2. EU-Jugendbericht: Eine Analyse der Situation von jungen Menschen in der EU und eine Zwischenbilanz der Umsetzung der EU-Jugendstrategie

(Doris Klingenhagen)

Die EU-Kommission hat am 10. September 2012 ihren 2. EU-Jugendbericht veröffentlicht, der eine Übersicht über die Lebenslagen junger Menschen in Europa vermittelt, die aktuellen politischen Lösungsansätze der Mitgliedstaaten zusammenfasst und den jugendpolitischen Handlungsbedarf in Europa analysiert. Der EU-Jugendbericht besteht aus drei Dokumenten:

  • der Mitteilung der Kommission für einen gemeinsamen Bericht des Rates und der Kommission über die Umsetzung des erneuerten Rahmens für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa,
  • einer Zusammenfassung der Ergebnisse der Umsetzung der EU-Jugendstrategie in den Mitgliedstaaten der EU für die erste Phase 2010 bis 2012;
  • einem Statistik- und Analysebericht über die Lage junger Menschen in der EU.

Der neue EU-Jugendbericht bezieht sich auf weit mehr Quellen, als es noch beim ersten 2009 veröffentlichen Jugendbericht der Fall war. Bei der Erstellung stützte sich die Kommission auf die nationalen Berichte der Mitgliedstaaten über die Umsetzung der EU-Jugendstrategie sowie auf Informationen und Daten des statistischen Amtes der EU und Umfragen in den acht Aktionsfeldern der EU-Jugendstrategie (Teilhabe, Kreativität und Kultur, soziale Eingliederung, allgemeine und berufliche Bildung, Jugend in der Welt, Freiwilligentätigkeit, Beschäftigung und Unternehmergeist, Gesundheit und Wohlbefinden).

Rund 95,2 Millionen junge Menschen (Stand: Januar 2011) zwischen 15 und 29 Jahren leben derzeit in den 27 Mitgliedstaaten der EU. Werden Kroatien (Beitritt 2013) und die Beitrittskandidaten (Montenegro, Island, Mazedonien, Serbien) hinzugezählt, erhöht sich die Zahl der jungen Menschen um weitere 22 Millionen. Der Anteil der jungen Menschen variiert von 15 Prozent in Italien bis zu 23 Prozent in Zypern und 22 Prozent in Polen und der Slowakei. In Deutschland beträgt er 17 Prozent. In den Beitrittsstaaten liegt der Anteil der jungen Menschen über dem EU27-Durchschnitt. In der Türkei beträgt ihr Anteil über 25 Prozent. Der Anteil der jungen Menschen hat seit 2000 stetig abgenommen und wird zukünftig noch stärker sinken.

In ihrer Bewertung zur Situation junger Menschen verweist die Kommission insbesondere auf die schlechter werdenden Lebensbedingungen als Konsequenz aus der Wirtschaftskrise. Neben der hohen Jugendarbeitslosigkeit würden auch die Übergangsphasen von Schule in Ausbildung/Studium und von dort in den Arbeitsmarkt für junge Menschen immer schwieriger, vor allem immer länger. Unter dem Stichpunkt "Mehr Schule, weniger Arbeit" interpretiert sie die Statistiken dahingehend, dass das Risiko einer "verlorenen Generation" bestehe.
Gleichzeitig sind junge Menschen stärker der Gefahr sozialer Ausgrenzung und Armut ausgesetzt, auch hier liegt ihre Zahl im Vergleich zur Gesamtbevölkerung höher. Die Krise wirkt sich laut Daten auch negativ auf die Gesundheit und das Wohlergehen von Jugendlichen und jungen Menschen aus. Arbeitslosigkeit, Verarmung, schlechte Wohnverhältnisse und familiäre Zerrüttung führten zu einem erhöhten Risiko im Hinblock auf psychische Problemen, Alkoholmissbrauch und Suizid.

Als positive Entwicklungen beschreibt der Bericht die sinkende Zahl der Schul- und Bildungsaussteiger in der EU. Auch dass junge Menschen weiterhin aktiv sind, wird als gutes Zeichen gewertet. Die Beteiligung junger Menschen am demokratischen Leben habe nicht durch die Krise gelitten.
Als Folge ihrer Bewertungen fordert die Kommission für die nächste Phase der EU-Jugendstrategie für den Zeitraum 2013 bis 2015 eine stärkere Verzahnung mit der Wachstumsstrategie der EU "Europa 2020". Die Instrumente zur Förderung einer Querschnittpolitik der EU-Jugendstrategie sollten genutzt werden, um Partnerschaften zu knüpfen, die junge Menschen beim Übergang ins Berufsleben unterstützen und soziale Inklusion erlauben. Im Text heißt es: "Basierend auf ihrer bereichsübergreifenden Perspektive und ihrer Schwerpunktsetzung auf die Teilhabe aller junger Menschen an verschiedenen gesellschaftlichen Aspekten behandelt die EU-Jugendstrategie eine Vielzahl von Herausforderungen, die mit Ausgrenzung, Entfremdung und den Bemühungen junger Menschen um eine unabhängige Lebensweise verbunden sind. In den kommenden Jahren sollte die Strategie noch stärker auf die Folgen der gegenwärtigen Krise und ihre Auswirkungen auf die soziale Eingliederung und die Gesundheit sowie das Wohlbefinden junger Menschen ausgerichtet werden". Die Kommission hält nachdrücklich die Beteiligung an demokratischen und gesellschaftlichen Aktivitäten und den Ausbau der Jugendarbeit für notwendig.

Sie kommt daher zu dem Schluss, dass sich die EU-Jugendstrategie in der anstehenden zweiten Phase der Umsetzung insbesondere um die negativen Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise auf junge Menschen kümmern muss. Sie meint, dass sich die EU und die Mitgliedstaaten mehr engagieren müssen, um junge Menschen, die oft am stärksten unter der Wirtschaftskrise leiden, zu unterstützen. Deshalb schlägt sie für die jugendpolitische Zusammenarbeit der EU die Schwerpunkte Jugendbeschäftigung, soziale Inklusion sowie Gesundheit und Wohlbefinden junger Menschen vor.

Die Analyse der aktuellen Lebenslagen der europäischen Jugend und der Vorschlag für die jugendpolitischen Prioritäten für die folgenden drei Jahre wurden im Jugendministerrat am 26./27. November 2012 beraten. Die Mitgliedsstaaten schlossen sich dort zu großen Teilen der Kommission an. Änderungen gibt es bei der Gewichtung der neuen jugendpolitischen Schwerpunkte. Es heißt, dass die Schwerpunkte weiterhin auf den Bereichen "Beschäftigung und Unternehmergeist, Verbesserung des Zugangs zur Beschäftigung sowie die Entwicklung der innovativen und kreativen Fähigkeiten junger Menschen" liegen sollten. Die Themen "soziale Inklusion" und "Gesundheit und Wohlbefinden" sollen dabei ebenfalls stärker in den Vordergrund gerückt werden. Empfohlen wird auch, die Koordinierung der Peer-Learning-Tätigkeiten weiter auszubauen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten überlegen, wie die Daten und Beispiele bewährter Praktiken in den Mitgliedstaaten besser eingesetzt werden könnten, um künftig wirksamer voneinander zu lernen. Sie sollten auch überlegen, wie die Indikatoren, Daten und Beispiele bewährter Praktiken in den Mitgliedstaaten besser eingesetzt werden können, um künftig umfassendere EU-Jugendberichte zu erstellen.

Ab 2013 beginnt die Umsetzung der zweiten Phase der EU-Jugendstrategie, die wiederum Ende 2015 mit der Veröffentlichung des nächsten EU-Jugendberichts abgeschlossen wird.

Zu den Dokumenten des 2. EU-Jugendberichts:



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