Erasmus+: Weiterentwicklung notwendig!

(Doris Klingenhagen)

Das 2014 von der EU implementierte Programm für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport „Erasmus+“ hat durch die Zusammenlegung von vorher sieben Einzelprogrammen große Veränderungen durchlaufen. In Vorbereitung der 2016 anstehenden Zwischenevaluation der EUKommission haben das EKD-Büro Brüssel und die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V. (aej) zusammen mit 15 weiteren evangelischen und katholischen Trägern sowie Jugendverbänden im Herbst 2015 Problemanzeigen und Verbesserungsvorschläge in einer Stellungnahme zusammen getragen. Aus Anträgen und Projekten in den Programmteilen JUGEND IN AKTION und GRUNDTVIG - dem non-formalen Bildungssektor - wurden zahlreiche Erfahrungen aus den ersten Antragsrunden gesammelt. Wichtig ist den Trägern ein ganzheitlicher europäischer Bildungsansatz, der nicht einseitig an arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen ausgerichtet ist und kleine und große Träger und Einrichtungen gleichermaßen berücksichtigt.

Das Gesamtbudget von Erasmus+ (2014 – 2020) wurde mit 14,7 Milliarden Euro ausgestattet. Dies stellt eine Steigerung von 40 Prozent im Vergleich zur vorherigen Förderperiode dar. Die EU-Kommission und das Europäischen Parlament stellen dies als großen Erfolg dar. Bisher kommt diese Erhöhung jedoch nicht bei den einzelnen Projekten an. Deshalb lautet eine Forderung: JUGEND IN AKTION und GRUNDTVIG brauchen eine signifikante Erhöhung der Förderung, die bei den Projekten ankommt. Das erhöhte Budget hat bei Antragstellern zusätzlich die Erwartung auf eine höhere Förderquote sowie bessere Ausstattung der Projekte geweckt. Die derzeitige Erfahrung ist jedoch, dass auch die Ablehnungsquoten gestiegen sind. Die Gefahr ist deshalb groß, dass insbesondere Träger ohne Erfahrungen mit europäischen Projekten und Programmen von einer Antragstellung absehen und Antragsteller, die eine Ablehnung erfahren haben, möglicherweise ganz auf europäische Projektarbeit verzichten werden. Eine signifikante Erhöhung der Mittel wäre deshalb bereits 2016 und nicht erst ab 2017 notwendig. In der medialen und öffentlichen Wahrnehmung ist Erasmus+ ein Studierendenprogramm. Deswegen ist es notwendig, die Markennamen und Logos aus den alten Programmen wie JUGEND IN AKTION und GRUNDTVIG wieder aktiv zu nutzen, um die Sichtbarkeit der non-formalen Bildung im Gesamtprogramm zu verbessern. Weitere Problemanzeigen beziehen sich auf gute Projektformate der Vorgängerprogramme. Zum Beispiel sind die in JUGEND IN AKTION (2007 – 2013) entwickelten jugendspezifischen Formate „Nationale Jugendinitiative“ und „Partizipative Demokratieprojekte“ nicht übernommen worden. Damit fehlt ein leicht zugängliches, offenes Format für nicht organisierte Gruppen und ein spezielles Format zur Demokratieförderung. Im Programmteil GRUNDTVIG sollten sowohl die übergreifende COMENIUS-GRUNDTVIG-Datenbank als auch die GRUNDTVIG-Workshops wieder eingeführt werden. Ebenso wird bemängelt, dass die Versprechen der Programmvereinfachung und Verringerung des administrativen Aufwandes bisher nicht eingelöst wurden. Der Programmleitfaden der EU-Kommission mit mehr als 300 Seiten ist nicht nutzerfreundlich und stellt insbesondere für Erstantragsteller eine große Hürde dar. Die Informationen sind zudem schlecht aufbereitet und unübersichtlich dargestellt. Große Probleme sind auch die nicht rechtzeitige Bereitstellung der aktuellen Antragsformulare sowie die fehlenden Übersetzungen in die jeweiligen Landessprachen.

Die Regelung, dass nur Mitarbeitende der antragsstellenden Einrichtung an internationalen Projekten teilnehmen können, wird ebenso kritisiert. Viele Projekte wurden in der Vergangenheit für alle Fachkräfte der Bildungsarbeit geöffnet. Dachverbände konnten zudem internationale Projekte auflegen, an denen Mitarbeitende von kleinen Einrichtungen und Trägern der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung teilnehmen konnten. Dies sollte wieder ermöglicht werden und Klarheit über den „Mehrwert“ von nicht EU-Ländern geschaffen werden. Die ausschließliche Bewertung von Anträgen durch externe Gutachter sollte ebenfalls abgeschafft werden. Es ist stattdessen in JUGEND IN AKTION sowie GRUNDTVIG erforderlich, dass eine einheitliche und koordinierte Bewertung durch eine Stelle – unterstützt durch externe Gutachter – erfolgt. Desweitern ist es notwendig, den Europäischen Freiwilligendienst (EFD) zu stärken und dem besonderen Format des Strukturierten Dialogs mit der Jugend mehr Spielräume zu ermöglichen. Die Qualität der Vorbereitung und die Begleitung junger Menschen im EFD müssen gesichert bleiben. Ein komplexes Vorhaben wie die Verankerung des Strukturierten Dialoges benötigt zusätzliche Kostenpositionen für Honorarmittel und Öffentlichkeitsarbeit. Die Problemanzeigen und daraus entwickelten Veränderungsbedarfe wurden u.a. von evangelischen Vertreterinnen bei Konferenzen und Hearings unterschiedlicher Fraktionen des Europäischen Parlaments am 21. Oktober und am 9. Dezember 2015 eingebracht.

Zur Stellungnahme: http://ekd.be/aej-erasmus-stellungnahme



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