EU-Bildungsanzeiger 2013

(Doris Klingenhagen)

Der neue EU-Bildungsanzeiger, den die Europäische Kommission am 30. Oktober 2013 vorgelegt hat, gibt einen Überblick über die aktuellen europäischen Entwicklungen in der allgemeinen und beruflichen Bildung. In 16 Mitgliedstaaten ist der Bildungshaushalt von 2008 bis 2011 geschrumpft und sechs Länder (Italien, Zypern, Lettland, Portugal, Belgien, Großbritannien) haben die Ausgaben in diesem Bereich 2012 weiter stark gekürzt.

Weitere Ergebnisse des Anzeigers 2013 sind: Die Beschäftigungsquote von Abgängern, die vor Kurzem das Bildungssystem mit mindestens einem Abschluss auf Sekundarstufe-II-Niveau verlassen haben, ist gesunken. Gegenüber 82 Prozent im Jahr 2008 finden nun nur noch 76 Prozent von ihnen eine Stelle. Ein Hochschulabschluss ist nach wie vor in allen Mitgliedstaaten auf dem Arbeitsmarkt von Vorteil. Doch jeder fünfte Erwerbstätige mit Hochschulbildung in der EU hat eine Stelle, für die üblicherweise eine geringere Qualifikation ausreichen würde. Trotz der durchschnittlich hohen EU-Arbeitslosigkeit wird dies als Indikator dafür gewertet, dass ein Missverhältnis zwischen den von den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung vermittelten Kompetenzen und den Qualifikationsanforderungen auf dem Arbeitsmarkt bestehe. Die Quote der Bildungsabgänger ohne weiterführenden Abschluss sinkt weiterhin und beträgt derzeit 12,7 Prozent. Die EU hat sich für 2020 als Ziel einen Wert von 10 Prozent oder weniger gesetzt. Da die Arbeitslosenquote bei diesen Abgängern bei knapp über 40 Prozent liegt, besteht die größte Herausforderung darin, den Übergang von der Schule in die Beschäftigung zu bewältigen.

In Ländern, in denen die Ausbildung stark praxisorientiert ist, haben es Absolventen beruflicher Aus- und Weiterbildungsgänge beim Übergang auf den Arbeitsmarkt leichter. Verstärktes Augenmerk ist auch auf Übergangsmöglichkeiten aus der Beschäftigung in Weiterbildungsaktivitäten zu richten - weniger als ein Prozent der 18- bis 24-Jährigen bilden sich nach Verlassen des offiziellen Bildungssystems nebenbei weiter. Der Anteil der Personen mit Hochschulabschluss nimmt langsam zu - er erreicht aktuell 35,7 Prozent. Das in der Europa-2020-Strategie formulierte Ziel dafür beträgt 40 Prozent. Weitere Maßnahmen zielen darauf ab, die Schulabbrecherquoten zu senken, Qualität und Nutzen der Bildung zu verbessern und die internationale Mobilität der Studierenden zu fördern.

Der Bericht hält darüber hinaus folgende zentrale Erkenntnisse fest:

Viele Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa sind von Ungleichheiten geprägt. Diese äußern sich darin, dass bestimmte Gruppen, wie junge Menschen mit Migrationshintergrund, starke Defizite bei Kompetenzen und Qualifikationen aufweisen. Die Ungleichheiten haben folgenreiche Konsequenzen für die Betroffenen, den wirtschaftlichen Fortschritt und den sozialen Zusammenhalt. Die Erfolge der Mitgliedstaaten beim Abbau dieser Ungleichheiten sind sehr unterschiedlich.

Der Lehrberuf wird stark von demografischen Trends beeinflusst: In vielen Mitgliedstaaten gehört die Mehrzahl der Lehrerinnen und Lehrer der höchsten Altersstufe an, nur sehr wenige sind jünger als 30. Eine wichtige Aufgabe der Zukunft wird sein, Lehrkräfte über ihre gesamte Laufbahn hinweg in ihrer beruflichen Entwicklung zu unterstützen.

Europaweit besteht Nachholbedarf bei der Entwicklung freier Lern- und Lehrmaterialien („Open Educational Resources“ - OER) sowie offener Online-Kurse mit sehr vielen Teilnehmenden („Massive Open Online Courses“ - MOOC). Digitale Medien sind heute selbstverständlicher und integraler Bestandteil der Kommunikation zwischen den Menschen. In der allgemeinen und beruflichen Bildung wird dieses Potenzial jedoch nicht voll ausgeschöpft. Lediglich 20 Prozent der Studierenden werden von Lehrkräften unterrichtet, die mit den neuen Informationstechnologien sicher umgehen können und ihren Einsatz fördern.

Als wichtige Herausforderungen für das deutsche System der allgemeinen und beruflichen Bildung formuliert der Bericht die Steigerung der Anzahl von qualifizierten Absolventen in beiden Bereichen, um den Anforderungen des deutschen Arbeitsmarktes unter den demographischen Herausforderungen einer sich reduzierenden Arbeitnehmerschaft und einer geringeren Zahl junger Menschen gerecht zu werden. Eine weitere wichtige Aufgabe bestände darin, eine bessere Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt zu verfolgen. Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und guten Bildungsabschlüssen ist in Deutschland nach wie vor sehr stark ausgeprägt. Darüber hinaus benötigen benachteiligte Jugendliche und Jugendliche mit geringen Bildungsabschlüssen mehr Unterstützung, um den Übergang von der Schule in die Ausbildung erfolgreich zu bewältigen. Der Abbau von Hindernissen von Menschen mit Behinderungen im Bildungssystem wird als weitere Aufgabe formuliert. Dies gilt auch für die weitere Verbesserung der Ganztagsbetreuung von Kleinkindern und den Ausbau von Ganztagsschulen.

Den vollständigen Bildungsanzeiger 2013 finden Sie unter:



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