EuGH stärkt die Rechte homosexueller Asylbewerber

(Julia Maria Eichler)

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 2. Dezember 2014 den nationalen Behörden bei der Überprüfung der Glaubhaftigkeit der homosexuellen Ausrichtung als Verfolgungsgrund enge Grenzen gesetzt.

Der niederländische „Raad van State" hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, nach dem die Anträge dreier Asylbewerber, die sich auf ihre Homosexualität als Asylgrund berufen hatten, wegen mangelnder Glaubhaftigkeit von den Behörden abgelehnt worden waren. Der Gerichtshof legte seinen Ausführungen zu Grunde, dass die Aussagen eines Asylbewerbers zu seiner Homosexualität nur die Ausgangspunkte der Prüfung des Asylverfahrens seien. Sie bedürften eines Nachweises. Allerdings müsse diese Prüfung im Einklang mit Unionsrecht und der Charta der Grundrechte sein, insbesondere müsse die Würde des Menschen und sein Recht auf Privatsphäre gewahrt werden.

Es bedürfe einer individuellen Prüfung, die der spezifischen und persönlichen Situation des Asylbewerbers gerecht werde. Befragungen, die allein auf stereotypen Vorstellungen von Homosexuellen beruhen, detaillierte Befragungen zu sexuellen Praktiken eines Asylbewerbers oder gar „Tests" zum Nachweis der Homosexualität, die Vornahme homosexueller Handlungen bzw. Videoaufnahmen solcher Handlungen seien unzulässig. Auch wenn sie der Asylbewerber selbst anbiete, dürfen die nationalen Behörden im Rahmen ihrer Prüfung derartige „Beweise" nicht akzeptieren, da dies sonst Anreize für andere Asylbewerber schaffen könnte und de facto zu einem mittelbaren Vorlagezwang führen würde. Auch seien Angaben nicht allein deshalb unglaubhaft, weil sie nur zögerlich vorgebracht und nicht gleich zu Beginn der Prüfung offengelegt würden. Dies sei schon dem „sensiblen Charakters" dieser Informationen geschuldet, die „die persönliche Sphäre einer Person" unmittelbar betreffen.

Das Urteil knüpft an die Entscheidung des EuGH vom 7. November 2013 an, wonach homosexuelle Asylbewerber eine bestimmte soziale Gruppe bilden können, die der Verfolgung wegen ihrer sexuellen Ausrichtung ausgesetzt sind. Bereits 2010 hatte die Europäische Grundrechteagentur den Einsatz von sogenannten „phallometrischen Tests" in Tschechien bei Asylbewerbern, die Homosexualität als Verfolgungsgrund angegeben hatten, als mit EU-Recht unvereinbar verurteilt.



erweiterte Suche