Die Alpen rücken zusammen – Kommission stellt neue Alpenraumstrategie vor

(Ulrike Truderung)

Makroregionale Strategien – also Entwicklungskonzepte, die gleich mehrere geographisch beieinanderliegende Länder umfassen – liegen im europäischen Trend. Nun erhält auch der Alpenraum ein eigenes, transnationales Entwicklungskonzept. Am 28. Juli 2015 legte die Europäische Kommission, die seit geraumer Zeit angekündigte EU-Strategie für den Alpenraum und einen dazugehörigen Aktionsplan vor (EKD-Europa-Informationen Nr. 146).

Der Alpenraum ist nach dem Ostseeraum, dem Donauraum und der Adriatisch-Ionischen Region bereits die vierte europäische Region, für die von den beteiligten Staaten und der Europäischen Kommission eine solche Strategie erarbeitet worden ist. Zukünftig wollen die deutschen Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern gemeinsam mit Österreich, der Schweiz, Slowenien, den französischen Départements Franche-Comté, Rhône-Alpes, Provence-Alpes-Côte d’Azur und den norditalienischen Regionen Piemonte, Valle d’Aosta, Liguria, Lombardia, Trento, Bolzano/Bozen, Veneto und Friuli Venezia Giulia zur Entwicklung des Alpenraumes als einer gemeinsamen, transnationalen Region beitragen.

Die Strategie soll drei Themenschwerpunkte beinhalten:

  1. Wirtschaftliches Wachstum und Innovation – hierzu zählen unter anderem die Teilbereiche „Stärkung des wirtschaftlichen Potentials von strategischen Sektoren“ und „Verbesserung von Arbeitsmarkt, Bildung und Ausbildung in strategischen Sektoren“;
  2. Verkehr und Anschlussfähigkeit – der Schwerpunkt beinhaltet unter anderem eine bessere elektronische Anbindung für die Bürgerinnen und Bürger und eine bessere Zugänglichkeit von öffentlichen Diensten;
  3. Umwelt und Energie – dazu gehört unter anderem der Schutz von und die Wertschöpfung aus dem alpinen Kultur- und Naturerbe.

Ein Querschnittsthema stellt der Bereich „Regierungsführung, inklusive institutioneller Kapazitäten“ dar, mit dem die administrative Kooperation im Alpenraum verbessert werden soll.

Die drei Schwerpunkte stehen in der Tradition der aktuellen Themen der regionalen Entwicklung in der EU – wirtschaftliches Wachstum, Verkehr und Energiesicherheit und Klimaschutz. Aus kirchlicher Sicht ist dabei jedoch besonders zu begrüßen, dass im Themenschwerpunkt „Umwelt und Energie“ nicht nur der Schutz des Kulturerbes im Alpenraum verankert ist, sondern explizit auf Kirchen als Teil des vorhandenen Kulturerbes verwiesen wird. Das von Menschen gemachte Kulturerbe im Alpenraum wie Kunst, Bauwerke und Kirchen, so die Verfasser, stelle eine wichtige Ressource zur Wertschöpfung für die regionale Entwicklung des Alpenraums dar. Somit könnten potentiell beispielsweise touristische Vorhaben mit kirchlicher Beteiligung für die Strategie relevant werden.

Ebenfalls relevant ist aus kirchlicher und diakonischer Sicht der Schwerpunkt „Innovation“, in dem in einer Reihe von Sektoren das wirtschaftliche Potential des Alpenraums gestärkt werden soll. Dazu zählen unter anderem auch der Gesundheits- und der Tourismussektor. Insbesondere im Gesundheitsbereich werden die Kooperation von Anbietern und die Nutzung von IT-Werkzeugen angeregt. Weiterhin werden in diesem Schwerpunkt Maßnahmen zur Integration der nationalen Arbeitsmärkte in den alpinen Ländern gefordert.

Auch im Schwerpunkt „Verkehr und Anschlussfähigkeit“ wird das Potential von computerbasierten Methoden zur Verbesserung der Zugänglichkeit von öffentlichen Diensten und der Gesundheitsvorsorge hervorgehoben.

Geld wird es dabei allerdings für die Umsetzung solcher Vorhaben nicht unmittelbar geben. Die Alpenraumstrategie wird, ebenso wie andere ähnliche Strategien, nach den Grundprinzipien „Keine neuen Gesetze – keine neuen Institutionen – kein neues Geld“ ausgerichtet (vgl. Artikel „Europa findet Stadt“ in dieser Ausgabe). Stattdessen werden bestehende Institutionen, Gesetze und vor allem bestehende Fördergelder für die Umsetzung der Alpenraumstrategie genutzt. Projekte, die einen direkten Bezug zu den Zielen der Strategie nachweisen können, haben daher einen Vorteil in der Beantragung von Fördermitteln.

Der Formulierung der Strategie war ein extensiver Konsultationsprozess in der zweiten Hälfte des Jahres 2014 vorangegangen. Knapp 400 Beiträge von öffentlichen Behörden, Vereinen, Forschungseinrichtungen, Privatpersonen, Unternehmen, internationalen Organisationen und anderen Einrichtungen waren bei der Europäischen Kommission eingegangen. Auch das Brüsseler EKD-Büro hatte sich an der Konsultation beteiligt (EKD-Europa-Informationen Nr. 147). Darüber hinaus fand am 1. - 2. Dezember 2014 eine Konferenz in Mailand statt, in der die vorgeschlagenen Themenfelder von Stakeholdern und Vertretern der EU und der beteiligten Länder diskutiert wurden.



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