Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel

Europa-Informationen Nr. 131

Kurze Meldungen

EU/Türkei: Am 10. Oktober 2009 begrüßte die schwedische Ratspräsidentschaft die Unterzeichnung zweier Protokolle zwischen der Türkei und Armenien, die das angespannte Verhältnis der beiden Staaten offiziell beenden. Mit der Unterzeichnung werden wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen und sollen die bilateralen Kontakte gestärkt werden: Dazu gehört auch die Öffnung der gemeinsamen Grenze. Kritische Aspekte wie das Problem der Nicht-Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern sind nicht Teil des Protokolls, aber eine Normalisierung des Verhältnisses ist ein wichtiger Schritt zu einer Aussöhnung, auf deren Basis auch ein Dialog zu solchen Fragen begonnen werden kann.
PRS

http://www.armtown.com/news/en/azg/20090902/2009090202/ und
http://www.armtown.com/news/en/azg/20090902/2009090203/

 

FRONTEX/Türkei: FRONTEX, die europäische Grenzschutzagentur, hat die Türkei zur Kooperation bei der Rückübernahme von Migranten aufgefordert, die im Mittelmeer von griechischen Behörden aufgegriffen werden. Gil Arias Fernandez, der stellvertretende Direktor von FRONTEX, erklärte auf einer Pressekonferenz am 13. Oktober 2009, dass trotz eines Rückgangs der Zahlen von Migranten, die über Land nach Griechenland gelangten, immer noch eine große Anzahl von Menschen über die griechischen Inseln einreisen würde. So sei die Zahl derjenigen, die von der Türkei irregulär versuchten, über die Landgrenze nach Griechenland zu kommen, um 44 % gesunken, bei der Einwanderung von Albanien aus gebe es einen Rückgang um 10 % und bei der von Mazedonien eine Abnahme von 34 %.

Nach Angaben von FRONTEX würden rund 59 % der Migranten, die über den Seeweg in die EU gelangten, über die östliche Ägäis kommen, insbesondere die Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Patmos nahe der türkischen Westküste. Im Jahr 2009 seien in den ersten sechs Monaten 14.000 Menschen über das Meer nach Griechenland eingereist, das seien 47 % mehr als im gleichen Zeitraum 2008. Die Meisten kämen nach eigenen Angaben aus Afghanistan, Somalia und den palästinensischen Gebieten. Nach Angaben der Europäischen Grenzschutzagentur stünde die Zunahme auch mit der Weigerung der Türkei in Zusammenhang, mit FRONTEX zusammenzuarbeiten und aufgegriffene Migranten wieder zu übernehmen. Außerdem käme es immer wieder zur Behinderung von Helikoptern, Flugzeugen und Schiffen im FRONTEX-Einsatz durch die türkischen Behörden.
KH

 

Bundesregierung/Dublin II: Wie sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke vom 21. Oktober 2009 ergibt, wird Deutschland auch künftig Asylbewerber im sog. Dublin-Verfahren nach Griechenland überstellen. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in diesem Jahr in drei Beschlüssen die Überstellung eines Asylbewerbers von Deutschland nach Griechenland „durch einstweilige Anordnung vorübergehend ausgesetzt“. Dennoch sei die Bundesregierung der Auffassung, dass es sich bei Griechenland um einen sicheren Drittstaat im Sinne des Grundgesetz handeln würde. Im dritten Quartal 2009 wurden 70 Asylsuchende von Deutschland nach Griechenland überstellt, 2008 waren es 25.

Grundgedanke der Dublin-Verordnung ist, dass jeder Asylsuchende nur einen Asylantrag innerhalb der Europäischen Union stellen können soll. Grundsätzlich ist der Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, der die Einreise veranlasst bzw. nicht verhindert hat. Stellt der Asylsuchende dennoch in einem anderen Mitgliedstaat seinen Asylantrag, wird kein Asylverfahren durchgeführt und der Asylsuchende in den zuständigen Staat rücküberstellt. Dabei beruht die Regelung auf der Prämisse, dass in der EU vergleichbare Schutzstandards für Flüchtlinge gelten. Dies ist aber nicht der Fall.

Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb mehrfach drohende Überstellungen von Asylsuchenden nach Griechenland im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ausgesetzt. In den Beschlussgründen wird u.a. auf den „europarechtlichen Grundsatz der Solidarität“ verwiesen.
KH

Die vollständige Antwort finden Sie unter:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/141/1614149.pdf

Näheres zu dem Beschluss des BVerfG vom 9. September( 2 BvQ 56/09) finden Sie hier: http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg09-103.html

 

KOM/Mehrsprachigkeit: Am 23. Oktober 2009 fand in Brüssel die konstituierende Sitzung für eine neue Plattform der Zivilgesellschaft zur Förderung der Mehrsprachigkeit statt. Sie soll einen dauerhaften Dialog zwischen Kommission und Zivilgesellschaft zu unterschiedlichen Aspekten der Politik der Mehrsprachigkeit gewährleisten. Medienvertreter, Kultureinrichtungen und all jene, die im Bereich nichtformaler und informeller Bildung tätig sind, haben hier die Möglichkeit, sich über Beispiele gelingender Praxis im Hinblick auf die verstärkte Nutzung unterschiedlicher Sprachen auszutauschen. Grundlegend für die Arbeit der Plattform ist das Bewusstsein, dass Sprachen für die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der Überwindung von Integrationshemmnissen von großer Bedeutung sind. Zur Zielgruppe der Plattformarbeit gehören daher Schulabbrecher, Personen, die in beruflicher Aus- und Weiterbildung stehen sowie ältere Menschen und Zuwanderer.
SNM

 

KOM/IPCC: Am 28. Oktober 2009 gab die Europäische Kommission bekannt, dass ihr der Weltklimarat IPCC (Intergouvernmental Panel on Climate Change) volle Teilnahmerechte an seinen Sitzungen gewährt hat – ein Status, der sonst nur nationalen Regierungen zukommt. Damit erkennt das IPCC die Rolle an, die die EU bei der Koordinierung der europäischen Klimapolitik und in der Außenvertretung europäischer Positionen bei Klimaverhandlungen spielt. Die vollen Teilnahmerechte als Beobachter mit besonderem Status schließen die Teilnahme an allen Diskussionen und das Vorschlagsrecht ein. Abstimmen dürfen weiterhin aber nur die Regierungen der Mitgliedstaaten.
PRS

 

KOM/Gentechnik: Die Europäische Kommission hat am 3. November 2009 drei Entscheidungen bezüglich der Zulassung von genetisch veränderten Maissorten angenommen. Dabei handelt es sich um die von der Firma Monsanto insektenresistenten und/oder herbizittoleranten genetisch veränderten Maissorten MON88017, MON89034, 59122xNK603. Alle drei Sorten sind für die Verwendung als Lebens- und Futtermittel sowie für die Einfuhr und Verarbeitung vorgesehen. Nach entsprechenden Untersuchungen kam die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu der Schlussfolgerung, dass der genetisch veränderte Mais im Rahmen seiner beabsichtigten Verwendung voraussichtlich keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder auf die Umwelt hat.

Die Mitgliedstaaten waren außer Stande, sowohl im Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit der Kommission (SCoFCAH) als auch im Europäischen Rat eine qualifizierte Mehrheitsentscheidung für oder gegen die Bewilligung dieser drei Maissorten herbeizuführen. Daher wurde die entsprechende Akte an die Kommission zur Entscheidungsfindung zurückgesandt.
Die Zulassung gilt zehn Jahre. Alle Produkte, die in Zusammenhang mit diesen drei Typen genmanipulierten Mais’ stehen, unterliegen den europäischen Gesetzen zur Kennzeichnung und Nachvollziehbarkeit.
SNM

http://ec.europa.eu/food/food/biotechnology/index_en.htm

 

EU/Asylverfahren in Griechenland: Am 10. November 2009 haben mehrere Flüchtlingsschutzorganisationen, darunter pro asyl die Europäische Kommission aufgerufen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland wegen der mangelhaften Umsetzung der europäischen Asylrichtlinien einzuleiten. So gewähre Griechenland Schutzsuchenden oft gar keinen Zugang zu einem Asylverfahren, generell würden Verfahrensregeln nicht eingehalten. Die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende seien unzumutbar, den Bedürfnissen von Minderjährigen werde keine Rechnung getragen und die Inhaftierung von Flüchtlingen unter menschenunwürdigen Bedingungen sei an der Tagesordnung. Tatsächlich hat die Europäische Kommission Griechenland mehrfach auf diese Mängel des nationalen Asylsystems aufmerksam gemacht. Die griechische Regierung hat immer wieder Verbesserungen versprochen, die jedoch bislang ausgeblieben sind.
KH

http://www.vluchtelingenwerk.nl/pdf-bibliotheek/NGOComplaintvGreece_10November2009_copy_copy_copy_copy.pdf

 

EU/CSR: Am 10./11. November 2009 fand in Stockholm die EU-Konferenz zu Corporate Social Responsibility (CSR) statt. Unter CSR versteht die Europäische Union ein „Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.“ (Grünbuch Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen. KOM [2001] 366). Als größter Wirtschaftsraum der Welt mit 20 Mio. Unternehmen fühlt sich die EU verpflichtet, Anregungen zur Gestaltung unternehmerischer Gesellschaftsverantwortung zu geben: innerhalb der EU und in den Ländern, in denen ihre Unternehmen operieren. Die diesjährige Konferenz stand unter dem Thema „Protect, Respect, Remedy – a Framework for Business and Human Rights“ – in Anlehnung an den gleichnamigen Bericht des UN-Sonderbeauftragten für Menschenrechte und transnationale Unternehmen, Professor John Ruggie, der an der Konferenz teilnahm.
PRS

http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sustainable-business/corporate-social-responsibility/index_de.htm

 

EKBO/Synodenbeschlüsse zur Asylpolitik: Die Synode der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz hat sich auf ihrer Herbsttagung vom 11. bis 14. November 2009 in Berlin schwerpunktmäßig mit dem Thema „Migration, Integration und die Zukunft unserer Kirche“ auseinandergesetzt. Die Synode verabschiedete einige Beschlüsse zur europäischen Asylpolitik. So sprachen sich die Synodalen aufgrund der ersten Erfahrungen bei der Aufnahme irakischer Flüchtlinge für die Einrichtung eines Neuansiedlungsprogramms für Flüchtlinge in Deutschland aus und kritisierten die Menschenrechtssituation an den EU-Außengrenzen. In diesem Zusammenhang forderten sie die Tätigkeiten der Grenzschutzagentur FRONTEX durch eine unabhängige Stelle beobachten zu lassen, um Menschenrechtsverletzungen auf hoher See vorzubeugen. Außerdem forderten sie im Lichte der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rücküberstellung von Flüchtlingen nach Griechenland, von dieser Praxis Abstand zu nehmen. Stattdessen sollte Solidarität mit den Staaten an den EU-Außengrenzen gezeigt werden, deren Asylsysteme überlastet sind. Schließlich unterstützte die Landessynode den Aufruf der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME) für das „Jahr der Europäischen Kirchen zu Migration 2010“ und rief Gemeinden und kirchliche Einrichtungen dazu auf, das kirchliche Engagement für Fremde in ihrer Arbeit in diesem Rahmen deutlich zu machen.
KH

http://www.ekbo.de/9721_24547.php?liste=ja&seiten_id=9721&nav_id=

 

EU/Somalia: Am Rande der Sitzung des Rates Außenbeziehungen vom 17. November 2009 wurde deutlich, dass die EU noch in diesem Jahr eine zweite Mission in Somalia beginnen könnte (wenn man Atalanta mitzählt). So sollen zwischen 80 und 200 europäische Ausbilder 1000 bis 2000 somalische Soldaten darin trainieren, die schwache Übergangsregierung in dem Land zu schützen, das als „failed state“ gelten kann. Die Pläne gehen auf einen Vorschlag Frankreichs im Mai zurück, weitere praktische Hilfen für die Stabilisierung Somalias zur Verfügung zu stellen. Einen zügigen Beginn erwartet der Hohe Beauftragte Javier Solana: Mit der Afrikanischen Union sei man sich einig, dass die Schulungen in Uganda stattfinden könnten, erklärte Solana. Eine offizielle Entscheidung des Rates steht aber noch aus. Frankreich, Uganda und Djibouti haben derweil begonnen, eigene Trainingsmissionen zu etablieren, die bis zu 4.000 Soldaten ausbilden sollen.
PRS

 

EU/Arbeitsmarkt: Am 23. November 2009 stellte die Europäische Kommission (KOM) ihren Arbeitsmarktbericht „Beschäftigung in Europa 2009“ vor. Nach dem Bericht hat die Krise den Großteil des seit 2000 erreichten Beschäftigungszuwachses wieder vernichtet. Etwa vier Millionen Menschen sind durch die Folgen der Krise arbeitslos geworden. Allerdings haben sich die europäischen Arbeitsmärkte damit als widerstandsfähiger erwiesen als viele prognostiziert hatten. Zudem seien sie flexibler als angenommen: 22% der Beschäftigten wechselten pro Jahr ihre Stelle. Erschreckend hoch sei immer noch die Langzeitarbeitslosigkeit: trotz eines Rückgangs seit den 90er Jahren. 45% der Arbeitslosen seien länger als ein Jahr ohne Anstellung. Vom Umbau zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft erwartet die KOM eine substantielle Veränderung des Arbeitsmarktes – allerdings, wenn die richtigen Maßnahmen eingeleitet werden, möglicherweise sogar einen Netto-Zuwachs an Beschäftigung.
PRS

http://ec.europa.eu/social/main.jsp?langId=de&catId=113&newsId=642&furtherNews=yes

 

EP/Stockholm Programm: Das Europäische Parlament hat am 25. November 2009 seine Entschließung zum Stockholm Programm angenommen. Das Parlament fordert, zum Ausgleich zwischen Sicherheit und Freiheit in der Europäischen Union den Grundrechtsschutz zu berücksichtigen. Das Prinzip der Unschuldvermutung und der Datenschutz seien zu respektieren. Das Parlament befürwortet die Idee einer Angleichung der Verfahrensrechte der Bürger in zivil- und strafrechtlichen Verfahren. Um eine europäische Rechtskultur zu schaffen, müssten u.a. Einführungskurse in das nationale Recht anderer Mitgliedstaaten für Anwälte und Richter angeboten werden. Im Bereich Asyl und Migration ist das EP der Auffassung, dass „jedes umfassende Konzept für Migrationsfragen die Faktoren berücksichtigen muss, die die Menschen dazu bewegen, ihre Heimatländer zu verlassen“. Die Abgeordneten sprechen sich für einen Rechtsrahmen aus, der die legale Einwanderung erleichtern wird. Außerdem betonen sie die Notwendigkeit einer engen Verzahnung von Migrations- und Entwicklungspolitik sowie die Notwendigkeit, den Dialog mit den Herkunfts- und Transitländern zu intensivieren, um insbesondere das Problem der „illegalen Migration“ zu bewältigen. Das EP fordert die Weiterentwicklung des gemeinsamen europäischen Asylsystems zur Schaffung eines Europas des Asyls und eine stärkere Solidarität mit Flüchtlingen und zwischen den Mitgliedstaaten. Bedauerlich ist, dass die Abgeordneten gegen eine unabhängige Kontrolle der Grenzschutzagentur FRONTEX stimmten. Der Europäische Rat soll das endgültige Programm am 10./11. Dezember 2009 verabschieden.
KH

Den Entwurf der schwedischen Präsidentschaft finden Sie unter:
http://www.se2009.eu/polopoly_fs/1.19577!menu/standard/file/Draft_Stockholm_Programme_16_October_2009.pdf

Die Entschließung finden Sie unter:
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+20091125+SIT+DOC+PDF+V0//DE&language=DE

 

KOM/Nanotechnologie: Für Februar 2010 ist gemäß der Empfehlung der Europäischen Kommission vom Februar 2008 und den Ratsschlussfolgerungen von September 2008 eine Revision des "Code of Conduct for Responsible Nanosciences and Nanotechnologies Research" geplant. Die Überarbeitung soll dazu dienen, neueste Entwicklungen im Bereich der Nanowissenschaften und Nanotechnologien in den Code of Conduct aufzunehmen. Alle interessierten Personen aus Forschung, Gesellschaft und Politik haben bis zum 3. Januar 2010 die Möglichkeit, sich mit ihren Anmerkungen und Vorschlägen im Rahmen einer öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission zu beteiligen.
KH

http://europa.eu/sinapse/sinapse/index.cfm?fuseaction=login.guestform&redirect=cmtypubdischome.home&CMTY_ID=4E10DF9B-C446-4B22-214E55DE322F72D9&cmty_disc_id=BDD71FFC-CC30-A4D1-A09042510539CF47&request=1

Weitere Informationen finden Sie hier:
http://ec.europa.eu/research/science-society/document_library/pdf_06/nanocode-apr09_en.pdf



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