EU-Kommission legt den Fortschrittsbericht 2012 für die Türkei vor

(Christopher Hörster)

Die Europäische Kommission hat am 10. Oktober 2012 ihren Fortschrittsbericht zur Türkei vorgelegt. Jedes Jahr werden in dem umfangreichen Bericht die Fortschritte in allen Bereichen, die für einen EU-Beitritt wesentlich sind, analysiert und zusammengefasst. Hinsichtlich der Religions- und Gewissensfreiheit attestiert die Kommission der Türkei allerdings weiterhin erhebliche Defizite.

Grundsätzlich werde die Freiheit, seinen Glauben zu praktizieren, respektiert. Auch seien teilweise Fortschritte bei der Möglichkeit zur Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen zu verzeichnen. Eine Alternative zum Militärdienst war durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) "Erçep v. Turkey" notwendig geworden, in dem der Gerichtshof klarstellte, dass ein Zwang zum Militärdienst ohne Ausweichmöglichkeiten gegen die Religions- und Gewissensfreiheit (Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention) verstoße.

In anderen Bereichen der Religionsfreiheit enthält der Bericht aber in wesentlichen Punkten auch klare Kritik. So sei, entgegen des Urteils des EGMR, immer noch die Religionszugehörigkeit auf den Personalausweisen vermerkt. Dies habe insbesondere für Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion konvertiert sind, zu Diskriminierungen von Seiten der Behörden geführt. Auch berichteten nicht-muslimische Glaubensgemeinschaften immer wieder über administrative Unklarheiten und zahlreiche Hürden bei der Einrichtung und Betreibung von Gebetsstätten. Problematisch sei diesbezüglich vor allem die uneinheitliche Praxis in den verschiedenen Regionen, die eine gesicherte Religionsausübung erschwere.

Als weiteren grundlegenden Kritikpunkt wiederholte die Kommission auch dieses Jahr, dass nicht-muslimische Glaubensgemeinschaften noch immer nicht die Möglichkeit besäßen, Rechtspersönlichkeit zu erwerben. Der Bericht fordert daher einen klaren, rechtlichen Rahmen, um die Religionsausübung nicht-muslimischer Glaubensgemeinschaften zu gewährleisten.

Die Kommissionsberichte der letzten Jahre bieten bei dem Thema Religions- und Gewissensfreiheit leider nicht viel Anlass zu Optimismus. Es bleibt noch viel zu tun.

Sie finden den Fortschrittsbericht unter:



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