Erklärung von Paris: Bildung als Beitrag zur Förderung gemeinsamer Werte

(Doris Klingenhagen)

Die Terroranschläge in Frankreich und Dänemark zu Beginn dieses Jahres nahmen die EU-Bildungsminister und der EU-Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport, Tibor Navracsics, am 17. März 2015 in Paris zum Anlass für die „Erklärung zur Förderung von staatsbürgerlicher Bildung und der gemeinsamen Werte von Freiheit, Toleranz und Nichtdiskriminierung.“ Bei ihrem informellen Treffen bekräftigten sie gemeinsam: „Wir die Bildungsminister und der europäische Kommissar, stehen bei der Weitergabe der humanistischen und staatsbürgerlichen Werte ganz besonders in der Pflicht. Deshalb setzen wir uns gemeinsam dafür ein, Gedankenfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu verteidigen, soziale Eingliederung und die Achtung der Mitmenschen zu fördern sowie Diskriminierungen jeglicher Art vorzubeugen und zu bekämpfen.“ Mit Zielsetzungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene sowie Zielsetzungen auf europäischer Ebene verpflichteten sich die Bildungsminister und der EU-Kommissar auch, den Bildungsbereich zu stärken. Die Zielsetzungen umfassen die Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass Bildung die Aufgaben der Persönlichkeitsbildung von Individuen sowie ihrer sozialen Eingliederung in die Gesellschaft wahrnehmen kann, indem sie die Grundwerte der europäischen Gesellschaften und ihre Prinzipien vermittelt. Darüber hinaus soll eine integrative Bildung für alle Jugendlichen gewährleistet werden, die Rassismus und jede Art von Diskriminierung bekämpft und die jungen Menschen lehrt, Unterschiede in Meinung, Überzeugung, im Glauben und in der Lebensweise zu verstehen sowie Rechtsstaatlichkeit zu respektieren. Ferner halten es die Minister und der EU-Kommissar für wichtig, die Fähigkeiten von Jugendlichen zu stärken, kritisch zu denken und Urteilsvermögen zu entwickeln, speziell auch im Zusammenhang mit der Nutzung des Internets und sozialer Netzwerke. Weitere Zielsetzungen umfassen die Bekämpfung von Benachteiligungen in geographischer, sozialer und bildungspolitischer Hinsicht, die Nährboden für Verzweiflung und Extremismus sein können. Außerdem sollen der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren des Bildungswesens, insbesondere der Eltern, Familien und Verbandsstrukturen gefördert werden, um junge Menschen in sozialen Bindungen zu stärken. Die Schulung und Unterstützung von Lehrkräften wurde als weiteres Ziel definiert. Diese sollen befähigt werden, Bedürfnissen von Schülern verschiedenster Herkunft Rechnung zu tragen und Konzepte an Schulen zu implementieren, um frühzeitig Rassismus und Intoleranz vorzubeugen und zu bekämpfen.

Auf der europäischen Ebene bekräftigten die Minister und der Kommissar den dringenden Bedarf an Zusammenarbeit, Koordinierung, Erfahrungsaustausch und am Austausch der besten Praktiken innerhalb der EU. Damit soll gewährleistet werden, dass Kinder und Jugendliche soziale, staatsbürgerliche und interkulturelle Kompetenzen erlangen sowie kritisches Denken und eine verbesserte Medienkompetenz entwickeln. Dies stärke sie im Widerstand gegen jede Art von Diskriminierung und ideologischer Beeinflussung. Weiter müsse darauf geachtet werden, dass Erziehungs- und Bildungssysteme den Bedürfnissen von benachteiligten Jugendlichen Rechnung tragen und sie ausreichend gefördert werden. Der interkulturelle Dialog müsse durch alle Formen des Lernens und in Zusammenarbeit mit anderen Politikbereichen und anderen betroffenen Akteuren gefördert werden.

Wenig überraschend räumen die Bildungsminister der Bildung eine besondere Rolle für die Entstehung integrativer Gesellschaften ein. Die Vermittlung und Aneignung der Grundwerte müssten im frühen Kindesalter ansetzen. Frankreich räumt dem Bildungsbereich bei der Bekämpfung der Radikalisierung einen besonders hohen Stellenwert ein, was darin zum Ausdruck kam, dass der französische Präsident, François Hollande, an dem Treffen teilnahm. In seinem kurzen Redebeitrag im Rahmen des Ministertreffens ging Hollande darauf ein, dass Bildung die beste Verteidigung gegen den Terrorismus sei. Deutschland wurde durch die Bundesratsbeauftragte für den Bildungsministerrat, die NRW-Bildungsministerin, Sylvia Löhrmann (GRÜNE) vertreten.

Die genannten Zielsetzungen könnten durch den strategischen Rahmen „Allgemeine und berufliche Bildung 2020“ (Education and Training 2020) und die Programme „Erasmus+“ und „Horizont 2020“ unterstützt werden. Der Rat für Bildung, Jugend, Kultur und Sport wurde aufgefordert, bei seinem nächsten formellen Treffen am 18./19. Mai 2015 über Folgemaßnahmen zu beraten. Es ist zu begrüßen, dass die Minister und Ministerinnen in einer formalen Erklärung den ganzheitlichen Auftrag und die Bedeutung von Bildung im Blick auf die persönliche und soziale Entwicklung von jungen Menschen im Hinblick auf die Eingliederung in die Gesellschaft, explizit betonen.

Zur Erklärung von Paris:
http://ekd.be/gemeinsame_Erklaerung-Paris



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