Handel

Kommission stellt Handels- und Investitionsstrategie vor

(Sebastian Schwab)

Die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat am 14. Oktober 2015 die neue Handels- und Investitionsstrategie der Kommission unter dem Titel „Trade for all“ vorgestellt (EKD Europa-Informationen Nr. 149). 

Die neue Handelsstrategie baut auf drei Säulen auf. Die Wirksamkeit der Handelspolitik soll gesteigert werden, so dass alle Akteure die Vorteile, die aus Abkommen mit Drittstaaten resultieren, nutzen können. Zweitens strebt die Kommission eine Transparenzsteigerung – eine Lektion aus den öffentlichen Diskussionen über die TTIP-Verhandlungen – an. Drittens soll die Handelspolitik verantwortungsbewusster werden und die europäischen Werte stärker berücksichtigen.

Die Wirksamkeit der europäischen Handelspolitik hängt, laut Europäischer Kommission, essentiell davon ab, wie gut sie auf die Realität globaler Wertschöpfungsketten, also das Wirtschaften über Grenzen hinweg, reagiert. Besonders wichtig bei der Bewältigung dieser Herausforderung sei der Abbau von Markteintrittsschranken, die insbesondere kleine und mittelständige Unternehmen besonders hart träfen. Die Kommission strebt deshalb eine internationale Kooperation bei der Regulierung an. Dies soll durch Verhandlungen in Gremien geschehen. Die dadurch entstehenden gemeinsamen Standards würden das globale Niveau heben, Handel vereinfachen und ihre Durchsetzung effektivieren. Als zukünftige Arbeitsfelder hat die Kommission hier zudem die gemeinsamen Vorschriften in den Bereichen Urheberrecht und Datenschutz identifiziert. Die Kommission wiederholt ihr Versprechen aus den TTIP-Verhandlungen, dass die angestrebte Wirksamkeitssteigerung der Handelspolitik unter keinen Umständen das Recht berührt, bestimmte Branchen in öffentlicher Hand zu betreiben. Eine Privatisierung der Wasser-, Bildungs-, Gesundheits- oder Sozialdienste sei demnach nicht zu befürchten.

In ihrer „Transparenzoffensive“, der zweiten Säule, wirkt die Kommission eher als Getriebene denn als Gestalterin. Wie bei TTIP sollen nun immer die Verhandlungsdokumente im Internet zeitnah veröffentlicht werden, insgesamt werde man besser informieren und stärker den Dialog mit Zivilgesellschaft, Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament suchen. Undurchsichtig bleibt jedoch weiterhin die Einflussnahme von Wirtschaftslobbyisten hinter den Kulissen auf die Verhandlungen.

In der neuen Agenda sind die Werte der Europäischen Union, zu denen Menschenrechte und die Einhaltung von Umweltstandards gehören, enger mit der Handelspolitik verbunden. An konkreten Maßnahmen mangelt es an dieser Stelle jedoch weitgehend. So verpflichtet sich die Kommission, negative Auswirkungen ihrer Handelspolitik auf Entwicklungsländer, denen es oft an Wettbewerbsfähigkeit fehlt, zu minimieren. Wie das erfolgen soll,, gibt sie nicht preis. Auch bleibt ihr Vorgehen bei der Wiederbelebung der Welthandelsorganisation (WTO) nicht frei von Widersprüchen. So argumentierte auch die Abgeordnete und handelspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, Ska Keller: „[Die Strategie] bemüht das Leitbild der ‚globalen Wertschöpfungskette‘, doch tatsächlich verhandelt die EU-Kommission mit vielen einzelnen Staaten über Handelsabkommen und trägt so zur Zerstücklung des Welthandels bei.“

Tatsächlich ist es nicht fernliegend, dass eine steigende Anzahl an eigenen bilateralen Abkommen das Eigeninteresse und das diplomatische Gewicht der EU bei der Wiederbelebung der WTO schwinden lässt. Wenn alle laufenden Verhandlungen abgeschlossen werden, würden zwei Drittel des gesamten EU-Außenhandels der EU unter Freihandelsabkommen fallen.

Diese Entwicklung steht im Wiederspruch zu der Wiederbelebung der WTO, den die EU-Kommission plant: Sie möchte sich dafür einsetzen, dass die WTO eine zentrale Rolle bei der Festlegung von Regeln für den Welthandel einnimmt. Darüber hinaus will man sich in Verhandlungen innerhalb der WTO auf einzelne Gebiete beschränken, also viele kleine Einigungen statt einer großen Vereinbarung treffen und drittens sieht es die Kommission als zweckdienlich an, wenn einzelne WTO-Mitglieder untereinander Verhandlungen führen und diese aber für alle anderen offenhalten, um so die WTO als Ganzes voranzubringen. Die Kommission wird schon bald beweisen müssen, wie ernst man die eigene Wertorientierung nimmt. verhandelt man doch derzeit mit China und Myanmar und möchte demnächst das Freihandelsabkommen mit Vietnam unterzeichnen. Diese Abkommen böten eine gute Gelegenheit, darzulegen, dass werteorientierte Handelspolitik einen positiven Einfluss auf die Situation der Menschen in den Partnerländern haben kann – Handel also wirklich „für alle“ gut ist.

Die Handelsstrategie „Trade for all“ finden Sie unter: http://ekd.be/EU-Kom-Handel_fuer_alle



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