Schwierige Verhandlungen: Der EU-Haushalt

(Christoph Schnabel )

Die Verhandlungen zum europäischen Haushalt sind kompliziert und überlagert von vielschichtigen Konflikten: Nettozahler (z. B. die Niederlande) stehen den Nettoempfängern (z. B. Polen) gegenüber. Dazu kommt, dass die großen Nettozahler (z. B. Deutschland) andere Ziele als die kleineren Nettozahler (z. B. Luxemburg), die älteren Mitgliedstaaten (EU 15) ein anderes Interesse haben als die neuen (EU 10), landwirtschaftlich geprägte Länder favorisieren andere Haushaltsausgaben als postindustrielle Länder und Großbritannien ist gegen alle anderen Staaten.

Wegen der schwierigen Verhandlungen und für eine bessere Planungssicherheit wird der Haushalt für sieben Jahre festgelegt. Nach einem ersten Anlauf im November 2012 ist den Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten am 8. Februar 2013 ein Kompromiss geglückt.

Der Haushalt für die Europäische Union für die Jahre 2014 bis 2020 sieht eine Obergrenze von 960 Mrd. Euro vor. Einschließlich aller Nebenhaushalte beläuft sich der Finanzrahmen auf 995 Mrd. Euro. Mit der Obergrenze von 960 Mrd. Euro ist der Finanzrahmen der EU im Vergleich zu dem Haushalt 2007 bis 2013 real um drei Prozent gesunken. Wichtige Bereiche wie zum Beispiel Bildung und Forschung, wozu die Förderprogramme "Horizon 2020" und "Erasmus für Alle" zählen, wurden finanziell erweitert um ca. 20 Prozent gegenüber dem Niveau von 2013. Für diese Änderungen mussten Umschichtungen vorgenommen werden, welche sich hauptsächlich aus dem Agrarbereich und der Strukturförderung ergeben.

Ein wichtiges Signal stellt ebenso die Bereitstellung von 6 Mrd. Euro zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa dar. Die Kommentare auf das Verhandlungsergebnis fielen sehr unterschiedlich aus. Herman Van Rompuy, welcher in seiner Funktion als Präsident des Europäischen Rates maßgeblich zur Erarbeitung des Kompromisses beigetragen hatte, beschrieb das Ergebnis als einen "Haushalt der Mäßigung": "Überall in Europa werden die Gürtel enger geschnallt, und die Union kann hier keine Ausnahme machen." Bundeskanzlerin Merkel hob die "Planbarkeit und Planungssicherheit" hervor, welche nun erreicht würde. Ebenso verdeutlichte sie in der Regierungserklärung vom 21. Februar 2013, dass aus den Fehlern der letzten Förderperiode die richtigen Konsequenzen gezogen wurden und nun eine "bessere Ausgabenqualität" erreicht werden solle. Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments, stand dem Ergebnis kritisch gegenüber und kündigte unmittelbar nach dem Gipfeltreffen die Veto-Position des Parlaments an. Am 13. März 2013 lehnten die Abgeordneten den Haushaltentwurf mit 506 von 690 Stimmen ab. "Es geht nicht vorrangig um das Geld, wir wollen vor allem über die Struktur der Ausgaben reden", sagte Schulz.

Das Parlament entscheidet seit dem Vertrag von Lissabon über den Haushalt mit und hat daher Forderungen für weitere Verhandlungen gestellt. Unter anderem soll der Haushalt "flexibler" werden und das Parlament die Möglichkeit erhalten, die Mittel zwischen den verschiedenen Haushaltspositionen und Haushaltsjahren verschieben zu können. Eine Einigung in diesem Jahr ist besonders für die europäischen Krisenregionen bedeutsam, um Investitionen und Strukturanpassungen finanzieren zu können. Sollte es zu keiner Einigung kommen, würde der Wert von 2013 als Haushaltsobergrenze gelten mit einer Inflationsanpassung von zwei Prozent. Ebenso wären jährliche Verhandlungen für den Haushalt die Konsequenz; angesichts der geschilderten Divergenzen unter den Mitgliedstaaten wäre damit eine Dauerblockade vorprogrammiert.

Bundesaußenminister Westerwelle erklärte in Berlin, er bedauere die Entscheidung des Parlaments. Der Vorschlag des EU-Gipfels vom Februar sein "ein guter Kompromiss" gewesen. Trotz der schwierigen Situation zeigte sich Schulz optimistisch: "Ich hoffe, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten einen Kompromiss finden werden".



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