Kommission stellt Arbeitsprogramm für 2016 vor

(Sebastian Schwab, Praktikant)

„No time for business as usual“ – unter diesem Titel veröffentlichte die Europäische Kommission am 27. Oktober 2015 ihr Arbeitsprogramm für 2016. Die Liste der Herausforderungen, denen sich die Kommission und mit ihr die gesamte Europäische Union gegenüber sieht, ist wahrlich lang: Flüchtlings- und Eurokrise, Jugendarbeitslosigkeit, geringes Wirtschaftswachstum, Klimawandel, Instabilität der europäischen Nachbarschaft, aber auch der EU selbst, wie die Brexit-Diskussion zeigt (siehe Leitartikel).

Vor diesem Hintergrund möchte sich die Juncker- Kommission auf die großen „Baustellen“ konzentrieren. Die Kommission will bei den europäischen Gesetzgebern dem Ministerrat und dem Europäischen Parlament für eine effektivere Entscheidungsfindung werben. Dringende Entscheidungen sollen nicht mehr durch sie blockiert, sondern zügig getroffen werden. Die Herbeiführung des von der Kommission gewünschten demokratischen Wandels soll durch eine neue interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung erreicht werden, die bis zum Ende des Jahres die Transparenz der Entscheidungsfindung erhöhen und die Institutionen zur besseren Zusammenarbeit befähigen soll. Dazu gehört die Schaffung eines verbindlichen „Transparenzregisters“ aller drei Organe für Interessenvertreter und die verstärkte Kommunikation mit den nationalen Parlamenten und Bürgern.

Die Kommission wird die Mitgliedsstaaten bei der Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit durch eine schnellere Umsetzung der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen unterstützen. Um die europäische Arbeitspolitik für die globalisierte Welt fit zu machen, wird die Kommission eine Agenda für neue Kompetenzen ausarbeiten, die die Förderung lebenslangen Lernens angeht. Daneben soll mit der Initiative „Neuer Start für erwerbstätige Eltern“ die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt verbessert werden. Der Abbau von praktischen Barrieren für Unternehmen und Arbeitnehmer im grenzüberschreitenden Wirtschaften stellt ebenso einen Schwerpunkt dar. Die „europäische Säule sozialer Rechte“ im Rahmen der Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion soll Lücken in sozialpolitischen Rechtsvorschriften schließen und in den Sozialsystemen für einen gerechten Ausgleich der Interessen zwischen Arbeitgebern und -nehmern sorgen.

Im Zuge des Safe-Harbour-Urteils wird sich die EU um die Aushandlung eines neuen Rahmens für den Schutz persönlicher Daten ihrer Bürger in den USA bemühen. Auch die Umsetzung der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt spielt eine große Rolle. So verspricht die Kommission für 2016 Initiativen zum Urheberrecht, freiem Datenfluss ohne geographische Hürden, Cloud-Computing und Anpassungen bei der Mehrwertsteuer im Internet. Während das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP noch verhandelt wird, denkt die Kommission schon über die Aufnahme von Verhandlungen etwa mit Japan, China und südasiatischen Ländern nach.

Im Rahmen der grenzüberschreitenden Sicherheitsbedrohungen durch Terrorismus, Radikalisierung, Cyberkriminalität und Strukturen organisierten Verbrechens wird sich die Kommission im nächsten Jahr auf die Umsetzung der europäischen Sicherheitsagenda und die Kooperation zwischen den mitgliedsstaatlichen Sicherheitsbehörden konzentrieren. Den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention will die Kommission weiter vorantreiben.

Im Bereich der Asyl- und Migrationspolitik bestimmt die Flüchtlingskrise die Agenda des nächsten Jahres. Über die Soforthilfe hinaus möchte die Kommission langfristige Änderungen am europäischen Asylsystem vornehmen. Der Schutz der europäischen Außengrenzen soll basierend auf einer Stärkung von Frontex durch einen europäischen Grenz- und Küstenschutz grundlegend reformiert und die Schwächen des Dublin-Abkommens ausgeglichen werden. Die Kommission plant, Vorschläge für ein strukturiertes Neuansiedlungssystem und ein Konzept zur legalen Migration vorzulegen. Letzteres sieht u.a die Überarbeitung der „Blue-Card“- Richtlinie, die für hochqualifizierte Drittstaatler eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis einführt, vor. Die EU-Außenbeauftragte wird mit Unterstützung der Kommission eine globale Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik vorlegen.

Die Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung, die die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Herbst beschloss, soll nun beginnen, indem ein Konzept für die Sicherung des Wirtschaftswachstums in Einheit mit sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit entwickelt wird. In der Klimapolitik wird die Umsetzung des Energie- und Klimapaket 2030, das eine Senkung des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent verglichen mit 1990 vorsieht, im Vordergrund stehen. Nach Streichung der Richtlinie 2015 soll Anfang 2016 der Aktionsplan für nachhaltige Kreislaufwirtschaft zur Förderung von Recycling umgesetzt werden.

Das Arbeitsprogramm finden Sie unter:
http://ekd.be/EU-Arbeitsprogramm_2016



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