Gute Ideen sind gefragt - Europapolitische Akzente in den Parteiprogrammen zur Bundestagswahl

(Katrin Hatzinger)

In den vergangenen Jahren hat Deutschlands politische Bedeutung zugenommen.

Der britische Rundfunksender BBC hat Ende Mai vermeldet, Deutschland sei das beliebteste Land der Welt. In der jährlichen Umfrage des BBC World Service bewerten 59 Prozent der mehr als 26.000 Befragten in 25 Ländern den Einfluss Deutschlands in der Welt als „vor allem positiv”.

Vielleicht sollte uns dieser Vertrauensvorschuss und diese Sympathiebekundung Ansporn sein, den anderen Nationen in Europa weniger schulmeisterlich als vielmehr empathisch gegenüber zu treten. Das Image des überheblichen Besserwissers steht uns Deutschen nicht gut zu Gesicht, zumal in Deutschland bislang von der europäischen Krise nur wenig zu spüren ist. Angesichts der harten Einschnitte in vielen Ländern des Südens und der bedrückend hohen Jugendarbeitslosigkeit sind deshalb Gesten des Respekts und der Anerkennung des Geleisteten nicht zu unterschätzen. Aber auch Ideen dazu, wie es nach Abschluss der Sparmaßnahmen in den Krisenländern wieder wirtschaftlich bergauf gehen kann.

Gemeinsam mit den europäischen Partnern hat die Bundesrepublik viele wichtige Impulse zur Überwindung der Finanz-, Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise in der EU gesetzt und zu notwendigen Strukturreformen beigetragen. Dennoch haben die Deutschen mit der Führungsrolle, die ihnen von vielen zugedacht wird, ihre Schwierigkeiten. Unter der Überschrift „Germany and Europe – The reluctant hegemon“ beschrieb das Wirtschaftsmagazin „The Economist“ im Juni das Unbehagen der Deutschen, sich in Zeiten der Krise als europäische Führungsnation zu positionieren. Drei Gründe machte das Magazin für die deutsche Zurückhaltung aus:
1. historisch begründete Ängste vor einem deutschen Führungsanspruch, 2. die unterschwellige Annahme, dass die Südländer lediglich so produktiv wie die Deutschen sein müssten, um die Krise zu überwinden und 3. taktische Erwägungen: man will sich nicht zu sehr exponieren, um die anderen nicht aus der Verantwortung zu entlassen.

Umso interessanter, wie sich die Parteien des Deutschen Bundestages vor den Bundestagswahlen am 22. September 2013 mit der Deutschland zugedachten Führungsrolle auseinandersetzen und welche Akzente sie im Hinblick auf die weitere Ausgestaltung der europäischen Integration setzen möchten. Ein kleiner Überblick:

 

1. CDU/CSU
Die Union positioniert sich in ihrem Programm „Gemeinsam erfolgreich für Deutschland“ als Europapartei und beantwortet die Frage nach Deutschlands Rolle in der Krise mit dem Hinweis auf die deutsche Verantwortung: „Als größter Volkswirtschaft und Wachstumsmotor in Europa kommt unserem Land in dieser Situation eine besondere Verantwortung zu. Wir stehen zu dieser Verantwortung, weil wir wissen, dass Deutschland auf Dauer nur stark und erfolgreich sein kann, wenn es auch Europa gut geht,“ heißt es. Gleichzeitig wird die Bedeutung des deutsch-französischen Motors für die Vertiefung der europäischen Integration betont und die Partnerschaft mit Polen besonders hervorgehoben. CDU und CSU unterstreichen zudem die Kooperation der Staaten im Rahmen des Weimarer Dreiecks aus Polen, Frankreich und Deutschland

Deutlich spricht sich die CDU/CSU für weitere Reformschritte aus, fordert aber auch Eigenverantwortung. „Wir bekennen uns zur Solidarität mit unseren europäischen Nachbarn. Allerdings: Wer Hilfe braucht, muss mit eigenen Leistungen dazu beitragen, die Probleme zu lösen.“

Als Weg aus der Krise fordern die Schwesterparteien eine stärkere wirtschaftspolitische Abstimmung darüber, wie die Wettbewerbsfähigkeit Europas verbessert werden könnte. „Wir wollen dazu einen Pakt für Wettbewerbsfähigkeit beschließen, in dem die Nationalstaaten sich mit der Europäischen Kommission auf konkrete Maßnahmen verständigen“.

„Wer gegen die vereinbarten Grenzwerte des Stabilitäts- und Wachstumspaktes verstößt, muss mit Sanktionen rechnen. Dazu wollen wir die Möglichkeiten zur Überwachung und Überprüfung der nationalen Haushalte durch die Europäische Kommission stärken. Zudem setzen wir uns dafür ein, innerhalb der Eurozone ein Umschuldungsverfahren für Staaten zu entwickeln, die ihre Schulden nicht mehr tragen können.“ Der Vergemeinschaftung von Schulden und Eurobonds wird eine klare Absage erteilt.

Hinsichtlich der Debatte um eine Bankenunion, die unter anderem eine für alle Euro-Staaten einheitliche europäische Bankenaufsicht mit entsprechenden Durchgriffsrechten vorsieht, gibt es ein Bekenntnis zu einer europäischen Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank für die großen systemrelevanten Banken sowie für ein Verfahren für die Abwicklung überschuldeter Banken. Eine europaweite Einlagensicherung wird allerdings abgelehnt. Außerdem soll die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank verteidigt werden.
Was zukünftige Vertragsreformen und institutionelle Veränderungen in Europa angeht, bleibt das Programm auffällig vage. Eine Konzession der CDU an ihre Schwesterpartei? Es heißt lediglich: „Wir wollen kein zentralistisch organisiertes und regiertes Europa. CDU und CSU wollen ein Europa, das den Bürgern dient. Ein Europa in Vielfalt sichert Lebensqualität in den Regionen und respektiert unterschiedliche Lebensarten.“


2. FDP
Der liberale Koalitionspartner betont in seinem „Bürgerprogramm 2013“ die Bedeutung der EU über die Wirtschafts- und Währungsfragen hinaus. So heißt es z. B.: „Europa ist mehr als der Euro. Europa ist gegründet auf gemeinsamen Werten und Überzeugungen. Und diese Gemeinsamkeit zu wahren und zu stärken ist heute ebenso unsere Aufgabe und Verantwortung wie die Stabilität unserer Währung.“

Auch hier gibt es ein klares Bekenntnis zu Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und zur Einhaltung der Stabilitätsregeln. „Geldwertstabilität ist deutsche Staatsraison. Die Stabilitätskultur ist unsere Mitgift für Europa“, wird etwas pathetisch formuliert. Ebenso wie die CDU/CSU erteilt die FDP einer Haftungsunion eine deutliche Absage. „Eine gesamtschuldnerische Haftung für Staatsanleihen der Mitgliedstaaten, wie über Eurobonds oder einen Altschuldentilgungsfonds, lehnen wir Liberalen aus politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen ab. Stattdessen sind weitere Strukturreformen angezeigt, damit Europa aus eigener Kraft aus seinen Schulden herauswachsen kann.“

Für die Zukunft der EU bedeutet das aus liberalem Selbstverständnis: „Europa hat nur eine Zukunft als Verantwortungsgemeinschaft, in der jeder für sein Handeln haftet. Darum setzen wir uns für eine europäische Insolvenzordnung für Staaten ein, um die bestehenden Stabilisierungsinstrumente zu ergänzen.“ Im Hinblick auf die Bankenunion fordert die FDP nicht unbedingt mehr, sondern eine bessere Aufsicht. Eine europäische Bankenaufsicht müsse höchsten Standards entsprechen. „Einen Zugriff auf nationale Einlagensicherungsfonds oder den nationalen Restrukturierungsfonds lehnen wir ab.“

Hinsichtlich der Fortentwicklung der Europäischen Union gibt es klare Vorstellungen zu einer weiteren Integration: „(…) deshalb wollen wir den Weg der Vertiefung verantwortungsvoll weitergehen – hin zu einer politischen Union mit festen föderalen Grundsätzen, demokratischen Strukturen und einer klaren subsidiären Ordnung.“ Sehr deutlich wird dies durch die Darlegung eines europäischen Bundesstaats: „Am Ende dieser Entwicklung sollte ein durch eine europaweite Volksabstimmung legitimierter europäischer Bundesstaat stehen.“ Und weiter: „Wir setzen uns deshalb dafür ein, das Europäische Parlament zu einem Vollparlament mit gleichberechtigtem Initiativrecht in der Gesetzgebung zu entwickeln.“ Dabei nimmt das Programm auch auf den Abschlussbericht der von Deutschland angestoßenen Zukunftsgruppe von elf Außenministern Bezug und listet konkrete Anregungen für eine weitere Vertiefung auf. Während sich im CDU/CSU-Programm keine Ausführungen zum Subsidiaritätsgrundsatz finden, betonen die Liberalen: „Das Europa der Bürger zeichnet sich durch feste und klare Kompetenzen und das Prinzip Verhältnismäßigkeit aus.“


3. SPD
Die größte Oppositionspartei stellt in ihrem Wahlprogramm „Das Wir entscheidet“ fest: „Deutschland ist ein starkes Land.“ In Bezug auf Deutschlands Rolle in Europa stellt die SPD jedoch den Gemeinschaftsgedanken in den Vordergrund: „Wir alle gehören zusammen. Wir alle sind Deutschland. Und wir alle gehören zu Europa, dem einzigen Kontinent, der die individuelle Freiheit jedes Einzelnen mit der Verantwortung und Solidarität aller Menschen füreinander verbindet.“

Auch die SPD spricht sich für solide Staatsfinanzen aus, verfolgt aber gleichzeitig das Ziel, die soziale Marktwirtschaft neu zu begründen und ein soziales Europa zu schaffen, mit klaren Regeln für die Märkte und einer Finanztransaktionssteuer. Europa müsse Vorreiter einer neuen Marktordnung werden, „mit der wir die Finanzmärkte bändigen“.

Fest steht für die Sozialdemokraten, dass eine Währungsunion auch eine gemeinsame Wirtschaftspolitik mit ausgeglichenen Leistungsbilanzen brauche. „Die gemeinsame Verpflichtung zu soliden Finanzen muss deshalb durch ein gemeinsames Verständnis und konkrete gemeinsame Zielvorgaben für eine europäische Wachstumsstrategie ergänzt werden, die wirtschaftliche Innovation mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Erneuerung zusammenbringt.“ Ein europäischer Investitions- und Aufbaufonds soll zu nachhaltigem und tragfähigem Wachstum beitragen. Ein europäischer Schuldentilgungsfonds mit einem verbindlichen Schuldenabbau- und Reformplan soll die Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten erhöhen.

Die SPD will sich außerdem für eine stärkere politische Harmonisierung von Arbeits-, Wirtschafts-, Finanz-, Steuer- und Investitionspolitik einsetzen. Auch sie ist für „eine schlagkräftige Bankenaufsicht für große, grenzüberschreitend tätige Institute“. Längerfristig setzt sich die SPD für eine eigenständige europäische Aufsichtsbehörde ein. Allerdings soll die „Aufsicht über kleine und mittlere Banken auf nationaler Ebene verbleiben und nur in Krisenfällen auf die EZB übertragen werden“.

Die SPD will perspektivisch ein „besseres Europa“. Zu den institutionellen Reformen hat sie auch konkrete Ideen. Transnationale Demokratie werde aber nur funktionieren, wenn das Gewaltenteilungsmodell auch auf die europäische Ebene übertragen werde. Deshalb müsse die „Europäische Kommission zu einer Regierung ausgebaut werden, die vom Europaparlament gewählt und kontrolliert wird und ggf. abgesetzt werden kann. In einer zweiten Kammer, in der die Regierungen der Mitgliedstaaten in einem gemeinsamen Rat sitzen, werden dann die nationalen Interessen vertreten.“

Die EU brauche zudem eine parlamentarisch kontrollierte Wirtschaftsregierung und eine Weiterentwicklung der Währungsunion zu einer Wirtschafts- und Sozialunion unter Stärkung der sozialen Marktwirtschaft. Eine Vereinheitlichung der nationalen Sozialsysteme wird nicht angestrebt. Ziel soll ein sozialer Stabilitätspakt sein, unter Einbeziehung „existenzsichernder Mindestlöhne in allen EU-Mitgliedstaaten, gemessen am jeweiligen nationalen Durchschnittseinkommen“.

Die Sorgen der Bürger vor zu viel Einmischung aus Brüssel müssten ernst genommen werden: „Subsidiarität heißt, dass Politik da gemacht wird, wo sie am besten aufgehoben ist.“ Doch die SPD geht noch weiter. Es müsse überprüft werden, ob sich die Kompetenzverteilung zwischen nationaler und europäischer Ebene bewährt habe oder ob Korrekturen nötig seien. „Bei diesem Prozess kann es auch zu Rückübertragungen in die Mitgliedstaaten kommen, wenn sich eine europäische Zuständigkeit als nicht sinnvoll erwiesen hat.“


4. Die Grünen
Die Grünen bekennen sich unmissverständlich zu Europa: „Europa ist unsere Zukunft.“ In Zeiten der Globalisierung ließen sich die Probleme nicht mehr im Alleingang lösen. „Dies geht nur gemeinsam – mit der EU und mit starken demokratischen europäischen Institutionen.“

Deutschland profitiere von einer wirtschaftlich starken EU. Deshalb sei es im ureigensten Interesse, anderen Staaten zu helfen. Das Land würde jedoch seiner Rolle als größter und wirtschaftlicher stärkster Mitgliedstaat nicht gerecht: „Wir GRÜNE werben stattdessen für ein europäisches Deutschland innerhalb einer Wirtschafts- und Solidarunion.“

Da es sich bei der aktuellen Krise nicht einfach um eine Staatsschuldenkrise handele, sei dauerhaft eine neue Perspektive nötig: „Wir brauchen eine Erneuerung der europäischen Wirtschaft im Sinne eines europäischen Green New Deal. Nachhaltigkeit muss zur Basis europäischer Wettbewerbsfähigkeit werden.“

Daneben fordern die Grünen einen Europäischen Schuldentilgungspakt, der auf dem vom Sachverständigenrat der Bundesregierung vorgeschlagenen Schuldentilgungsfonds basieren soll. Die de facto bereits bestehende Haftungsunion will die Öko-Partei durch eine europäische Solidarunion mit verbindlichen Regeln ersetzen: „Wir wollen den ESM in einen Europäischen Währungsfonds (EWF) umbauen und so zu einem wirklichen Krisenreaktionsinstrument machen.“ Der ESM/EWF solle der demokratischen Kontrolle durch das Europäische Parlament unterliegen.

Eindeutig spricht sich die Partei für Eurobonds aus. Künftig müsse zudem „bei der Bewältigung von staatlichen Schuldenkrisen der Privatsektor sehr viel umfassender als bisher an den Krisenkosten beteiligt werden“. Die Grünen treten ferner für ein faires und unabhängiges, geordnetes und stabilisierendes Staateninsolvenzverfahren ein. Schließlich soll das Amt eines durch das Europäische Parlament gewählten EU-Kommissars für Wirtschaft und Währung „den notwendigen Zuwachs an Entscheidungskompetenz auf europäischer Ebene“ zum Ausdruck bringen.

Auch die Grünen sind für eine Bankenunion und eine unabhängige Bankenaufsicht. Die Wirtschafts- und Währungsunion müsse aber um eine politische Union erweitert werden, damit nicht nur die Finanzmärkte die Politik diktierten. Eine soziale Fortschrittsklausel im EU-Primärrecht solle eine stärkere Balance gegenüber den Grundfreiheiten des Marktes herstellen: „Zu einem sozialen Europa gehören für uns außerdem gemeinsame soziale Mindeststandards, wie ein Mindestlohn und eine Grundsicherung, die sich jeweils am nationalen BIP orientieren, sowie das Recht auf eine gute Gesundheitsversorgung.“

Weiterhin gelte es das bestehende Demokratiedefizit abzubauen. Der Gemeinschaftsmethode sei grundsätzlich Vorrang vor intergouvernementalem Handeln einzuräumen. Die institutionelle Weiterentwicklung der EU solle durch einen öffentlichen Europäischen Konvent zur Zukunft der EU erfolgen. Schließlich müssten die (Mitsprache-)Rechte des Europäischen Parlaments gestärkt werden, indem es z.B. das Initiativrecht erhalte sowie das Recht, den EU-Kommissionspräsidenten zu wählen.
Auch die Grünen halten das Subsidiaritätsprinzip hoch und sind wie die SPD grundsätzlich dafür, Kompetenzen zurückzuübertragen, wenn es sinnvoll erscheint.


5. DIE LINKE
Die LINKE tritt in ihrem Programm „100% sozial“ „für ein soziales, demokratisches und solidarisches Europa ein, das dem Klammergriff der Finanzmärkte entzogen wird“. Es sei eine Lüge, dass „wir“ gut durch die Krise gekommen seien. Die Gesellschaft treibe immer weiter auseinander.

Deshalb steht sie „für ein friedliches, weltoffenes und solidarisches Europa, in dem gemeinsam Sozialstandards ausgehandelt und die Reichen über Vermögensabgaben an der Finanzierung beteiligt werden.“ Finanzmärkte und Banken müssten wirksam kontrolliert und in den Dienst der Gesellschaft gestellt werden. Die Partei fordert „eine Finanztransaktionsteuer und eine europaweite einmalige Abgabe für Vermögen über einer Million Euro“.

Für die Zukunft strebt die Partei an, „eine langfristig tragfähige Perspektive für die europäische Einigung zu schaffen.“ Dazu müsste die „Talfahrt der Löhne gestoppt“ und Reiche müssten mehr besteuert werden. So ist die Partei für die Einführung von sozialen und steuerlichen Mindeststandards.

Die LINKE ist nicht für ein Ende des Euro, wehrt sich aber „gegen die Pläne aller anderen im Bundestag vertretenen Parteien, die EU-Kommission zu einem sanktionsbewehrten Kontrollinstrument der Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten zu machen.“ Der Euro habe aber nur dann eine Zukunft, wenn „die Kürzungsdiktate beendet und in Zukunft die Wirtschafts-, Fiskal,- Steuer-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitiken der Euro-Mitgliedsländer enger so abgestimmt werden, dass der heute vorherrschende Wettbewerb durch Steuer-, Sozial- und Lohndumping unterbunden wird“.

Mittels einer „Europäischen Ausgleichsunion „müssten die Euro-Staaten auf das Ziel ausgeglichener Handelsströme verpflichtet werden, „bei dem nicht primär Länder mit hohen Lohnzuwächsen bestraft, sondern Länder mit zu niedrigen Lohnzuwächsen und abgesenkten Sozialstandards (Stichwort Agenda 2010 und Rente erst ab 67) wie insbesondere Deutschland zu höheren Lohn- und Sozialstandards aufgefordert werden“.

Die Übertragung der Bankenaufsicht auf die Europäische Zentralbank (EZB) lehnt die LINKE ab, da es dieser an „unmittelbarer demokratischer Legitimation“ fehle.

Als Weg aus der Krise, zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Schaffung von Arbeitsplätzen fordert die LINKE ein ökologisch-soziales Investitionsprogramm und eine Fortschrittsklausel in den EU-Verträgen. „Soziale Grundrechte und die Tarifautonomie müssen Vorrang vor den Binnenmarktfreiheiten haben.“ Sie kritisiert alle Bemühungen um eine „echte Wirtschafts- und Währungsunion“, diese würde nur den Sozialabbau befördern.

Da sie den Vertrag von Lissabon abgelehnt hat, fordert sie eine grundlegende Veränderung der vertraglichen Grundlagen der EU, um die Voraussetzungen für eine demokratische, soziale, ökologische und friedliche Europäische Union zu schaffen.

Im Hinblick auf institutionnelle Reformen will die linke Partei das Europäische Parlament stärken und Elemente der partizipatorischen Demokratie fördern: „In der EU müssen verbindliche Volksbegehren und Volksentscheide möglich werden, mit denen auch die EU-Verträge geändert werden können.“

Die Bereitschaft, um einer gemeinsamen Zukunft willen Reformen des Gemeinschaftsprojektes EU einzuleiten, bedarf gemeinsamer Grundorientierungen, die nur in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs erneuert und gestärkt werden können. Dementsprechend steht die EKD an der Seite der Politik, wenn es darum geht, den europäischen Geist wach zu halten und Europa zu kommunizieren. Denn für uns als evangelische Christen ist das europäische Motto „In Vielfalt geeint“ ein Leitspruch, in dem wir uns wiederfinden. Leidvoll haben wir selbst erfahren müssen, dass die konfessionelle Spaltung lähmt und zermürbt. Deshalb steht das Leitbild der versöhnten Verschiedenheit seit 1973 als Leitbild über der sog. Leuenberger Kirchengemeinschaft. Darin haben sich zahlreiche lutherische, reformierte und methodistischen Kirchen in Europa gegenseitig zu Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft verpflichtet. Dieses Jahr feiern wir das 40. Jubiläum der Leuenberger Konkordie. Dieser historische Schritt wurde möglich, weil man sich auf das Gemeinsame und nicht auf das Trennende besonnen hat. Als Kirchen kennen wir die Spannungen und Konflikte, die mit Vielfalt einhergehen, aus eigener Erfahrung. Zugleich leben wir aber aus der Gewissheit, dass Einheit in Vielfalt gelingen kann. Der europäische Integrationsprozess war immer von Höhen und Tiefen geprägt, aktuell befindet sich die Union in einem Spannungsfeld zwischen Solidarität, Subsidiarität und Identität. Vertrauen in die Zukunft ist nötig, Zuversicht und Hoffnung in das Europa von morgen. Vielleicht sind es gerade diese gelebten Erfahrungen von Einheit in Vielfalt, die auch die Politik inspirieren können.



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