Die EU als Brücke zu mehr globaler Klimafreundlichkeit: Die Weltklimakonferenz in Lima

(Anne M. Müller)

Vom 1. bis 12. Dezember 2014 fand in der peruanischen Hauptstadt Lima das 20. Treffen der UN-Klimakonferenz mit Teilnehmenden aus 195 Staaten statt (Conference of the Parties, COP 20). Im Fokus der Verhandlungen stand die Vorbereitung eines neuen internationalen und völkerrechtlich verbindlichen Klimaschutzabkommens, das im Dezember 2015 bei dem Treffen in Paris verabschiedet werden soll. Seit dem Scheitern der Verhandlungen in Kopenhagen 2009 wird eine Einigung über eine Kyoto-Nachfolgeregelung für die Zeit nach 2020 immer dringender. Die Europäische Union (EU) beansprucht bei den globalen Klimaverhandlungen die Vorreiterrolle und sieht sich selbst in einer Brücken- und Vermittlungsfunktion. Als Union aus 28 Mitgliedsstaaten verfügt die EU über viel Erfahrung bei Einigungsprozessen. Dass der neue Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den Aufbau einer robusten Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzpolitik als eine der zehn Prioritäten seiner strategischer Agenda ansieht, entspricht diesem Selbstverständnis. Der EU-Ministerrat hat im Oktober 2014 die EU-Klimaziele bis 2030 verabschiedet. Diese sind: 1. die CO2-Reduktion von mindestens 40 Prozent (EU-weit verbindlich); 2. der Anteil von erneuerbaren Energien wird um 27 Prozent erhöht (nur nationale Verbindlichkeit); 3. die Energieeffizienz wird um mindestens 27 Prozent gesteigert (keine Aussage über Verbindlichkeit). Zu den EU-Klimazielen siehe EKD-Europa-Informationen Nr. 145.

Ohne die Zusammenarbeit mit der internationalen Staatengemeinschaft, wird die EU den Klimawandel allerdings nicht aufhalten können. Denn sie ist nur für zehn Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich, während China mehr als ein Drittel aller Emissionen verursacht. Das heißt, selbst, wenn die EU von heute auf morgen ihre Emissionen auf null reduzieren würde, wäre dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein der Erderwärmung. Grundsätzlich ist seit dem Verhandlungsdesaster in Kopenhagen 2009 allerdings weltweit eine Zunahme an Aufmerksamkeit zu beobachten und keiner leugnet mehr, dass die Welt dringend auf den Klimawandel reagieren muss. Sogar die USA und China beschäftigen sich mittlerweile mit Klimaschutz und verpflichten sich zu CO2-Reduktion und mehr Energieeffizienz. Die USA wollen bis 2025 ihre CO2-Emissionen um bis zu 28 Prozent im Vergleich zu 2005 reduzieren. China will immerhin spätestens ab 2030 mit einer Reduktion beginnen. Bedenkt man, dass die USA nie das Kyoto-Protokoll von 1997 ratifiziert haben und von China erst gar keine Emissionsreduktion verlangt worden war, kann diese Entwicklung als Erfolg bezeichnet werden. Trotzdem sind diese Zusagen viel zu gering, um die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu halten. Dennoch werden sogar Investoren aufmerksam auf das Thema Klimaschutz, das endlich nicht mehr allein ein Thema grüner Politik ist, sondern ganz klar als ein Wirtschaftsfaktor angesehen wird, mit dem sich Geld verdienen lässt. Ursprünglich war für das Treffen in Lima geplant, den Vertrag für Paris 2015 in weiten Teilen bereits vorzuformulieren und als Entwurf zu verabschieden. Im Wesentlichen sind allerdings nur drei zentrale Ergebnisse zu verzeichnen: Einerseits der Lima Call for Climate Action: die Staaten müssen bis März 2015 ihre CO2-Minderungsziele in „klarer, transparenter und verständlicher Weise" einreichen. Sie bleiben dabei frei in der Wahl der Maßnahmen und müssen diese auch nicht offen legen. Das Sekretariat der UNFCCC (United Nations Framework Convention on Climate Change) wird diese nationalen Klimaziele sammeln und gemeinsam im Vorfeld der Konferenz in Paris veröffentlichen, um einschätzen zu können, ob die eingereichten Klimapläne fair und ehrgeizig genug sind, um eine Erderwärmung von maximal zwei Grad zu gewährleisten. Außerdem ein sogenanntes Elementenpapier, in dem verschiedene, teilweise gegensätzliche Positionen als Optionen formuliert sind für den in Paris 2015 zu unterzeichnenden Weltklimavertrag. Drittens sind während der Konferenz zehn Milliarden US-Dollar für den „Grünen Klimafonds" (GCF) zusammen gekommen, von denen fast die Hälfte von EU-Mitgliedsstaaten zugesichert wurde. Dazu stellen die EU und ihre Mitgliedsstaaten Entwicklungsländern Fördermittel und Anfangskredite in Höhe von insgesamt 9,5 Milliarden Euro zur Verfügung. In den Plänen von Kopenhagen 2009 war allerdings die Rede von 100 Milliarden im Jahr, die ab 2020 jährlich bereit gestellt werden sollten, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Für die EU verhandelten in Lima der spanische Kommissar für Energie- und Klimapolitik Miguel Arias Cañete und der italienische Umweltminister Gian Luca Galletti von der italienischen Ratspräsidentschaft. Insgesamt hatte man ein weitaus ambitionierteres Ergebnis anvisiert, trotzdem bewertet die EU-Kommission Resultate der Verhandlungen als „Schritt vorwärts auf einem guten Weg in Richtung Paris 2015". Für Cañete konnte die EU zeigen, „dass sie – wo möglich – Brücken bauen und Kompromisse finden will." Und für Galetti stellen „die Ergebnisse von Lima eine solide Basis für die anstehenden Verhandlungen dar." Dagegen bezeichnete der Vorsitzende des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments (EP), Giovanni La Via (EVP, Italien), die Ergebnisse von Lima als den kleinsten gemeinsamen Nenner. Trotzdem müsse die Diskussion am Leben erhalten bleiben, um in Paris zu einer Einigung zu kommen. Die problematischste Frage bliebe auch für 2015 die Finanzierung vom globalen Klimaschutz. Für die Europaabgeordnete Rebecca Harms (Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz, Grüne) war die Lima-Konferenz der „Gipfel einer verpassten Gelegenheit".

Insgesamt sind in Lima viele Fragen offen geblieben: Welche Treibhausgase sollen von welchem Staat eingespart werden? In welchem Zeitraum müssen diese Einsparungen erfolgen? Wie werden Vertragsverletzungen sanktioniert? Welche Staaten erhalten Unterstützung aus dem zehn Milliarden US-Dollar schweren „Grünen Klimafonds" bei der Umsetzung von klimaschützenden Maßnahmen wie z. B. der Einführung erneuerbarer Energiequellen. Deutliche Worte findet auch Sabine Minninger, die für Brot für die Welt an der Konferenz in Lima teilgenommen hat: Das Ergebnis sei nicht mehr als ein „Minimalkonsens", der „den dringenden Erfordernissen angesichts des voranschreitenden Klimawandels" nicht entspreche. Brot für die Welt kritisiert, dass das Thema „Loss and Damage" (Bewältigung von klimabedingten Schäden) aufgrund des Drucks von Industriestaaten aus der Vorlage für Paris gestrichen wurde. Es sei „nicht zu akzeptieren", so Minninger, „dass die Opfer von Klimaschäden mit ihrem Leid von der Weltgemeinschaft alleine gelassen werden". Festzuhalten bleibt, dass insgesamt Bewegung in stagnierende Positionen gekommen ist. USA und China beteiligen sich an der CO2-Reduktion, und Schwellen- und Entwicklungsländer wie Mexiko, Kolumbien und Peru zahlen in den „Grünen Klimafonds" ein. Entscheidende Punkte bleiben trotzdem die Fragen nach der Rechtsverbindlichkeit eines globalen Klimaabkommens sowie nach der Lastenverteilung zwischen Verursacher- und Opferstaaten. Diese Fragen müssen bis zur Konferenz in Paris 2015 diskutiert und gelöst werden.



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