Vorstellung der EKD-Studie "Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist - Biopatente und Ernährungssicherung aus christlicher Perspektive"

(Martin Kasperek)

Am 15. November 2012 hat das EKD-Büro Brüssel zur Diskussion über die Studie der Kammer für nachhaltige Entwicklung zum Thema "Biopatente" eingeladen. Das Europäische Parlament hatte am 10. Mai 2012 eine Resolution verabschiedet, die sich kritisch mit Patenten auf Pflanzenarten und Tierrassen auseinandersetzt und u.a. die EU-Kommission auffordert, ihrer Berichtspflicht zur Umsetzung der Biopatentrichtlinie (98/44/EG) nachzukommen. Laut der EKD-Studie sind durch eine weite Auslegung der Biopatentrichtlinie aus dem Jahr 1998 zunehmend auch Patente auf konventionell gezüchtete, also nicht gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere, erteilt worden.

Auf die Begrüßung der Gäste und Teilnehmer durch OKR'in Katrin Hatzinger, Leiterin des EKD-Büros Brüssel, folgte die Vorstellung und Zusammenfassung der Studie durch Dr. Gudrun Kordecki vom Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen, die auch stellvertretende Vorsitzende der Kammer für nachhaltige Entwicklung und Koautorin der Studie ist. Die Studie spricht sich grundsätzlich gegen Biopatente aus und geht hierbei auf verschiedene Arten von Argumenten ein:

Als kategorische Argumente seien zu nennen, dass 1. Lebewesen nur entdeckt, nicht aber erfunden werden könnten, 2. Lebewesen ein besonderer Schutz gebühre und 3. Biopatente gegen das Menschenrecht auf Nahrung verstießen, da sie den Zugang von Bauern zu Saatgut gefährdeten.

Da diese Argumente allein nicht ausreichen würden, werden anschließend konsequentialistische Argumente genannt, bei denen die Folgen von Biopatenten in den Mittelpunkt gestellt werden: 1. bestehe das Risiko, dass Biopatente zu einer Monopolisierung auf dem Saatgutmarkt und damit zu einem Hindernis für den Fortschritt führten. 2. gefährdeten sie über viele Generationen gepflegtes traditionelles Wissen, dass durch Patentierung in privates Eigentum überführt würde.

Theoretisch-ethisch argumentiert, führte Frau Dr. Kordecki schließlich aus, dass die Natur zwar nicht unantastbar sei, der Mensch aber ihren Eigenwert ignoriere. Die Güter der Erde müssten gerecht an alle verteilt werden. Auf Biopatente solle man verzichten und stattdessen den Sortenschutz stärken und ein entsprechendes Regelwerk für Tierrassen schaffen. Vom Europäischen Patentamt forderte sie eine bessere Technik-Folgen-Abschätzung und eine externe unabhängige Kontrolle.

Der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling, einer der Initiatoren der fraktionsübergreifenden Resolution des Parlaments, schloss sich der Kritik am Europäischen Patentamt an: Es seien hauptsächlich große multinationale Konzerne wie Monsanto oder Syngenta, die Biopatente einreichten, um sich mit diesen Märkte zu sichern. Ziel des Patentamts sei es, möglichst viele Patente zu verteilen, da es von den Gebühren (mit-)finanziert werde. Der Einrichtung fehle es Häusling zufolge an demokratischer Kontrolle und Unabhängigkeit.

Oswald Schröder, Sprecher des Europäischen Patentamts in München, erklärte die rechtlichen und institutionellen Grundlagen des europäischen Patentwesens. Er betonte, dass der Biotechnologiesektor zu einem wichtigen Wirtschaftszweig in Europa geworden sei, in dem 22 Mio. Menschen arbeiteten. Diesen dürfe man nicht zerstören. Schröder wehrte sich gegen die Kritik seiner Vorredner: Patente seien lediglich Monopole auf Zeit, sog. "Evergreening" werde verhindert. Patentschutz gelte nur für Tiere, die in erster Generation aus patentierten Verfahren stammen, nicht aber für deren Nachkommen. Das Patentamt arbeite nicht im rechtsfreien Raum, es arbeite nach geltenden Gesetzen. So seien beispielsweise Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die Moral verstoßen, nicht patentierbar. Außerdem sei es jedem möglich, Einspruch gegen ein Patent zu erheben.

In der anschließenden Podiumsdiskussion (moderiert von Dr. Monika Müller, Studienleiterin für Ökologie und Umweltpolitik an der Evangelischen Akademie Loccum) wurde die Frage der Unabhängigkeit des Patentsamts wieder aufgenommen, die sich auch deswegen stelle, da die Behörde sich zu einem großen Teil über die Patentgebühren finanziere. Dr. Gudrun Kordecki und Michael Häusling forderten das Europäische Patentamt auf, transparenter zu arbeiten. Es müsse mehr Vor- und Nachkontrolle geschehen und eine Ethikkommission eingesetzt werden, die Folgenabschätzungen vornimmt. Häusling sprach sich dafür aus, Pflanzen und Tiere nicht wie technische Erfindungen patentierbar zu machen, sondern hierfür ein eigenes Recht zu schaffen. Weiterhin angesprochen wurde die Verantwortung der Politik, tragfähige Regeln für die Problematik der Biopatente zu beschließen.

Die EKD-Studie finden Sie unter:



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