Weniger Plastiktüten und mehr Ökodesign: Europas Weg zu mehr Umweltbewusstsein

(Anne M. Müller)

Am 17. Dezember 2014 haben die europäischen Umweltminister der politischen Vereinbarung über eine Richtlinie zur Reduzierung von Einwegplastiktüten zugestimmt. Die Vereinbarung war am 17. November 2014 bei einem informellen Trilog zwischen Vertretern des Europäischen Parlaments (EP), der Europäischen Kommission und des Rats getroffen worden. Am 21. November hat der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten (AStV) diese Vereinbarung einstimmig angenommen. Die sogenannte Plastiktütenrichtlinie wird für alle Mitgliedsstaaten verpflichtend sein, das heißt sie muss in nationales Recht überführt werden. Dafür haben sie 18 Monate Zeit. Der gesamte Gesetzgebungsprozess soll im Frühling 2015 abgeschlossen sein.

Aktuell werden pro Kopf in der Europäischen Union (EU) etwa 200 Plastiktüten jährlich verbraucht. Davon sind etwa 175 Einwegtüten, diese habe eine Dicke von unter 50 Mikrometer. Daraus ergibt sich ein Anteil von knapp 90 Prozent. In Deutschland liegt der Jahresverbrauch pro Kopf bei etwa 65 Tüten. Den Mitgliedsstaaten steht frei, ob sie entweder eine Bezahlpflicht auf Einwegtüten bis spätestens Ende 2018 einführen oder Maßnahmen zur Senkung des jährlichen Pro-Kopf-Verbrauchs treffen. Bis Ende 2019 soll dieser auf 90 und bis Ende 2025 auf 40 Plastiktüten reduziert werden. Außerdem werden die Regierungen angehalten, die Öffentlichkeit über das Ausmaß der negativen Auswirkungen auf die Umwelt durch den exzessiven Konsum von Einwegtüten zu informieren. Übrigens können Tüten mit weniger als 15 Mikrometer Dicke von der Regulierung ausgenommen werden, um zu verhindern, dass diese durch noch schädlichere Verpackungen wie etwa Schalen aus Schaumstoff ersetzt werden. Die Kommission wollte den Vorschlag eigentlich im Rahmen des Bürokratieabbaus zurückziehen, aber Frans Timmermans, Erster Vizepräsident und EU-Kommissar für bessere Rechtssetzung, beurteilte diese Entscheidung pragmatisch: Schließlich wollten alle weniger Plastiktüten in der Umwelt. Und diese Richtlinie werde genau das bewirken. Falls es Probleme bei der Umsetzung in nationales Recht gebe, müssten die Mitgliedsstaaten damit umgehen. So banal das Thema Plastiktüten erscheinen mag, so groß sind die Auswirkungen, die ihr Konsum bewirkt: Viele Tüten werden – einmal weggeworfen – vom Wind in die Meere geweht, wo sie erheblichen Schaden verursachen. Tiere, die sich in ihnen verfangen, können sich nicht mehr befreien und sterben. Es wird geschätzt, dass mehr als 50 Prozent der tot aufgefundenen Seeschildkröten an den Folgen von diesen Plastiktüten sterben. Der vollständige Abbau der Tüten kann Hunderte von Jahren dauern. Außerdem können winzige Teile über die Nahrungskette in den menschlichen Körper gelangen. Jährlich werden mehr als acht Milliarden solcher Tüten in Europas Meeren gefunden.

Ähnlich konkreten Einfluss auf das tägliche Leben wie die geplante Plastiktütenrichtlinie hat schon seit 2013 die sogenannte Ökodesign-Richtlinie, mit deren Hilfe die EU bis 2020 mindestens 20 Prozent Energie einsparen will. Denn die billigste und umweltverträglichste Energie ist immer noch die, die gar nicht erst erzeugt und verbraucht wird. Seit September werden aufgrund dieser Richtlinie beispielsweise europaweit nur noch Staubsauger mit einer Maximalleistung von 1600 Watt zugelassen. Das stellt die Hersteller vor technische Herausforderungen, ist aber nicht unmöglich, so Vertreter der Branche. Diese und andere Maßnahmen erfordern von der Gesellschaft ein Umdenken, allerdings spart die Ökodesign-Richtlinie der EU Energie in der Größenordnung des gesamten Jahresverbrauchs Italiens, so Maroš Šefčovič, einer der Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und Kommissar für die Energieunion in seiner Anhörung am 20. Oktober 2014 vor dem Europäischen Parlament. Plastiktüten und Ökodesign – solche Richtlinien klingen im ersten Moment vielleicht bürokratisch, einengend und künstlich. Aber derartige europäischen Gesetzesinitiativen tragen ganz konkret dazu bei, dass unser Alltag umweltfreundlicher wird. Und es ist eigentlich ganz leicht, als EU-Bürgerin und -Bürger seinen Anteil beizutragen.



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