Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel – Wie geht’s weiter mit der Sicherheits- und Verteidi­gungspolitik?

(Susanne Herkommer)

Auf dem Verteidigungsgipfel im Dezember 2013 haben die Staats- und Regierungschefs vereinbart, sich im Juni 2015 erneut mit der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) zu befassen (siehe EKD-Europa-Informationen Nr. 144). Bis dahin haben sie der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Europäischen Kommission, der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA), dem Rat und den Mitgliedstaaten eine ganze Reihe von Arbeitsaufträgen erteilt (siehe EKD-Europa-Informationen Nr. 145). Die Hälfte der Zeit bis zum nächsten Gipfel ist schon vergangen.

 

Am 24. Juni 2014 hat der Rat die von den Staats- und Regierungschefs erbetene EU-Strategie für maritime Sicherheit angenommen. Ziel ist der bessere Schutz vor maritimen Sicherheitsbedrohungen, wie grenzüberschreitender und organisierter Kriminalität, Piraterie, Proliferation von Massenvernichtungswaffen und Umweltgefahren.

 

Ebenfalls am 24. Juni 2014 wurde der in den Schlussfolgerungen des Verteidigungsgipfels angeforderte Aktionsplan für den europäischen Verteidigungssektor von der Europäischen Kommission veröffentlicht. Er sieht konkrete Maßnahmen zum Ausbau des Binnenmarktes für Verteidigungsgüter, zur Förderung einer wettbewerbsfähigen Verteidigungsindustrie und zur Nutzung von Synergien zwischen der zivilen und militärischen Forschung vor.

 

Mit Spannung wird jedoch eine grundsätzliche strategische Positionierung der EU-GSVP erwartet. Der Europäische Rat hatte die Hohe Vertreterin gebeten, die Auswirkungen der Veränderungen im globalen Umfeld zu bewerten und über die sich daraus für die EU ergebenden Herausforderungen und Chancen im Laufe des Jahres 2015 zu berichten. Auch das Europäische Parlament hatte im Vorfeld des Gipfels eine Auseinandersetzung mit der künftigen strategischen Ausrichtung der EU gefordert und hier auf einen ganzheitlichen Ansatz in Form eines Weißbuchs für Sicherheit und Verteidigung gesetzt, in dem sowohl die strategischen Aspekte als auch die dafür erforderlichen militärischen Kapazitäten behandelt werden.

 

Nach den im Nachgang zum Gipfel veröffentlichten Dokumenten zu den beiden spezifischen Bereichen der maritimen Sicherheit und der Verteidigungsindustrie ist es an der Zeit, sich mit der grundsätzlichen Ausrichtung der GSVP zu befassen. Dabei sollte besonders die friedenspolitische Ausrichtung der GSVP in den Blick genommen werden und der Vorrang des Zivilen betont werden. Der Bericht des Hohen Vertreters oder der Hohen Vertreterin sollte rechtzeitig vor dem nächsten Verteidigungsgipfel vorgelegt werden, damit die Staats- und Regierungschefs darüber diskutieren können und das weitere Vorgehen festlegen können.

 

Seit der Verabschiedung der Europäischen Sicherheitsstrategie (ESS) im Jahr 2003 ist kein strategisches Grundsatzpapier der EU mehr erarbeitet worden. Aufgrund der großen Umwälzungen im globalen Umfeld ist zu erwarten, dass der neue Hohe Vertreter oder die neue Hohe Vertreterin eine strategische Neupositionierung vorantreiben und sich dafür einsetzen wird, dass sein/ihr Bericht an die Staats- und Regierungschefs in eine Neufassung der ESS oder gar in ein Weißbuch für Sicherheit und Verteidigung mündet.



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