Umstrittener Genmais

(Dr. Anna Donata Quaas)

Mitte September 2012 ist eine aufsehenerregende Studie des französischen Molekularbiologen Gilles-Eric Séralini (Universität von Caen/Frankreich) veröffentlicht worden, die in der Europäischen Union eine Debatte über gefährliche Langzeitfolgen von genveränderten Pflanzen ausgelöst hat: Den Ergebnissen der Studie zufolge sterben Ratten, die während eines zweijährigen Untersuchungszeitraums mit dem Genmais NK 603 gefüttert wurden, früher als solche, die herkömmliche Nahrung erhielten, und erkranken häufiger an Krebs.

Die wissenschaftliche Genauigkeit der Studie Séralinis wurde allerdings mittlerweile von verschiedenen Seiten angezweifelt, namentlich von dem unabhängigen Hohen Rat für Biotechnologie (HCB) sowie dem staatlichen Institut für Gesundheitssicherheit (ANSES) in Frankreich, von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), vom Bundesinstitut für Risikobewertung sowie von sechs französischen Akademien für Landwirtschaft, Medizin, Pharmazie, Wissenschaft, Technologie und Veterinärwesen.

Unter anderem werden Séralini und seinem Team wissenschaftliche Mängel und Datenlücken vorgeworfen. Zur Untermauerung der Ergebnisse seiner Studie wurde er gebeten, weitere Daten zur Verfügung zu stellen. Das verweigerte Séralini bisher. Stattdessen forderte er weitere Informationen zu den Untersuchungen in den Jahren 2003 und 2009 an, die zur Zulassung des Genmaises geführt hatten. Diese Daten hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) am 22. Oktober zur Verfügung gestellt und eine zweite und abschließende Bewertung der Studie Séralinis zeitnah angekündigt.

Trotz der Kritik an Séralinis Studie will die französische Regierung aber Zulassungsverfahren für genveränderte Pflanzen und Lebensmittel in der EU überprüfen lassen und die Erstellung weiterer Langzeitstudien in diesem Bereich anregen. Der französische Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll erklärte, dass die "europäischen Instrumente zur Evaluierung, Zulassung und Kontrolle von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) und Pestiziden" neu ausgerichtet werden sollten.
Gegenwärtig ist der Mais NK 603 in der Europäischen Union wenig verbreitet. Der Genmais ist als Importprodukt für die Verarbeitung in Nahrung und Tierfutter zugelassen, nicht jedoch zum Anbau.

Die von Séralini und anderen Wissenschaftlern verantwortete Studie ist hier nachzulesen:



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