Europäische Außenminister für Reform der EU - Der Abschlussbericht der "Zukunftsgruppe"

(Johannes Noltenius)

Nach ihrem fünften Treffen hat die aus elf europäischen Außenministern bestehende "Gruppe zur Zukunft Europas" am 17. September 2012 einen Abschlussbericht vorgelegt. Neben dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle waren in dem Gremium die Außenminister Belgiens, Dänemarks, Frankreichs, Italiens, Luxemburgs, der Niederlande, Österreichs, Polens, Portugals und Spaniens vertreten.

In dem Bericht werden konkrete Vorschläge zu den aktuellen europäischen Herausforderungen unterbreitet. Einige dieser Vorschläge könnten ohne Vertragsänderungen durchgeführt werden, für andere sei eine Änderung der EU-Verträge notwendig. Es wird betont, dass nicht über alle Vorschläge in der Gruppe Konsens herrsche.

Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion

In einem ersten Teil wird dargelegt, dass die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion absolute Priorität genieße. Hierbei müssten solide öffentliche Finanzen, Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung gleichermaßen gefördert werden. Die grundlegende Reform der Wirtschafts- und Währungsunion müsse auf einem integrierten Haushaltsrahmen, einem integrierten Finanzrahmen, einem integrierten wirtschaftspolitischen Rahmen und Maßnahmen zur Gewährleistung der notwendigen demokratischen Legitimation und Rechenschaftspflicht beruhen.

Die Haushalte der Mitgliedstaaten müssten europäischen Regeln entsprechen. Um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten vereinbarte Verpflichtungen bezüglich Defizit und Schuldenabbau befolgten, bedürfe es konkreter Kompetenzen der europäischen Institutionen zur Überwachung der Haushalte. Auch müssten weitere europäische Solidaritätsmechanismen entwickelt werden. Es bedürfe eines Aufsichtsmechanismus für die Banken des Euroraumes unter Einbeziehung der EZB. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) solle zu einem "Europäischen Währungsfonds" weiterentwickelt werden. Dieser müsse mit Befugnissen ausgestattet sein, um Probleme in der Wirtschafts- und Währungsunion lösen zu können.

Alle zusätzlichen Maßnahmen, die die Kompetenzen der EU betreffen, müssten unter Einbeziehung des Europäischen Parlaments verabschiedet werden, um deren demokratische Legitimation zu gewährleisten. Bei Entscheidungen, die nur für den Euroraum gelten, müssten die Parlamentarier aus diesen Staaten eine besondere Rolle übernehmen. Wenn bei zusätzlichen Maßnahmen auf europäischer Ebene die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten (insbesondere die Haushaltskompetenz) betroffen seien, sollten die nationalen Parlamente zustimmen müssen.

Verbesserung der Funktionsweise der EU

Im zweiten Teil des Berichtes wird dargelegt, wie die Funktionsweise der EU nach Überwindung der Eurokrise verbessert werden könne. Hierzu müsse die Kohärenz und politische Schlagkraft des auswärtigen Handelns der EU erhöht werden. Die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik (momentan Catherine Ashton) solle für Schlüsselbereiche des Außenhandelns zuständig sein und ihre institutionelle Kapazität zur Koordinierung der EU-Akteure müsse gestärkt werden. Wo dies möglich sei, solle eine gemeinsame Vertretung der EU in internationalen Organisationen angestrebt werden. Weiterhin sei eine europäische Verteidigungspolitik wünschenswert. Diese könne nach Meinung einiger Außenminister letztlich auch eine europäische Armee umfassen. Es wird vorgeschlagen, den Außengrenzschutz des Schengenraums durch Schaffung eines "Europäischen Grenzschutzes" zu stärken und mittelfristig ein europäisches Visum einzuführen. Auch institutionelle Reformen seien notwendig. Die Europäische Kommission solle gestärkt werden, damit sie ihre Rolle als Motor der Union wirksam ausfüllen könne. Das Europäische Parlament solle durch die Ernennung von Spitzenkandidaten jeder Fraktion bei den nächsten Europawahlen sein demokratisches Profil schärfen.

Änderungen der europäischen Verträge seien auf Grund der Größe der EU mit 27 Mitgliedstaaten immer schwieriger. Daher sollten diese nicht einstimmig, sondern mit einer "super-qualifizierten Mehrheit" der EU-Mitgliedstaaten und ihrer Bevölkerungen beschlossen werden können. Solche Vertragsänderungen sollten für diejenigen Mitgliedstaaten bindend sein, die sie ratifizieren. Einige Außenminister könnten sich auch vorstellen, dass der Kommissionspräsident in Zukunft direkt gewählt würde und die Mitglieder einer "europäischen Regierung" selbst bestimmte. Auch sei es denkbar, dem Europäischen Parlament die Befugnis zu geben, Gesetzgebungsverfahren zu initiieren, und eine zweite Parlamentskammer für die Mitgliedstaaten zu schaffen.

Den kompletten Abschlussbericht finden Sie unter:



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