Griechenlandrettung, die Dritte- (vorerst) kein Grexit

(Katrin Hatzinger)

Nach einem Verhandlungsmarathon von 17 Stunden einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder am 13. Juli 2015 dann doch: Im Zuge eines dritten Rettungsprogramms soll Griechenland bis zum Jahr 2018 86  Milliarden Euro erhalten, um den Staatsbankrott (wieder einmal) abzuwenden. Mit dem Geld müssen hauptsächlich alte Schulden und Zinzzahlungen für laufende Kredite abgeglichen werden. Voraussetzung dafür ist die Umsetzung der von den Gläubigern geforderten Reformen. Angesichts der vorausgegangenen erfolglosen und nervenzehrenden Einigungsversuche mit Griechenland und dessen undurchschaubarer Verhandlungstaktik, die in dem überraschenden Referendum am 5. Juli kulminierte, war mit diesem (vorläufigen) Ausgang nicht unbedingt zu rechnen gewesen. Zumal die Mehrheit der Griechen im Referendum entgegen anderer Vorhersagen mit einem klaren „Nein“ zu weiteren Reformen gestimmt hatten.

Der politische Preis für diese last-minute-Einigung: Das Syriza-Bündnis von Ministerpräsident Alexis Tsipras zerbrach, für den 20. September 2015 wurden Neuwahlen in Griechenland angesetzt. Aus den Wahlen ging der alte Ministerpräsident als Sieger hervor. Alexis Tsipras wird Ministerpräsident bleiben. Mit 35,5 % der Wählerstimmen bleibt seine Partei „Syriza“ die stärkste im griechischen Parlament. Auch in Deutschland führten die Griechenlandverhandlungen zu Verwerfungen innerhalb der Bundesregierung. Bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag am 18. August 2015 über das Rettungspaket stimmten 63 Abgeordnete von CDU/CSU dagegen.

Im Vorfeld der Einigung hatten Spekulationen über einen „Grexit“ immer wieder die Runde gemacht. Bundesinnenminister Schäuble selbst hatte während der Verhandlungen einen „Grexit auf Zeit“ (fünf Jahre) ins Spiel gebracht und dafür harsche Kritik einstecken müssen. Doch auch in Fachkreisen machten Spekulationen über einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone in diesem Jahr mehrfach die Runde. So sahen Finanzanalysten nach einem Bericht der FAZ vom 21. Feburar 2015 einen „Grexit“ durchaus als realistisch an. Das Risiko variierte jedoch je nach Bankenanalyse. Inwieweit ein solcher Schritt die Stabilität der übrigen Währungsunion beeinträchtigt, wurde unterschiedlich beurteilt. Einig sind sich die Fachleute, dass die Auswirkungen auf die Eurozone heute geringer wären als etwa 2012. Im schlimmsten Fall könnte dieser Fall aber auch das Ende des Euro bedeuten.

Niemand kann allerdings genau abschätzen, was bei einem Euro-Austritt passieren würde, da dieser Fall bislang noch nicht eingetreten ist. Sollte Griechenland tatsächlich eines Tages aus dem Euroraum austreten, hätte dies jedoch nicht nur wirtschaftliche Folgen. Der frühere griechische Premier Kostas Simitis erwartet nach einem Bericht der FR vom 19. Februar 2015 im Fall eines „Grexit“ „nie dagewesene Armut und Arbeitslosigkeit“. Fachleute erwarten einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um etwa 20 bis 30 Prozent. Griechenlands Austritt aus dem Euro könnte damit schnell auch dessen Austritt aus dem Schengen-Raum und der EU zur Folge haben, wenn das Land aufgrund der wirtschaftlichen Notlage kein verlässlicher Partner mehr sein kann. Dies hätte auch unabsehbare Folgen für die Flüchtlingssituation im Land. Die strategischen und politischen Folgen eines „Grexit“ wären also immens.

Befürworter eines „Grexit“ hingegen, sehen in dem Austritt aus dem Euro die einzige Chance für die griechische Wirtschaft, wieder wettbewerbsfähig zu werden. Außerdem wäre es ein klares Signal, dass europäische Regeln zu respektieren sind. Griechenland habe die bisherigen Hilfen nicht genutzt. Das Land sei mit seinem Reformprogramm nicht wirklich vorangekommen. Es könne aber kein dauerhafter Transfermechanismus in Europa eingerichtet werden.

Noch im August hatte die griechische Regierung mit den Stimmen der Opposition einer Reihe von Gesetzesvorgaben zugestimmt, um den Forderungen der Gläubiger entgegenzukommen. Es wurde zudem ein Memorandum of Understanding über ein neues Stabilitätshilfeprogramm unterzeichnet. Die Kommission zeigte sich in einer Pressemitteilung vom 20. August 2015 überzeugt, dass das Programm „zur Beseitigung von Unsicherheiten sowie zur Stabilisierung der Wirtschafts- und Finanzlage“ beitragen wird. Die Auszahlung der Mittel ist an Fortschritte bei der Umsetzung geknüpft und wird von der EU-Kommission in Abstimmung mit der Europäischen Zentralbank sowie „nach Möglichkeit“ mit dem Internationalen Währungsfonds überwacht. Bislang ist nämlich nicht klar, ob sich der IWF an dem Programm beteiligt. IWF-Chefin Lagarde hält weitere Kredite nur für möglich, wenn die EU-Geldgeber deutliche Schuldenerleichterungen für Griechenland beschließen. Es bleibt also fraglich, ob das letzte Wort in der Griechenlandfrage gesprochen ist. Die Kommission versicherte jedenfalls, dass sie „auf die sozialen Auswirkungen des Stabilitätshilfeprogramms achten werde.

Die Pressemitteilung finden Sie hier:
http://ekd.be/ESM-Programm



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