Das europäische Kulturerbe im Fokus der EU-Fördermittel

(Ulrike Klose)

Das kulturelle Erbe Europas ist eine unschätzbare Ressource, mit herausragendem Potential für kreative Wirtschaftszweige und regionale Entwicklung, jedoch ist es oftmals aufgrund mangelnder Investitionen vom Verfall bedroht: Dies ist die Hauptbotschaft einer neuen, im Juli 2014 von der Europäischen Kommission herausgegebenen Mitteilung „Für ein integriertes Konzept für das kulturelle Erbe Europas". In dieser Mitteilung plädiert die Kommission für einen stärkeren Fokus auf die kulturellen Sektoren bei der Förderung von Projekten und für einen integrierten Ansatz bei der Förderung von Maßnahmen im Bereich des Erhalts und der Nutzung des kulturellen Erbes. Breit aufgestellte Konzepte zur Nutzung des Kulturerbes und eine engere europäische und grenzüberschreitende Zusammenarbeit könnten zu besserer Nutzung und Erhalt des Kulturerbes sowie zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zum wirtschaftlichen Wachstum der betroffenen Regionen beitragen.

 

Die zuständige EU-Kommissarin für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend, Androulla Vassiliou, erklärte dazu: „Europa muss den inhärenten, den wirtschaftlichen und den gesellschaftlichen Wert des Kulturerbes maximieren. Es sollte das Zentrum von durch das Kulturerbe inspirierten Innovationen sein, die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen und weltweit für unser Know-how auf diesem Gebiet werben. Wir müssen uns EU-weit um besucherfreundlichere Kulturerbestätten und Museen bemühen, darum, mit neuer Technik und Technologie Besucher anzuziehen und vor allem junge Menschen zu erreichen. Kurz gesagt, wir müssen Geschichte lebendig machen."

 

Gefahren für das europäische Kulturerbe sieht die Kommission dabei vor allem in den europaweit sinkenden öffentlichen Ausgaben für den Erhalt von Kulturerbestätten. Gerade vor dem Hintergrund der Krise und der damit einhergehenden Haushaltskürzungen sind die öffentlichen Ausgaben für den Erhalt von Kulturerbestätten oftmals von drastischen Kürzungen betroffen, so dass EU-Fördermittel weiter an Bedeutung gewinnen. So wurde erst kürzlich von dem EU-Kommissar für Regionalpolitik, Johannes Hahn, und den zuständigen italienischen Behörden ein Aktionsplan für den Erhalt der akut vom Verfall bedrohten Ruinen von Pompeji unterzeichnet. Für das Projekt werden von der Europäischen Kommission aus den Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) rund 78 Millionen Euro bereitgestellt.

 

Weitere Gefährdungen des Kulturerbes werden in der abnehmenden öffentlichen Wahrnehmung, in nicht nachhaltigen Tourismusmodellen und in den Auswirkungen des Klimawandels (wie beispielsweise Fluten und extremen Wetterlagen) auf die Kulturerbestätten gesehen. Ein weiteres Problem besteht laut Kommission darin, dass traditionelles Wissen, das zum Erhalt von kulturellen Stätten und des nichtmateriellen Kulturerbes (wie beispielsweise Musik und Traditionen) nötig ist, immer häufiger verloren geht.

 

Chancen bestehen laut der Mitteilung hingegen unter anderem in der Entwicklung von Kulturlandschaften und der digitalen Aufarbeitung und Bereitstellung von Materialien und Quellen. Zudem könnten geschickt genutzte Kulturerbestätten oftmals als Katalysator für die weitere Entwicklung der Region, für ihre Kultur- und Kreativsektoren und für den Tourismus dienen. Thematische Kulturrouten werden als gut geeignetes Mittel angesehen, um die touristische Attraktivität von Regionen zu erhöhen, weniger bekannte Regionen gemeinsam zu vermarkten und die Belastung der touristischen Hauptziele zu senken.

 

Neben den Funktionen als Katalysator für die wirtschaftliche regionale Entwicklung und als identitätsstiftende Ressource wird das kulturelle Erbe zudem auch als Mittel der öffentlichen Diplomatie, also zur öffentlichen Wahrnehmung außerhalb der EU, und als Thema der internationalen Zusammenarbeit gesehen.

 

Mit der Veröffentlichung der Mitteilung forderte die Kommission auch Akteure der Kultursektoren, also auch Landeskirchen und Gemeinden, auf, die zur Verfügung stehenden Förderprogramme der Europäischen Union in Anspruch zu nehmen. Zu diesen zählen unter anderem das Kulturförderprogramm „Kreatives Europa", der Bereich „Geschichtsbewusstsein" des Programms „Europa für Bürgerinnen und Bürger" sowie das Bildungsprogramm ERASMUS+. Darüber hinaus ist gegebenenfalls eine Förderung von bestimmten Vorhaben über die Struktur- und Investitionsfonds möglich – also über den EFRE, den ESF und den ELER bzw. das LEADER-Programm. Die Zuständigkeit für die Definition der entsprechenden Förderschwerpunkte liegt in Deutschland bei den Bundesländern bzw. im Fall des Bundesprogramms für den Europäischen Sozialfonds (ESF) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Auch die Programme der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit, insbesondere INTERREG und URBACT, können für Projekte mit Kulturbezug interessant sein. Weiterhin bestehen Fördermöglichkeiten für kultur- und geschichtsbezogene Forschungsprojekte im Rahmen von HORIZONT 2020.

 

Für Kirchen und Gemeinden besteht so unter Umständen die Möglichkeit, sich um Förderung für kulturelle Projekte zu bewerben, sofern diese den Richtlinien der jeweiligen Programme entsprechen.



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