Aufnahme und Neuansiedlung – Warten auf ein kleines Zeichen der Solidarität

(Julia Maria Eichler)

Eine Million Syrer sind in die Türkei geflohen. 1,3 Millionen syrischer Flüchtlinge befinden sich im Libanon mit seinen vier Millionen Einwohnern. Deutschland müsste rund 20 Millionen Menschen aus der Krisenregion beherbergen, um vergleichbar hilfsbereit zu sein. In Jordanien, das 600.000 syrische Flüchtlinge aufgenommen hat, heißt die viertgrößte Stadt Zaatari und ist ein Flüchtlingslager. Obwohl sie im Vergleich zu Europa geringere Ressourcen haben, unternehmen diese Länder erhebliche humanitäre Anstrengungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Doch je länger der Konflikt andauert, desto schwieriger wird auch die Lage in den Aufnahmeländern. Neben der finanziellen Unterstützung für diese Aufnahmeländer liegt daher ein zunehmender Fokus auf Resettlement (Neunsiedlung). Hierbei werden unabhängig vom regulären Asylverfahren besonders schutzbedürftige Flüchtlinge dauerhaft in einem aufnahmebereiten Drittstaat angesiedelt und damit die Erstzufluchtsstaaten entlastet.

Am 9. Dezember 2014 warb der UNHCR auf einer internationalen Geber-Konferenz um die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen. Doch die Ergebnisse der Konferenz waren enttäuschend. Statt konkreten Zusagen aus der EU gab es nur das vage Versprechen mehr syrischen Flüchtlingen Aufnahme zu gewähren. Ein starkes Zeichen der Solidarität mit den Ländern an Syriens Grenze, die 3,2 Millionen Flüchtlingen beherbergen, blieb aus.

Derzeit führen 17 europäische Länder – 14 EU-Länder sowie Island, Norwegen und die Schweiz – Neuansiedlungsprogramme durch, meistens mit einer festen jährlichen Neuansiedlungsquote. 2013 wurden mit Hilfe des UNHCR im Rahmen der jährlichen Neuansiedlungsprogramme 6.468 Flüchtlinge in Europa neu angesiedelt, 2014 werden es voraussichtlich 7.525 Personen sein. Demnach nahmen 28 Mitgliedsstaaten mit 500 Millionen Bürgern 2013 im Wege von Resettlement nicht einmal 6.500 Flüchtlinge auf. Zum Vergleich: 2013 gab es 47.875 Neuansiedlungen in den USA. Der UNHCR benennt derzeit 960.000 Flüchtlinge weltweit als umsiedlungsbedürftig. Trotzdem werden jährlich weltweit nur ca. 80.000 Flüchtlinge über Neuansiedlungsprogramme in einem neuen Land aufgenommen. Davon entfallen sieben bis neun Prozent auf Europa.

Der UNHCR forderte im September 2013 die EU-Mitgliedsstaaten zunächst auf, sich zur Aufnahme von 30.000 syrischen Flüchtlingen im Zeitraum 2013-2014 zu verpflichten. Diese Zahl konnte vor allem dank des deutschen Engagements erfüllt werden. 2014 erklärte sich Deutschland zur Aufnahme von insgesamt 20.000 syrischen Flüchtlingen bereit. Zwar nicht in Form von Neuansiedlung, aber im Rahmen eines humanitären Aufnahmeprogramms (HAP), das sich durch weniger strenge Rahmenbedingungen (Dauer der Aufnahme, zu vergebenden Schutzstatus und Kostenübernahme) von der Neuansiedlung unterscheidet.

Nachdem der Ministerrat sich im Oktober nur auf den „Vorschlag einer glaubhaften Anzahl" von Neuansiedlungsplätzen „auf freiwilliger Grundlage" einigen konnte, folgte nun mit der UNHCR-Geberkonferenz die zweite Enttäuschung.

Da sich die Mitgliedsstaaten der EU seit 2013 zur Aufnahme von knapp über 34.000 syrischen Flüchtlingen verpflichtet hatten, forderte der UNHCR weitere 100.000 Plätze für syrische Flüchtlinge bis Ende 2016. Ziel sei es, 10 Prozent der syrischen Flüchtlingsbevölkerung mit Hilfe von Neuansiedlung, HAP, humanitären Visa, Private Sponsorship, Familienzusammenführungen, Evakuierungen aus medizinischen Gründen, Stipendien und Programmen für Arbeitskräftemobilität aufzunehmen. Doch konkrete Ergebnisse konnten nicht verkündet werden. In Deutschland wolle man abwarten. Zur Aufnahme weiterer syrischer Flüchtlinge sei man zwar bereit, aber erst müsse es auch von den übrigen EU-Staaten konkrete Zusagen geben.

Ob die vom Kommissar für Migration Dimitris Avramopoulos in einer Rede vor dem Europäischen Parlament am 25. November 2014 angekündigten Gespräche mit den Mitgliedsstaaten über einen festen Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge, die durch Neuansiedlungen nach Europa gelangt sind, erfolgreich abgeschlossen werden können und wann, bleibt in Anbetracht der bisher überschaubaren Ergebnisse abzuwarten.

Die Synode der EKD hat sich in ihrem Beschluss vom 12. November 2014 für ein gemeinsames europäisches Aufnahmeprogramm, insbesondere für syrische Flüchtlinge ausgesprochen. Europa als Wertegemeinschaft sollte seiner Verantwortung sowohl in der Flüchtlings- als auch in der Nachbarschaftspolitik gerecht werden. In einer EU der 28 Mitgliedsstaaten sind aber weder die Aufnahme von 35.000 syrischen Flüchtlingen noch die von 100.000 „glaubhaft".



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