Kontroverse um Forschung mit embryonalen Stammzellen

(Dr. Anna Donata Quaas)

Am 18. September 2012 hat der Rechtsausschuss (JURI) des Europäischen Parlaments über den Entwurf einer Stellungnahme von Berichterstatter Piotr Borys (EVP, Polen) abgestimmt. Darin berief sich Borys auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom Oktober 2011, wonach embryonale Stammzellen nicht patentierbar sind, und plädierte dafür, keine Forschungstätigkeiten zu unterstützen, bei denen menschliche Embryonen zerstört oder humane embryonale Stammzellen verwendet werden (siehe EKD-Europa-Informationen Nr. 138).

Mehrheitlich stimmten die Mitglieder des Rechtsausschusses Borys' Argumentation zu.

Im Vorfeld der Abstimmung hatten sich auch die beiden großen Kirchen für die Unterstützung von Borys' Stellungnahme ausgesprochen.
Ein interfraktionelles Bündnis deutscher Europaparlamentarier der EVP, der Grünen, S&D und der Linken begrüßte die Entscheidung des Rechtsausschusses und unterstützte sie mit dem Argument, dass deutsche Steuergelder nicht über den Umweg Europa für Forschungen eingesetzt werden sollten, die nach ausgiebigen Debatten in Deutschland von der finanziellen Förderung ausgeschlossen wurden. Statt die ethisch umstrittene und bisher wenig Heilungserfolge versprechende embryonale Stammzellenforschung finanziell zu fördern, sollte sich die Forschung besser auf aus Nabelschnurblut gewonnene und adulte Stammzellen sowie IPS-Zellen, also umprogrammierte Zellen Erwachsener, konzentrieren.

Nach der Abstimmung im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie am 28. November 2012 zeichnet sich ab, das die Regeln für Forschungsprojekte mit humanen embryonalen Stammzellen beibehalten werden. Grundsätzlich wird auch im 7. FRP die Forschung an humanen embryonalen Stammzellen gefördert. Die Veränderung gegenüber dem 6. Forschungsrahmenprogramm besteht darin, dass die Kommission sich mit einer Protokollerklärung verpflichtet hat, keine Projekte zur Förderung vorzuschlagen, die die Zerstörung von Embryonen vorsehen. Das gilt auch für die Gewinnung neuer embryonaler Stammzellen.

Im 7. FRP werden außerdem weder Forschungsaktivitäten gefördert, die in allen Mitgliedstaaten verboten sind, noch werden in einzelnen Mitgliedstaaten solche Forschungsarbeiten unterstützt, die dort aufgrund gesetzlicher Bestimmungen verboten sind.

Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Positionen der Ausschüsse nun in Parlament und Rat weiter diskutiert werden.

Auch der Bundesgerichtshof setzt strikte Schranken gegen die kommerzielle Nutzung von Embryonen

In seinem Urteil vom 27. November 2012 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe beschlossen, dass Patente auf embryonale Stammzellen nicht zulässig sind, wenn für ihre Herstellung Embryonen zerstört wurden. Damit folgte er dem im Oktober 2011 gefällten Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Laut Bundesgerichtshof zulässig sind jedoch Patente auf Stammzellen, die ohne die Zerstörung von Embryonen gewonnen wurden. Der Bonner Stammzellenforscher Oliver Brüstle, der nach dem Urteil des EuGH Revision eingelegt hatte, zeigte sich zufrieden über die Rechtsklarheit, zu der das Karlsruher Urteil geführt hätte. Es gebe mittlerweile zahlreiche Wege zur Gewinnung embryonaler Stammzellen, ohne dass Embryonen dabei zerstört werden müssten.



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