Luther-Medaille an einen großen Europäer verliehen

(Katrin Hatzinger)

Am 31. Oktober 2013 hat der Vorsitzende des Rates der EKD, Nikolaus Schneider, in Heidelberg Prof. Jerzy Buzek, dem ehemaligen polnischen Ministerpräsidenten und Präsidenten des Europäischen Parlaments, die Martin-Luther-Medaille des Rates der EKD verliehen und damit erstmals einen nicht-deutschen Preisträger ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand im Rahmen eines Festgottesdienstes in der Heiliggeistkirche statt. Die Laudatio hielt die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Dr. Ursula von der Leyen.

Die Verleihung der Martin-Luther-Medaille bildete den feierlichen Abschluss des EKD-Themenjahres „Reformation und Toleranz“. Die Medaille wird seit 2008 als Würdigung für herausragendes Engagement für den Protestantismus verliehen.

Der Ratsvorsitzende betonte in seiner Ansprache, dass sich Buzek als bekennender Protestant und Mitglied der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen in seinem bewegten politischen Leben stets von seiner christlichen Überzeugung habe leiten lassen, sei es bei seinem Einsatz für Freiheit und Demokratie im kommunistischen Polen oder für Solidarität und Zusammenhalt im geeinten Europa. Nikolaus Schneider hob auch Buzeks Rolle als einer der führenden Köpfe in der ersten freien Gewerkschaft in Osteuropa, Solidarność, und deren Beitrag zum Fall des Eisernen Vorhangs hervor. Auch erinnerte er an die Förderung des Dialogs zwischen den Kirchen und den EU-Institutionen in Buzeks Amtszeit als Präsident des Europäischen Parlaments sowie an seinen Einsatz zur Bewahrung des Gedenken  Andenkens an die Verbrechen des Holocausts.

Auch für die Laudatorin des Abends ist Europa ein „Lebensthema“. In Brüssel geboren, hat sich Ministerin von der Leyen immer wieder zum vereinten Europa bekannt und ist mit europäischen Initiativen in Erscheinung getreten, z.B. hinsichtlich einer europäischen Familienallianz oder eines europäischen Ausbildungspaktes zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

Ihre Begeisterung für Europa wurde auch in ihrer Lobrede deutlich. So würdigte sie den ehemaligen polnischen Ministerpräsidenten für seine Verdienste um die Freiheit und Demokratie als einen „Baumeister des neuen Europas“. Als Präsident des Europäischen Parlaments sei Buzek zudem nicht nur „eine Symbolfigur des vereinten Europas“ gewesen, sondern habe tatkräftig dafür gesorgt, so von der Leyen, „dass die alten und die neuen Mitgliedstaaten alte und neue Gemeinsamkeiten entdeckten.“

Die Ministerin rief dazu auf, dass die Europäer für ihre Überzeugungen eintreten sollten. Europa sei ein „großartiger Ort, um frei und sicher zu leben mit dem selbstverständlichen Recht der freien Meinungsäuße­rung und der Religionsausübung, mit einer langen Tradition der Solidarität und der Subsidiarität und mit einer langen demokratischen Tradition, die wir täglich neu sichern und verteidigen wollen.“

In einer sehr persönlichen und bewegenden Dankesrede nannte Jerzy Buzek die Gaben, mit denen er dank Martin Luther beschenkt worden sei, wie das Eintreten für Wahrheit, den Beruf als Berufung, die Offenheit und den Mut. Dazu führte der Preisträger aus: „Sie alle erinnern sich an die Worte Luthers beim Reichstag zu Worms ‚Hier stehe ich, ich kann nicht anders…‘, als er seine Ansichten nicht widerrufen wollte. Diese Worte haben mich in meinem ganzen Leben und insbesondere in seinen wichtigen und entscheidenden Momenten begleitet.“

Auch das Wirken in der Gewerkschaft Solidarność stellte er mit dem Vorbild des deutschen Reformators in Zusammenhang: „Luther zitierte oft den heiligen Paulus: ‚Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.‘ Jede Arbeit ist immer zugleich auch Zusammenarbeit. Sie hat eine gemeinschaftliche Bedeutung, sie schafft Beziehungen, von denen die Solidarität die wertvollste ist. Deshalb entstand die polnische Solidarność eben gerade unter Arbeitern. Dies ist zwar kein unmittelbarer Verdienst Luthers, aber ich glaube, er betrachtete unsere Revolution mit wohlwollendem Blick. Diese verlieh nämlich der Arbeit und dem menschlichen Leben Sinn und Hoffnung. Die Hoffnungen, unsere Hoffnungen, erfüllten sich. Polen ist heute ein anderes Land.“

 



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