Jugendarbeitslosigkeit in Europa -ein Diskurs mit jungen Menschen

(Doris Klingenhagen / Jonas Klante)

Fast sechs Millionen Arbeitslose im Alter von 15 bis 24 Jahren gibt es derzeit in den Ländern der Europäischen Union. Besonders viele arbeitslose junge Menschen gibt es in den südeuropäischen Mitgliedstaaten, die von der Wirtschaftskrise am stärksten betroffen sind. Auf der Suche nach Arbeit und besseren Chancen verlassen immer mehr ihre Heimat. Doch nicht nur in den südlichen EU-Staaten, sondern in ganz Europa sehen viele junge Menschen mit Verunsicherung der Zukunft entgegen. Mit dem Ziel, jungen Menschen und ihren Organisationen ein Gesprächsforum zu bieten, fand am 1. Oktober 2013 im Haus der EKD in Brüssel ein Fachgespräch statt. Betroffene Jugendliche, Vertreter von Jugendverbänden sowie Vertreter aus Kommission und Europäischem Parlament diskutierten gemeinsam zu dem Thema „jung. talentiert. joblos. Suche Zukunft in Europa“. Das Fachgespräch wurde gemeinsam vom Brüsseler EKD-Büro, der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit veranstaltet.

Die Leiterin des Brüsseler EKD-Büros, Katrin Hatzinger, wies auf die verschiedenen Maßnahmen der EU zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit hin, wie etwa die „Jugendgarantie“, und die bereitgestellten 8 Milliarden Euro. Es sei zu begrüßen, dass das Thema endlich prominent und hochrangig auf der Agenda der EU stehe, so Hatzinger. In einem kurzen Überblick stellte Marianna Georgallis vom Europäischen Jugendforum die Aktivitäten ihrer Organisation vor, in deren Mittelpunkt ebenfalls die Umsetzung der EU-Jugendgarantie steht. Daneben tritt das Jugendforum für qualitätsvolle Praktikums- und Ausbildungsplätze sowie hochwertige Arbeitsplätze für junge Menschen ein.

Die geladenen Gäste schilderten aus unterschiedlichen Perspektiven ihre persönlichen Erfahrungen mit Jobsuche und Arbeitslosigkeit. „Es war nicht leicht, mein ganzes Leben hinter mir zu lassen, meine Familie und die Zukunft, die ich mir erträumt hatte.“, beschrieb die 24-jährige Morfia Kotsi ihre Situation. Sie hatte in Griechenland ein BWL-Studium absolviert, arbeitet jetzt aber in Deutschland bei einem Catering-Unternehmen. „Ich finde es richtig, dass ich nach Deutschland gekommen bin, weil ich hier mehr Hoffnungen und Chancen habe.“, sagte die junge Griechin. „Auch in Deutschland ist nicht alles einfach“, findet hingegen Christine Siobhàn Keegan, 27 Jahre alt und Absolventin eines international ausgerichteten Studiums. Trotz zahlreicher Praktika und Auslandsaufenthalte habe sie nach ihrem Studium 158 Bewerbungen verfasst, bis sie schlussendlich eine Zusage erhalten habe. „Ich bin aber froh, einen Job in Deutschland gefunden zu haben, denn trotz meiner guten Erfahrungen im Ausland möchte ich nicht dauerhaft dort arbeiten“, sagt Keeghan. Kevin Steinert, der nach seiner Schulzeit verschiedene Ausbildungen abgebrochen hatte und eine Zeit lang arbeitslos war, kritisierte, dass es kaum spezielle Hilfsangebote für jugendliche Arbeitslose gebe.

„Übergänge zwischen Jugendhilfe, Ausbildungsbegleitung und Arbeitslosenhilfe sind momentan kaum vorhanden“, unterstrich Hans Steimle, Referent für Grundsatzfragen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugendsozialarbeit, „Wir müssen Jugendbeschäftigung viel stärker von der wirtschaftlichen Entwicklung entkoppeln.“ Steimle kritisierte, dass durch die Sparprogramme in Ländern wie Spanien die vorhandenen Systeme der Berufshilfe zerschlagen würden. „Hier wird viel Porzellan zerschlagen“, so Steimle.

Stephan Schulz-Trieglaff aus der Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Inklusion der Europäischen Kommission betonte die Bedeutung von Mobilität für die Arbeitssuchenden. „Wir müssen den Zugang zu Mobilitätsangeboten für Freiwillige in Europa noch einfacher und bekannter machen“, so Schulz-Trieglaff.

Gesine Meißner, Abgeordnete der Liberalen im EU-Parlament, merkte an, dass es sehr schwierig zu erreichen sei, die von der EU bereitgestellten Gelder für Berufshilfe- und Mobilitätsprogramme an die entsprechenden Stellen zu bringen. „Länder wie Griechenland haben im Moment überhaupt keine Verwaltung, die dazu in der Lage ist“, sagte Meißner. Ihrer Meinung nach sollten Hilfsprogramme partnerschaftlich von Institutionen und Unternehmen organisiert werden, nicht von oben verordnet.

Einhellig unterstrichen alle Teilnehmer, dass durch die vielen Mobilitätsangebote, auch im Rahmen der Jugendgarantie, kein Zwang entstehen dürfe, im Ausland zu arbeiten, bzw. ausgebildet zu werden.
Hans Steimle mahnte zum Schluss der Diskussion an, dass das Thema Jugendarbeitslosigkeit viel breiter aufgefasst werden müsse. Investitionen in Bildungsinfrastrukturen müssten vorangetrieben werden. „Die Jugendgarantie“, so Steimle, „ist erst der Anfang“. Doris Klingenhagen appellierte am Schluss des Fachgesprächs an alle Verantwortlichen und Entscheider, die Zukunftschancen junger Menschen nicht von Konjunktur und Kassenlage abhängig zu machen. Es solle alles dafür getan werden, dass es in fünf Jahren in Europa keine Jugendlichen mehr gibt, die ohne Ausbildung oder Arbeit dastehen.

Mehr zu Veranstaltung finden Sie unter:



erweiterte Suche