Europäischer Rat konkretisiert Pläne für Energieunion

(Johanna Tietze)

Der Europäische Rat hat in seinen Schlussfolgerungen vom 19. März 2015 erste Maßnahmen zur Verwirklichung der Energieunion benannt.

Am 25. Februar 2015 hatte die EU-Kommission die Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion (COM (2015) 80) vorgelegt. Nun setzte der Europäische Rat seine Schwerpunkte für das ambitionierte Projekt. Die Energieunion als einheitliche, fachbereichsübergreifende Strategie soll Europa unabhängiger machen von einzelnen Brennstoffen, Energielieferanten oder Transportwegen. In Zeiten eines politisch angespannten Verhältnisses der EU zu Russland rückt die große Abhängigkeit einiger EU-Mitgliedsstaaten von bestimmten Energielieferanten in den Mittelpunkt. So beziehen sechs EU-Mitgliedsstaaten ihr Erdgas von nur einem Lieferanten. Die Frage der Energieabhängigkeit Europas ist aber auch ohne die aktuelle Krise von politischer Brisanz. Die EU importiert 90 Prozent ihres Rohölbedarfs. Berücksichtigt man, dass der europäische Verkehr zu 94 Prozent auf Erdölprodukten beruht, erscheint es grundsätzlich geboten, Alternativen zu erörtern. Die Energieunion selbst besteht aus fünf Standbeinen:

  1. Energieversorgungssicherheit, Solidarität und Vertrauen
  2. Energiebinnenmarkt
  3. Energieeffizienz als Beitrag zur Dämpfung der Energienachfrage
  4. Dekarbonisierung der Wirtschaft
  5. Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit

Diese Elemente basieren auf Zielen der europäischen Energiepolitik, welche von der Europäischen Kommission schon im Jahr 2007 vorgeschlagen wurden: Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit. So soll die Energieunion neben sicherheitspolitischen Erwägungen auch niedrigere Energiepreise für Endverbraucher ermöglichen, indem mithilfe einer vernetzten, europäischen Energieinfrastruktur ein funktionierender Energiebinnenmarkt geschaffen wird (siehe auch EKD-Europainformation Nr. 147). Zudem will sie den Klimaschutz fördern, indem Wege zur Erhöhung der Energieeffizienz sowie einer Reduktion von Treibgasemissionen angestrebt werden. Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates enthalten die Aufforderung, die bestehenden rechtlichen Vorgaben konsequent einzuhalten bzw. sie effektiv auszubauen. So sollen z. B. die Vorschriften hinsichtlich der Sicherheit der Strom-und Gasversorgung weiterentwickelt werden. Außerdem wird geplant, Abkommen über den Gaseinkauf von externen Lieferanten transparenter auszugestalten und ihre Vereinbarkeit mit den EU-Energieversorgungssicherheitsvorschriften sicherzustellen. Neben einer Überprüfung der Rechtsvorschriften hinsichtlich Emissionsminderung, Energieeffizienz und erneuerbarer Energiequellen soll ein Governance-System für diesen Bereich entwickelt werden.

Der zweite Schwerpunkt der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates betraf die praktische Umsetzung der Energieunion. Hierbei legte der Europäische Rat, wie zu erwarten, einen besonderen Schwerpunkt auf die Energievorsorgesicherheit. Der Europäische Rat forderte erneut die Beschleunigung von Strom-und Infrastrukturmaßnahmen unter Einschluss von Verbundnetzen, die besonders für abseits gelegene Regionen von Vorteil sein können. Zudem würden belastbarere Netze, höhere Energieeffizienz, die Nutzung heimischer Quellen und der Rückgriff auf sichere und nachhaltige CO2-arme Technologien benötigt. Um die Energievorsorgesicherheit zu steigern, schlägt der Europäische Rat vor, strategische Energiepartnerschaften mit Energieerzeuger- und Transitländern abzuschließen. Hierbei soll die Förderung von natürlichen Ressourcen dieser Partnerschaftsländer unter Achtung ihrer Souveränität erfolgen.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs wollen zudem die Integration erneuerbarer Energiequellen fördern. Hierfür soll eine wirksame, flexible Marktstruktur in regionaler, auch länderübergreifender Zusammenarbeit entwickelt werden. Der Rat betonte abermals, dass den Mitgliedsstaaten auch weiterhin das Recht zustehen soll, über den von ihnen gewünschten Energiemix selbst zu entscheiden. Staatliche Interventionen müssten jedoch mit dem Binnenmarkt vereinbar sein. Für das weitere Vorgehen gab der Europäische Rat einen straffen Zeitplan vor: Vor den Verhandlungen zu einem neuen Klimaschutzabkommen in Paris im Dezember 2015 will er über die Fortschritte der EU-Organe und der Mitgliedsstaaten bezüglich der Energieunion informiert werden. Somit bleiben mit der Energie-und Klimapolitik zwei höchstaktuelle Themen auf der Agenda der EU.



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