Vergebliches Werben um die Ukraine? - Der EU-Gipfel zur Östlichen Partnerschaft

(Martin Kasperek)

Am 28. und 29. November 2013 fand in der litauischen Hauptstadt Vilnius der insgesamt dritte Gipfel der Östlichen Partnerschaft statt, bei dem sich die EU-Staats- und Regierungschefs mit Vertretern Armeniens, Aserbaidschan, Georgiens, Moldawiens, der Ukraine und Weißrusslands trafen. Die Östliche Partnerschaft besteht seit 2009, ist Teil der Europäischen Nachbarschaftspolitik, und soll den sechs ehemaligen Sowjet-Republiken im Osten der EU eine europäische Perspektive aufzeigen.

Der vergangene Gipfel ist jedoch für dieses ambitionierte Projekt der Zusammenarbeit als Misserfolg zu werten: Zwar konnten Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit Georgien und Moldawien abgeschlossen werden, mit der Ukraine gelang dies während des Gipfels jedoch nicht. Die ukrainische Regierung unter Präsident Janukowitsch hatte sich kurz zuvor dagegen entschieden, das Abkommen auf dem Gipfel abzuschließen, was auch auf starken politischen Druck Russlands zurückgeführt wird. Moskau hatte gedroht, im Falle des Zustandekommens des Abkommens die Handelsbeziehungen einzuschränken. Die hochverschuldete Ukraine ist insbesondere von russischem Gas und Öl abhängig und spielt für den Transit dieser Rohstoffe nach Europa eine entscheidende Rolle. Russland möchte die Ex-Sowjet-Republiken (ohne die drei baltischen EU-Staaten) in seiner Einflusszone behalten und die bereits mit Weißrussland und Kasachstan bestehende Zollunion auf diese Länder erweitern. Im Fall von Armenien war dies Moskau diesen Herbst gelungen.

Im Nachhinein wurde in Europa Kritik am diplomatischen Vorgehen der EU laut: Diese habe zu lange an einer Freilassung der ehemaligen Premierministerin Julia Timoschenko als Bedingung für das Abkommen festgehalten, obwohl Frau Timoschenko schließlich selbst dazu aufgerufen hatte, die Bedingung fallen zu lassen. Auch habe man, wie Parlamentspräsident Martin Schulz sagte, die Situation der Ukraine unterschätzt, die dringend finanzielle Hilfe benötige und diese viel leichter aus Moskau bekommen könne. Im Vergleich dazu hatte Brüssel keine kurzfristigen Lösungen für das Land im Angebot, und vor allem nicht solche, die sich in Rubel oder Euro messen lassen.
Europäische Politiker, so wie auch Bundeskanzlerin Merkel oder Polens Außenminister Sikorski, betonten, dass es nicht sinnvoll sei, die Ukraine vor eine Entweder-Oder-Entscheidung zu stellen. Europa könne sich den Werten und dem Wirtschaftssystem der EU annähern, ohne sich von Russland abwenden zu müssen.
Während Kommissionspräsident Barroso eine Einmischung Russlands in die Entscheidung der Ukraine über das Abkommen verurteilte und Moskau daran erinnerte, dass die Zeit der „eingeschränkten Souveränität“ vorbei sei, mehrten sich die Stimmen dafür, dass es möglicherweise besser gewesen wäre, den großen Nachbarn im Osten von Anfang an in die Verhandlungen miteinzubeziehen. Schließlich ist das Verhältnis zu Russland für die europäische Sicherheitsarchitektur von essentieller Bedeutung, das betrifft vor allem auch Energiefragen.

Die monatelangen Verhandlungen mit der EU hatten in weiten Teilen der ukrainischen Bevölkerung große Hoffnungen geweckt, die nun von der Regierung enttäuscht wurden. Bei aller Sorge vor einer weiteren Eskalation des Konflikts zwischen der Regierung und der protestierenden Opposition ist es ein erfreuliches Zeichen, dass auf dem Maidan-Platz in Kiew Europa-Fahnen geschwenkt wurden. Das europäische Projekt hat in den südeuropäischen EU-Mitgliedsstaaten in Folge von harten Sparmaßnahmen vielleicht an Strahlkraft verloren, symbolisiert für die Menschen in der Ukraine aber nach wie vor Wohlstand und Freiheit.

Auch wenn es zu keinem Abkommen auf dem Gipfel in Vilnius gekommen war, so möchte die EU doch der Ukraine weiter die „Tür offenhalten“. Es bleibt abzuwarten, welchen Erfolg europäische Politiker bei ihren Gesprächen mit Präsident Janukowitsch und bei ihren Vermittlungsversuchen zwischen Regierung und Opposition haben.

Die Gemeinsame Erklärung des Gipfels finden Sie unter:



erweiterte Suche