Neue Initiativen im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit - Jugendgarantie und Beschäftigungspaket

(Doris Klingenhagen)

Das Europäische Parlament stimmte am 16. Januar 2013 mit großer Mehrheit für die Einführung einer Jugendgarantie. Diese Garantie beinhaltet, dass Jugendliche spätestens vier Monate nach Beendigung der Schule, einer Ausbildung oder nach Verlust des Arbeitsplatzes eine Anschlussbeschäftigung in Form eines neuen Arbeitsplatzes, eines Praktikums oder einer Qualifizierungsmaßnahme erhalten. Auch die Mitgliedsländer der EU verabschiedeten im Rat für Beschäftigung und Sozialpolitik am 22. Februar 2013 die Empfehlung zur Einführung einer solchen Beschäftigungsgarantie. Bedenken bestanden hauptsächlich hinsichtlich der Einhaltung der Viermonatsfrist. So sieht die Ratsempfehlung einen flexiblen und schrittweisen Aufbau der Jugendgarantie vor, um den Mitgliedsstaaten entgegen zu kommen, die gravierende Haushaltsprobleme haben und unter einer besonders hohen Jugendarbeitslosigkeit leiden. Intensive Unterstützung erhält die Einführung der Jugendgarantie auch vom Europäischen Jugendforum. Aus Sicht des Jugendforums ist es für junge Menschen enorm wichtig, den Kontakt zum Arbeitsmarkt zu behalten und erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten nicht längere Zeit brach liegen zu lassen. Die Jugendgarantie ist ein deutliches Signal an junge Menschen, das Vertrauen in die Zukunft nicht zu verlieren - trotz schwieriger Bedingungen der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes. Außerdem wird sie einen Beitrag leisten, Spannungen zwischen den Generationen zu vermeiden. Auch die EU-Jugendkonferenz, die vom 11. bis 13. März 2013 in Dublin mit 150 jungen Menschen und 100 Politikverantwortlichen stattgefunden hat, stellte Beschäftigung als entscheidendes Kriterium für die soziale Eingliederung junger Menschen in den Mittelpunkt ihrer Diskussionen. Peter Matjasic, der Präsident des Europäischen Jugendforums, begrüßte dort die breite Zustimmung für die Jugendgarantie. Zugleich betonte er, dass jetzt gut abgestimmte und Politikfeld übergreifen¬de Maßnahmen folgen müssten, damit die bisher am besten ausgebildete Generation von jungen Menschen ihren Beitrag zu der europäischen Gesellschaft leisten könne und nicht zu einer "verlorenen Generation" werde.

Finanzielle Unterstützung bekam das Jugendbeschäftigungspaket von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union Anfang Februar bei den Verhandlungen über die Finanzmittel der EU für den Zeitraum 2014-2020. Insgesamt werden sechs Milliarden Euro für die Finanzierung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit für den Zeitraum 2014 bis 2020 eingeplant. Die Hälfte dieser Förderung soll aus dem Europäischen Sozialfonds gespeist werden, die anderen drei Milliarden durch eine eigens eingeführte Haushaltslinie im Bereich der Kohäsionspolitik. Die Gelder können von allen Regionen in der EU beantragt werden, die eine Jugendarbeitslosenquote von mehr als 25 Prozent aufweisen.

Die Europäische Kommission hatte zuvor am 5. Dezember 2012 ihre Vorschläge für die Unterstützung der Jugendbeschäftigungsstrategie un den Abbau der Jugendarbeitslosigkeit mit einem "Jugendbeschäftigungspaket" vorgestellt. Den Kern dieses Paketes bildet die Empfehlung des Rates zur Einführung einer Jugendgarantie.

Unterstützend für die Jugendgarantie sind Maßnahmen erforderlich, die die Kommission an sechs Punkten ausrichtet:

Konzepte für den Aufbau von Partnerschaften:
Die Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsverwaltungen, Berufsberatungen, Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung und Jugendfördereinrichtungen soll gestärkt werden sowie Partnerschaften zwischen Arbeitgebern und Akteuren auf dem Arbeitsmarkt. Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Arbeitsvermittlungen, Berufsberatungen und anderen spezialisierten Jugendeinrichtungen gefördert werden.

Frühzeitiges Eingreifen und frühzeitige Aktivierung:
Strategien der Öffentlichkeitsarbeit sollen entwickelt werden, um junge Menschen zur Anmeldung bei den öffentlichen Arbeitsverwaltungen zu bewegen; Möglichkeiten von "Anlaufstellen" sollen geprüft werden, um Unkenntnis bei jungen Menschen über bestehende Angebote zu überwinden; Arbeitsvermittlungen sollen in die Lage versetzt werden mit anderen Partnern zu einem möglichst frühen Zeitpunkt individuelle Beratung anzubieten.

Maßnahmen zur Förderung der Integration in den Arbeitsmarkt:
Schulabbrechern und geringqualifizierten jungen Menschen sollen Wege zurück in das System oder Angebote der zweiten Chance aufgezeigt werden; eine Verbesserung der Qualifikationen soll auf dem Hintergrund des Abbaus von Diskrepanzen zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage erreicht werden, auch um die Nachfrage nach Arbeitskräften zu bedienen - insbesondere in der Umwelt-, der IT- sowie der Gesundheits- und Pflegebranche. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen können sein: die Senkung der Lohnnebenkosten, gezielte Lohn-/Gehaltszuschüsse und Einstellungsanreize, um Arbeitsgeber zur Schaffung neuer Möglichkeiten anzuregen; ebenso eine Förderung der Arbeitskräftemobilität sowie Bereitstellung von Gründungsbeihilfen.

Einsatz der EU-Strukturfonds:
Die Finanzierungsinstrumente der Kohäsionspolitik im nächsten Programmzeitraum 2014-2020 sollen in vollem Umfang für die Einführung von Jugendgarantiesystemen genutzt werden.

Bewertung und ständige Verbesserung der Maßnahmen und Systeme:
Alle Maßnahmen und Programme im Zusammenhang mit der Jugendgarantie sollen evaluiert werden, um mehr faktengestützte Strategien entwickeln zu können und die Bilanz der künftigen Jugendgarantie Systeme zu verbessern.

Zügige Umsetzung:
Diese soll möglichst bis zum Start des mehrjährigen Finanzrahmens für den Zeitraum 2014-2020 erfolgen.

Die Kosten, die mit der Jugendgarantie verbunden sind, sieht die Kommission durch Einsparungen bei den Aufwendungen für Arbeitslosigkeit und Produktivitätseinbußen kompensiert. Ergänzend zur Jugendgarantie enthält das Beschäftigungspaket drei weitere Initiativen:

Den Qualitätsrahmen für Praktika:
Praktika werden mehr und mehr zum Bestandteil des beruflichen Werdegangs junger Menschen. Der Gefahr, dass Praktikanten und Praktikantinnen als billige und kostenlose Arbeitskräfte missbraucht werden, muss nach Auffassung der EU-Kommission dabei entschieden entgegen gewirkt werden.

Die Europäische Ausbildungsallianz:
In vielen Mitgliedsstaaten der EU setzt sich aktuell die Erkenntnis durch, dass die Notwendigkeit besteht, das Angebot von Lehrstellen zu verbessern. Betriebliche (duale) Ausbildungssysteme haben sich als besonders erfolgreich erwiesen. Sie bieten jungen Menschen die Möglichkeit, Arbeitserfahrungen zu sammeln und sich praktische Fähigkeiten anzueignen und gleichzeitig auch das entsprechende theoretische Wissen zu erwerben. Zur Schaffung von solchen Lehrstellen sollten Arbeitgebern geeignete Anreize gegeben werden. Die Europäische Ausbildungsallianz will für diese Ziele Vertreterinnen und Vertreter von Behörden, Unternehmen, Sozialpartnern, Fachleute für berufliche Bildung aus Wissenschaft und Praxis sowie die Jugendverbände zusammenführen. Der Start der Europäischen Ausbildungsallianz wurde auf Einladung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) bereits am 10./11. Dezember 2012 in Berlin vollzogen. Hier unterzeichneten die zuständigen Minister und Ministerinnen von Portugal, Griechenland, Spanien, Litauen, Slowakei, Italien und Deutschland das Memorandum "Bildung und Ausbildung - Perspektiven für die junge Generation".

Mobilität für junge Menschen:
Eine höhere Mobilität innerhalb der EU könnte jungen Menschen den Zugang zu mehr Beschäftigungschancen eröffnen. Grenzüberschreitende Praktikums- und Lehrstellen gibt es bisher nur selten. Die Kommission will ihre Initiative "Dein erster EURES-Arbeitsplatz" weiter entwickeln und EU-Bürgerinnen und -Bürgern im Alter zwischen 18 und 30 Jahren bei der Suche nach einem Arbeitsplatz in einem anderen Mitgliedstaat helfen.

Einen ergänzenden inhaltlichen Beitrag zur Beschäftigungssituation junger Menschen lieferte der Jugendministerrat am 27. November 2012 mit seinen Schussfolgerungen über die Teilhabe und soziale Inklusion von jungen Menschen, inbesondere jenen mit Migrationshintergrund. Studien haben gezeigt, dass junge Frauen und Männer mit Migrationshintergrund weiterhin mit Nachteilen bei der Ausbildung und auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen haben, obwohl ein hoher Prozentsatz von ihnen in dem Land, in dem sie leben, geboren und aufgewachsen ist.
 
In seinen Schlussfolgerungen regt der EU-Jugendministerrat deshalb verschiedene politische Maßnahmen an, die die Teilhabe und soziale Inklusion von jungen Menschen mit Migrationshintergrund stärken sollen. Dabei betont der Rat, dass das nonformale und informelle Lernen eine Schlüsselrolle bei der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Inklusion benachteiligter junger Menschen spielt. Deshalb sei die Arbeit von Fachkräften der Jugendarbeit und von Jugendorganisationen von besonderer Bedeutung. Die Triopräsidentschaft Irland, Litauen, Griechenland hat diese Schlussfolgerungen aufgegriffen und das Thema "soziale Inklusion" in den Mittelpunkt des Strukturierten Dialogs mit der Jugend gestellt.

Die Originaldokumente zu den Beschlüssen und Empfehlungen finden Sie hier:



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