen, die sich von Einschränkungen nicht erschrecken lässt – wohl aber von Arroganz und Hochmut. Es ist Hochmut, wenn wir glauben, unser Leben nach den eigenen Wünschen gestalten können.

Es ist Arroganz, wenn wir übersehen, welche Anstrengungen diese Ideologie denen abverlangt, die ihre Grenzen sehr früh erfahren haben. Wenn wir begreifen, dass wir alle aus Gottes Gnade leben, dann verstehen wir auch, warum eine intellektuelle Leistung vor Gott nicht mehr zählt als das Lallen eines Kindes, eines Schwerstmehrfachbehinderten oder eines Sterbenden. Erst in einer solchen Demut können wir uns für die Lebensmöglichkeiten öffnen, die auch bei Menschen mit Behinderungen über ihre Grenzen hinausweisen – wie Zuwendung, Fröhlichkeit, Freundschaft. Das kann auch die Angst vor den eigenen Schwächen vertreiben, die uns so leicht hart und zur Teilnahme unfähig macht. Die Reifungschancen, die sich daraus ergeben, hat der Altersforscher Andreas Kruse sensibel, ja poetisch entfaltet. Grenzsituationen, so betont er, führen uns in die Mitte unserer Existenz.

Ich wollte Sie spüren lassen, mit welchen Hoffnungen ich die Veranstaltungen der Woche für das Leben 2009 begleite. Es geht um Lebensräume, die Menschen bis dahin nicht wahrnehmen konnten, um Gestaltungsspielräume dort, wo Menschen bisher nur Verluste sahen. Es ist zu wünschen, dass viele christliche Gemeinden neue Aufbrüche zum Zusammenleben und gemeinsamen Feiern wagen; sie werden damit auch stark in unsere Gesellschaft hineinwirken. Ich hoffe darauf, dass die Woche für das Leben 2009 in dieser Richtung an vielen Orten wichtige Impulse geben wird. Ich freue mich darauf, dass wir den Eröffnungsgottesdienst dieses Jahres in einer Lüneburger Kirche feiern, in der eine bunte Gemeinde Gottes zu Hause ist. Integrativer Konfirmandenunterricht und von Behinderten verantwortete Gottesdienste sind Beispiele dafür. Ich hoffe auf viele solche Beispiele während der Woche für das Leben 2009.

 


Statement von Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz:

Gemeinsam mit Grenzen leben“ – das haben wir als Jahresthema bei der diesjährigen Woche für das Leben gewählt. In der Mitte des laufenden Dreijahreszyklus – Bischof Huber hat schon darauf hingewiesen – möchten wir darauf aufmerksam machen, dass es nicht allein die Gesunden und Leistungsstarken sind, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, wie man vielfach hört. Nicht jeder Mensch kann ein „Superstar“ oder ein „Supertalent“ sein, so gerne sich dies vor allem junge Leute erträumen. Immerhin legen so betitelte Fernsehformate, auch wenn sie allzu oft an der Grenze des Menschen-Erträglichen sind, die Sehnsucht vieler offen: Es ist der Wunsch, einmal etwas Besonderes zu sein, sich einmal durch eine besondere Leistung oder ein besonderes Talent aus der Masse herauszuheben. Hinzu kommt eine immer stärker um sich greifende Illusion, Schönheit und Jugend machen zu können, geistige und körperliche Leistungsfähigkeit jederzeit wieder herstellen zu können. Die immensen Erfolge der medizinischen Forschungen und der diagnostischen Methoden der vergangenen Jahrzehnte fördern die Vorstellung der nahezu „unbegrenzten Möglichkeiten“. Immer mehr zeigt sich hinter den Wünschen nach vollkommener Gesundheit die unausgesprochene Sehnsucht nach Unsterblichkeit.

Da klagt die durch Contergan behinderte Lehrerin: „Bis heute erlebe ich Grenzen, auch im Umgang mit meinen eigenen Kindern. Es hängt damit zusammen, dass ich aufgewachsen bin mit dem Spruch meiner Eltern: ‚Kann ich nicht, gibt es nicht!’. Ich sollte alles probieren und genauso schaffen wie Nichtbehinderte. Aber warum soll ich mich immer mit dem Defizit in der Welt der Nichtbehinderten zurechtfinden? Warum können diese nicht mit all ihrem Vermögen und Können sich auf mich einstellen und mir das Leben erleichtern? Es ist eine Gesellschaft der Stärkeren und Mächtigen!“
Dieser Wunsch ist keineswegs neu, sondern so alt wie die Menschheit. Schon der Schöpfungsbericht fasst in Worte, dass der Mensch sich schwer tut, seine Grenzen anzunehmen, und stattdessen anstrebt, wie Gott sein zu wollen. Wir würden es uns zu einfach machen, in eine prinzipielle Verurteilung unseres derzeitigen Gesundheitssektors zu verfallen und zugleich die medizinischen Errungenschaften stillschweigend zu genießen. Denn wo Forschung und Medizin die von Gott geschenkte Würde des Menschen achten und dem Leben dienen, haben sie unsere Unterstützung; wo der Mensch nicht auf seine Arbeitskraft im Wirtschaftsprozess reduziert und Kranke nicht zu einem Kostenfaktor im Gesundheitssystem herabgewürdigt werden, wissen wir die Medizin sehr zu schätzen. Das jüdisch-christliche Menschenbild verpflichtet uns allerdings, dort die Stimme zu erheben, wo grundsätzlich die Begrenztheit menschlichen Lebens nicht mehr akzeptiert wird, wo die berechtigte Sorge um Gesundheit das Maß verliert und sich in einen medizinisch-biotechnischen Machbarkeitswahn steigert. Christen haben ihr Vorbild im Handeln Jesu. Er zeigt, was gerade die brauchen, die mit größeren gesundheitlichen Einschränkungen leben müssen: Wertschätzung und Zuwendung, Nähe und Begegnung auf Augenhöhe. Die zahlreichen biblischen Texte, die von Jesu Begegnung mit Kranken berichten, sind nicht einfach nur ansprechende Erzählungen, sondern ein Stück narrativer Ethik. Sie binden uns in der Nachfolge Christi normativ. So wie sich Jesus verhält, sollen auch wir uns verhalten, und wenn wir seinen Auftrag als Gottes Sohn an die Menschen umsetzen wollen, dann sind wir seinem Vorbild verpflichtet. Nicht diejenigen, die am größten und stärksten sind, sollen zuerst beachtet werden, sondern – symbolisch gesprochen – die Kleinen, die Bedürftigen. „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Mt 9,13).

Von Anfang an haben sich Christen, angeregt durch das Handeln Jesu selbst, vor allem um diejenigen gekümmert, die in ihrem Leben besondere Probleme haben; Probleme mit sich selbst und Probleme im Zusammenleben mit ihren Mitmenschen. Die Kirchen haben einen genuinen Auftrag dazu, diese Hilfe zu erbringen. Dass sich im Laufe der 2000 Jahre die Formen der Herausforderungen gewandelt haben, ist leicht nach zu vollziehen. Mit der Wahl des Themas „Gesundheit“ haben wir versucht, eine aktuelle Herausforderung besonders herauszustellen.

Das Jahresmotto „Gemeinsam mit Grenzen leben“ will zunächst einmal sagen: Es gibt ihn nicht, den perfekten Menschen! Auch wenn die Menschen nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind, so wie es uns die Bibel berichtet, gehört es ebenso zum Menschsein, dass wir an unsere Grenzen gebunden sind. Auch diese Grenzen hat uns der Mensch gewordene Gott exemplarisch vorgelebt. Menschsein bedeutet: Grenzen haben. Die Erfahrung einer Krankheit, die Einschränkungen, die das Alter mit sich bringt, oder die Begegnung mit Pflegebedürftigen machen uns unsere eigenen Grenzen oft schneller klar, als wir sie im Alltag wahrhaben wollen und als es uns viele Hochglanzmagazine und Casting-Shows vorgaukeln. Das Motto will zweitens zu Bewusstsein bringen: Der Mensch kann und darf in seinen Grenzen leben, weil sie keine Grenzen für die Liebe Gottes sind, die alle Grenzen überwindet und zuverlässig und treu ist.

Worauf wollen die Kirchen in diesem Jahr bei der Woche für das Leben besonders hinweisen? 

Zunächst: Täglich und überall begegnen uns Menschen mit Grenzen! Nicht wenige bringen die oft immensen Anforderungen des Alltags – ob im Beruf oder in der Familie – an die Grenzen des physisch wie psychisch Leistbaren. Sie alle gehören zu unserer Gesellschaft dazu und wir akzeptieren es nicht, dass sie ausgeschlossen werden. Die Kirche verleugnet ihr Selbstverständnis, wenn sie zulässt, dass Menschen ausgeschlossen und ausgegrenzt werden. 

Im diesjährigen Themenheft, das Ihnen vorliegt, finden Sie in der ersten Hälfte Beispiele von Menschen in Grenzsituationen. Menschen mit körperlichen und psychischen Begrenzungen schildern uns Situationen aus ihrem Alltag. 

Da klagt die durch Contergan behinderte Lehrerin: „Bis heute erlebe ich Grenzen, auch im Umgang mit meinen eigenen Kindern. Es hängt damit zusammen, dass ich aufgewachsen bin mit dem Spruch meiner Eltern: ‚Kann ich nicht, gibt es nicht!’. Ich sollte alles probieren und genauso schaffen wie Nichtbehinderte. Aber warum soll ich mich immer mit dem Defizit in der Welt der Nichtbehinderten zurechtfinden? Warum können diese nicht mit all ihrem Vermögen und Können sich auf mich einstellen und mir das Leben erleichtern? Es ist eine Gesellschaft der Stärkeren und Mächtigen!“
Ein Familienvater berichtet von der unverblümten Direktheit der eigenen Kinder: „Papi, du bist taub!“, die ihm wohl tut.
Eine Ordensschwester bekennt sich zu ihrer früheren Alkoholabhängigkeit. Sie sagt: „Heute ängstigt mich nicht mehr wirklich viel, denn ich war schon in meiner Hölle, aus der kein Entkommen möglich schien.“

Menschen mit Grenzen. Wir hätten noch viele weitere Beispiele aufnehmen können. Unsere Absicht ist es, darauf hinzuweisen, dass diese Menschen immer und überall unter uns leben und wir selbst jederzeit in eine vergleichbare Situation kommen können, in der wir Hilfe benötigen.

Und genau hier kommen unsere Pfarr- und Kirchengemeinden, wie überhaupt unsere kirchlichen Organisationen ins Spiel. Wir melden uns in dieser Frage nicht nur als Mahner zu Wort, sondern wir unterhalten selbst ein weites Netzwerk, um ein Miteinander von krank und gesund, behindert und nicht-behindert zu ermöglichen und zu fördern. Sicherlich bieten wir in unseren Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen auch professionelle Strukturen, aber wir haben uns vorgenommen, das menschliche Miteinander darüber hinaus zu organisieren. Das Zusammenleben in den christlichen Gemeinden bietet vielfältige Möglichkeiten dazu. 

Darum soll es in diesem zweiten Jahr der Woche für das Leben vor allem gehen. Wir möchten Beispiele gelingenden Miteinanders aufzeigen und dazu anregen, selbst tätig zu werden. Gläubige Menschen haben eine Verpflichtung dazu. Es geht dabei keineswegs darum, dass jeder alles auf seine Schultern lädt. Im Themenheft beschreibt Dr. Manfred Lütz, wie er schon vor über zwanzig Jahren in Rom zufällig um die Betreuung einer Gruppe von behinderten und nicht-behinderten Jugendlichen gebeten wurde, was ihm zunächst überhaupt nicht passte. Daraus entstand ein dauerhaftes Engagement bis heute und zwar eines, das Spaß macht. „Pflicht ist Zufall“ nennt er seinen lesenswerten Beitrag. Und in der Tat: Es gibt viele, oft auch zufällige Formen, der christlichen Pflicht zur Nächstenliebe nachzukommen. „Gemeinsam mit Grenzen leben“ – dazu will die Woche für das Leben ermutigen und wir wünschen uns und Ihnen viele inspirierende Aktionen und Erkenntnisse zu dem diesjährigen Motto.