EuGH erklärt Frontex-Einsatzregeln für nichtig

(Christopher Hörster)

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat die Einsatzregeln für die europäische Grenzschutzagentur Frontex, die sog. Frontex-Guidelines, für rechtswidrig und nichtig erklärt. In seinem Urteil vom 5. September 2012 bemängelte der EuGH die für den Erlass der Richtlinie gewählte Rechtsgrundlage.

Die Frontex-Guidelines wurden 2010 vom Rat der EU beschlossen und legen allgemeine Grundsätze für von Frontex koordinierte Einsätze an den Seeaußengrenzen der EU fest. Speziell sind darin Leitlinien für das Verhalten beim Abfangen von Schiffen sowie bei Such- und Rettungsmaßnahmen enthalten. Der Rat hatte die Guidelines auf eine Vorschrift im Schengener Grenzkodex gestützt, die den Erlass von "zusätzlichen Überwachungsmodalitäten" erlaubt. Bei dieser Art des vereinfachten legislativen Verfahrens (sog. Komitologieverfahren) findet keine volle Beteiligung des Europäischen Parlamentes statt.

Das Parlament klagte gegen die Guidelines, weil sie "wesentliche Bestandteile der Überwachung" regeln würden und daher im normalen Gesetzgebungsverfahren, also unter voller Beteiligung des Europäischen Parlaments, und nicht in dem erwähnten vereinfachten Verfahren, hätten erlassen werden müssen. Der EuGH folgte dieser Argumentation und gab dem Parlament Recht. Die Regelungen in den Guidelines enthielten wesentliche Bestandteile der Überwachung, insbesondere weil die vorgesehen Tätigkeiten Eingriffe in die Grundrechte der betroffenen Personen erlaubten. Der Erlass im Komitologieverfahren sei daher nicht ausreichend. Gleichzeitig verfügte das Gericht aber, dass die Guidelines anwendbar blieben, bis neue verabschiedet würden. Da ein sofortiger Wegfall ein rechtliches Vakuum hinterlasse und die "Überwachung der Seeaußengrenzen der Mitgliedstaaten beeinträchtigen" könne, erklärte der EuGH die Guidelines weiterhin für anwendbar, gab dem Unionsgesetzgeber aber auf, sie "innerhalb einer angemessenen Frist" durch eine neue Regelung zu ersetzen.

Die Stärkung der Position des Europäischen Parlaments im sensiblen Bereich der Grenzkontrollen ist aus Sicht der Kirchen zu begrüßen. Wann und wie die neuen Guidelines unter voller Beteiligung des Europäischen Parlaments verabschiedet werden, bleibt abzuwarten.

Das Urteil des EuGH finden Sie unter:



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