EGMR erlaubt Rückführung nach Italien

(Julia Maria Eichler)

Am 05. Februar 2015 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden, dass die Überstellung des somalischen Asylbewerbers A.M.E. auf Basis der Dublin III-Verordnung nach Italien als für den Asylantrag zuständiges Land rechtmäßig sei.

Der somalische Asylantragssteller hatte nach einen Angriff auf sein Elternhaus Somalia im August 2008 verlassen. Nach der Ankunft in Italien im April 2009 wurde ihm eine Aufenthaltserlaubnis wegen subsidiärem Schutz für drei Jahre ausgestellt. Im Mai 2009 verließ er das Aufnahmezentrum in Italien und beantragte Asyl in den Niederlande. Die Niederlande forderten Italien zur Rückübernahme des Antragstellers auf und lehnten den Asylantrag des Antragsstellers ab.

Der Antragssteller rügte eine Verletzung von Artikel 3 EMRK (Verbot von Folter und Misshandlung), da er befürchtete, bei einer Überstellung nach Italien menschenunwürdigen Lebensbedingungen ausgesetzt und ohne adäquate Untersuchung seines Asylantrages durch italienische Behörden nach Somalia ausgewiesen zu werden.

Der Gerichtshof verneinte eine Gefahr der Misshandlung nach Artikel 3 EMRK. Der Antragssteller gehöre zwar als Asylbewerber an sich einer unterprivilegierten und besonders schutzbedürftigen Gruppe an. Im Gegensatz zu der Entscheidung Tarakhel gegen Schweiz (Nr. 29217/12), bei der eine Familie mit sechs minderjährigen Kindern betroffen war, handele es sich bei dem Antragssteller aber um einen selbstständigen jungen Mann, der keine von ihm abhängigen Angehörigen habe. In der Entscheidung Tarakhel gegen Schweiz hatte der Gerichtshof eine Verletzung von Artikel 3 EMRK durch die Rückführung nach Italien angenommen, da die Schweiz dazu verpflichtet gewesen seien, von den italienischen Behörden eine Zusicherung zu erlangen, dass die Familie gemeinsam und den minderjährigen Kinder angemessen untergebracht werden würden. Die Situation in Italien sei auch nicht mit der von Griechenland zu Zeiten des Urteils M.S.S. gegen Belgien und Griechenland vergleichbar. Die Strukturen und die Gesamtsituation der Aufnahmevorkehrungen in Italien würden daher an sich keine Hindernisse für alle Transfers nach Italien darstellen. Darüber hinaus hätten die niederländischen Behörden die Transferarrangements in Rücksprache mit den italienischen Behörden getroffen.

Der Antragssteller habe zudem nicht nachgewiesen, dass er bei einer Rückkehr nach Italien aus materieller, physischer oder psychologischer Sicht dem realen und bevorstehenden Risiko einer Notlage ausgesetzt sei, das schwer genug wiege, um eine Verletzung von Artikel 3 EMRK anzunehmen. Es gebe keine Hinweise, dass er nicht von den in Italien verfügbaren Ressourcen profitieren könne und die italienischen Behörden im Falle von Schwierigkeiten nicht in angemessener Weise reagieren würden.

Eine ähnliche Position nahm der Gerichtshof schon 2013 in den Entscheidungen Mohammed Hussein gegen Niederlande und Italien vom 02. April 2013 (Nr. 27725/10), Abubeker gegen Österreich und Italien (Nr. 73874/11 )und Halimi gegen Österreich und Italien (Nr. 53852/11) vom 18. Juni 2013 ein. Der Gerichtshof hatte hier jeweils „systematische Mängel“ des Asylsystems in Italien verneint, ebenso wie ein hinreichend reales und bevorstehendes Risiko einer Notlage, das schwer genug wiege, um die Gefahr einer Verletzung von Artikel 3 EMRK anzunehmen. Im Fall Hussein war eine Mutter mit zwei Kindern betroffen und in den beiden anderen Fällen Asylantragssteller, die der medizinischen Behandlung bedurften.



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