Kommission startet Konsultation zur Besteuerung öffentlicher Einrichtungen und Dienstleistungen im Gemeinwohlinteresse

(Susanne Herkommer)

Die Europäische Kommission plant seit mehreren Jahren eine Reform des EU-Mehrwertsteuersystems in Bezug auf öffent­liche Einrichtungen und Dienstleistungen im Gemeinwohlinteresse. Am 14. Oktober 2013 hat sie nunmehr eine diesbezügliche öffentliche Konsultation gestartet. Darin ruft sie alle Interessengruppen auf, bis zum 14. Februar 2014 zum gegenwärtigen Mehrwertsteuersystem und zu insgesamt fünf der in dem Konsultationspapier vorgestellten Reformoptionen Stellung zu nehmen.

Nach der geltenden Mehrwertsteuersystem­richtlinie sind Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht mehrwertsteuerpflichtig. Bestimmte dem Gemeinwohl dienende Dienstleistungen, wie etwa Krankenhausbehandlungen und Dienstleistungen der Sozialfürsorge, sind von der Mehrwertsteuer befreit.

Die Kommission hält das jetzige System für unzeitgemäß. Es führe zu Wettbewerbsver­zerrungen zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor und sei zu komplex. In dem Konsultationspapier stellt sie fünf Optionen hinsichtlich der Besteuerung öffentlicher Einrichtungen und Dienstleistungen im Ge­meinwohlinteresse zur Diskussion. Die Vor­schläge rangieren von der Vollbesteuerung bis hin zu lediglich punktuellen Anpassun­gen des jetzigen Systems.

Für die Mitgliedsstaaten ist die Besteuerung öffentlicher Einrichtungen und gemeinwohl­orientierter Dienstleistungen ein sensibler Bereich. 2010 musste die Kommission einen Vorschlag zur Besteuerung des Postsektors zurückziehen, nachdem dieser im Rat auch nach langen Verhandlungen keine Mehrheit gefunden hatte. In diesem Wissen kündigt die Kommission ein „schrittweises Vorgehen“ und eine Konzentration auf Tä­tigkeiten an, „in denen der private Sektor stark vertreten ist und ein erhöhtes Risiko von Wettbewerbsverzerrungen besteht“.

Kritik an einer möglichen vollen Besteue­rung des öffentlichen Sektors und der Dienstleistungen im Gemeinwohlinteresse übt insbesondere auch die Deutsche Sozial­versicherung, die von einem notwendigen Anstieg des Gesamtsozialversicherungsbei­trags in Höhe von 3 Prozent ausgeht, sollten Steu­erbefreiungen und Steuerermäßigungen auf die Leistungen der Sozialversicherung weg­fallen. Eine Belastung der Sozialversiche­rungssysteme könnte langfristig auch zu einer Absenkung des Leistungsniveaus füh­ren.

Auch die Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts und ihre sozialen Einrichtungen wären von einer Reform betroffen. Durch sie erbrachte gemeinwohlorientierte Dienstleistungen könnten zukünftig der Mehrwertsteuer unterfallen, wie etwa Leistungen der Diakonie in der Krankenpflege.

Vor den Wahlen zum Europäischen Parla­ment ist nicht mehr mit einer Gesetzesiniti­ative seitens der Kommission zu rechnen. Nach Auswertung der Ergebnisse der Kon­sultation wird ein Vorschlag voraussichtlich frühestens Ende 2014 vorgelegt werden.

Das Konsultationspapier finden Sie unter:



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