Neues Geld aus Brüssel – Europäischer Sozialfonds 2014-2020 in Deutschland gestartet

(Ulrike Truderung)

Die erste „heiße Phase" der europäischen Fördermittel in Deutschland ist angelaufen: Am 21. Oktober 2014 wurde das Operationelle Programm (OP) für den Europäischen Sozialfonds auf Bundesebene (ESF Bundesprogramm) durch die Europäische Kommission genehmigt. Damit wurden nun auch offiziell die zukünftigen Förderschwerpunkte bekannt, die in den Jahren 2014-2020 deutschlandweit mit dem ESF unterstützt werden sollen. Insgesamt wird es in Zukunft 26 einzelne ESF-Förderprogramme auf Bundesebene geben, die von fünf Ministerien verwaltet werden. In vielen Programmen laufen nun die Antragsverfahren an. Als allgemeine Tendenz lässt sich, wie auch in anderen europäischen Förderprogrammen, eine stärkere Fokussierung der abgedeckten Themen sowie eine vermehrte Konzentration auf Kommunen und staatliche Stellen als Antragsteller feststellen. Oftmals ist daher die Kooperation mit Einrichtungen der öffentlichen Hand, insbesondere mit Kommunalverwaltungen und Agenturen wie beispielsweise Jobcentern, zwingend notwendig. Wie in vielen Bereichen der europäischen Fördermittel sollte daher eine Antragstellung stets auch damit verbunden werden, bei den zuständigen Verwaltungseinrichtungen um Unterstützung für das Projekt zu werben.

In vielen Programmen laufen derzeit Antragsverfahren; eine Antragstellung wird danach oftmals nicht mehr oder erst nach 2018 wieder möglich sein. Für kirchliche Einrichtungen dürften im Bereich der ESF-Bundesprogramme besonders die folgenden Programme von Interesse sein:

  • „Partnerrichtlinie Wohlfahrtsverbände" (Rückenwind II): Das erfolgreiche Programm „Rückenwind", das sich speziell an Beschäftigte in der Sozialwirtschaft wendet und das von den Wohlfahrtsverbänden wie der Diakonie selbst verwaltet wird, wird weiter fortgesetzt. Wie auch in der Vergangenheit werden in diesem Programm Maßnahmen gefördert werden, die zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von Beschäftigten in der Sozialwirtschaft sowie zu einer integrierten und nachhaltigen Personal- und Organisationsentwicklung innerhalb der freien Wohlfahrtspflege beitragen. Neu ist, dass auch die (Neu-)Gewinnung von Fachkräften über dieses Programm gefördert werden kann.
  • „Integrationsrichtlinie Bund": Dieses Förderprogramm vereint Konzepte aus den bisherigen Programmen „XENOS-Integration und Vielfalt"; ESF-Bundesprogramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt" und „IdA – Integration durch Austausch". Ziel ist es, Personen schrittweise an den Arbeitsmarkt heranzuführen, die anderenfalls auf erhebliche Probleme beim Zugang zu Arbeit oder Ausbildung haben. Zu den Zielgruppen gehören betroffene Jugendliche und junge Erwachsene unter von 18 bis 35 Jahren sowie Asylbewerberinnen und Asylbewerber und Flüchtlinge. Gefördert werden können innovative Projektideen sowie Austauschprojekte mit dem Ziel, die Teilnehmer in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Voraussetzung ist die Kooperation mit den zuständigen Arbeitsagenturen oder Jobcentern.
  • „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas": In dieses Programm fließen die Erfahrungen des in der vergangenen Förderperiode durchgeführten Modellprogramms „Mehr Männer in Kitas" ein. Im neuen Programm sollen im Rahmen von Modellprojekten bezahlte Ausbildungsmöglichkeiten zum /zur Staatlich geprüften Erzieher / Erzieherin für Quereinsteiger gefördert werden. Hierfür sind Kooperationen von Kindertagesstätten und Fachschulen, die zum Erzieher / zur Erzieherin ausbilden, gefordert. Ziel ist weiterhin die Erhöhung der Zahl der männlichen Erzieher in Kitas sowie bessere Quereinstiegschancen im Erzieherberuf für Männer und Frauen. Gefördert wird allerdings nicht flächendeckend, sondern lediglich in Form von „Vorzeigeprojekten" – insgesamt werden bundesweit voraussichtlich nur ca. 20 Projekte gefördert werden, so dass die Förderchancen als mäßig zu bewerten sind.
  • „unternehmensWert: Mensch": Dieses Programm unterstützt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und ihre Beschäftigten bei der Erstellung einer mitarbeiterorientierten und zukunftsgerechten Personalpolitik. Hierfür werden individuelle Beratungen angeboten. Die Handlungsfelder der Beratungen liegen dabei in den Bereichen „Strategische Personalführung", „Chancengleichheit und Diversity", „Gesundheit" und „Wissens- und Kompetenzmanagement". Von der Beratung könnten auch kirchliche und / oder diakonische Einrichtungen profitieren, sofern sie die Definition eines kleinen oder mittelständischen Unternehmens erfüllen (u. a. Jahresumsatz geringer als 50 Mio. EUR oder Jahresbilanzsumme geringer als 43 Mio. EUR, weniger als 250 Beschäftigte, mind. eine/n sozialversicherungspflichtige/n Beschäftigte/n in Vollzeit).
  • „Perspektive Wiedereinstieg – Potenziale erschließen": In diesem Programm soll, wie auch in der vergangenen Förderperiode, der Wiedereinstieg ins Berufsleben nach einer familienbedingten Unterbrechung der Erwerbstätigkeit unterstützt werden. Grundlage des Angebots ist die Unterstützung und Beratung von Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteigern, flankiert von Maßnahmen zur Sensibilisierung von Arbeitgebern und Qualifizierungsangeboten. Im Vergleich zur vergangenen Förderperiode wird das Programm um die Schwerpunkte „Wiedereinstieg und Pflegeverantwortung" und „Frauen in Minijobs" erweitert.
  • „Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten – familienfreundliche Arbeitswelt und Zeitsouveränität": Das Programm schöpft aus den Erfahrungen des Programms „Erfolgsfaktor Familie", das in der vergangenen Förderperiode durchgeführt wurde. Hierzu soll unter anderem ein bundesweites Netzwerk „Lokaler Bündnisse für Familie" eingerichtet werden; bislang gibt es in Deutschland an rund 670 Standorten solche Lokalen Bündnisse für Familien, an denen oftmals auch kirchliche und diakonische Einrichtungen beteiligt sind. Ferner soll ein bundesweites Unternehmensnetzwerk ausgebaut werden, das Unternehmen verschiedene Angebote zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie an die Hand geben soll.
  • „Stark im Beruf – Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein": Im Rahmen dieses Programms soll für Mütter mit Migrationshintergrund der Zugang zu bestehenden Angeboten der Arbeitsvermittlung erleichtert und stärker auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt werden, insbesondere in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
  • „JUGEND STÄRKEN im Quartier (JUSTiQ)": Das neue Programm „JUGEND STÄRKEN im Quartier" bündelt die Erfahrungen des Vorgängerprogramms „JUGEND STÄRKEN" mit den Erfahrungen aus dem Programm „BIWAQ – Handlungsfeld Übergang Schule-Beruf". Ziel ist es, junge Menschen in besonders benachteiligten Situationen zu stärken und zu stabilisieren und Anschlussperspektiven, insbesondere in Bezug auf Ausbildungs- oder Arbeitsplätze, aufzuzeigen. Die Förderung richtet sich an besonders benachteiligte Gebiete, insbesondere an die Fördergebiete des Städtebauförderprogramms „Soziale Stadt". Das Antragsverfahren für Projekte im Bereich JUSTiQ ist bereits abgeschlossen.
  • „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier" (BIWAQ): Das erfolgreiche Programm aus der vergangenen Förderperiode wird weiterentwickelt. Das Programm richtet sich vornehmlich an Langzeitarbeitslose, Existenzgründerinnen und Existenzgründer sowie die lokale Wirtschaft in benachteiligten Städtequartieren. Es hat die Quartiersentwicklung, insbesondere verbesserte Perspektiven der Bewohner auf Arbeit und Ausbildung, zum Ziel. Hier konnten bis zum 12. Dezember 2014 Interessenbekundungen für die Teilnahme abgegeben werden, eine erneute Antragstellung wird nach derzeitigem Kenntnisstand nach 2018 möglich sein.


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