Parlament und Kommission regeln ihre Beziehungen neu

(Patrick Roger Schnabel)

Am 20. Oktober 2010 haben die Präsidenten der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments, José Manuel Barroso und Jerzy Buzek, eine neue interinstitutionelle Vereinbarung unterzeichnet, die ihre Beziehungen auf eine neue Grundlage stellen soll, indem sie die Veränderungen im institutionellen Gleichgewicht unter dem Lissabon-Vertrag reflektiert. Sie ersetzt die vorausgehende Vereinbarung von 2005. (Europa-Informationen Nr. 132).

Als Schlüsselerfolg ihrer Verhandlungen werteten es die Parlamentarier, dass nun der Grundsatz der Gleichbehandlung von Rat und Parlament durch die Kommission beim Zugang zu Sitzungen und die Übermittlung von Informationen Bestandteil des Abkommens ist. Auch die Auflagen für die Kommission wurden strenger gefasst, die die Übermittlung von Informationen über ihre Arbeit, insbesondere Treffen mit Dritten, betreffen. Dies betrifft auch den Zugang zu Dokumenten und Sitzungen in den internationalen Beziehungen der EU.

Die Parlamentarier konnten weiter erreichen, dass sie stärker in die Planung des Arbeitsprogramms der Kommission einbezogen werden. Dies wurde für 2011 schon vor Inkrafttreten der neuen Vereinbarung umgesetzt. Auch der direkte Einfluss des EP auf die Kommission erhöht sich: So sollen die Volksvertreter in die Wahl des Kommissionspräsidenten stärker einbezogen werden und Änderungen am Verhaltenskodex für das Kollegium zustimmen müssen. Zudem gibt es neue Bestimmungen über die Beteiligung von Kommissaren an Wahlkämpfen in ihren Heimatländern. Alle Kommissare, einschließlich der Vizepräsidentin und Hohen Beauftragten, sollen dem EP in Zukunft in einer Fragestunde Rede und Antwort stehen müssen. Dies galt bisher nur für den Kommissionspräsidenten. Schlägt das EP vor, dass die Kommission einen Gesetzgebungsvorschlag zu einem Thema unterbreitet, muss die Kommission innerhalb von drei Monaten darüber berichten und innerhalb eines Jahres einen Vorschlag vorlegen. Entscheidet sie sich dagegen, die Parlamentsinitiative aufzugreifen, muss sie dies detalliert begründen.

Mit der neuen Rahmenvereinbarung hat das EP seine durch den Lissabon-Vertrag deutlich gestärkte Position unterstreichen können und sich darüber hinaus wichtige Einflussmöglichkeiten gesichert. Der Rat sieht dies so kritisch, dass er angekündigt hat, Maßnahmen notfalls auch gerichtlich anzufechten, die auf Verfahren zurückgehen, bei denen er die vertraglichen Rechte des Parlaments überdehnt sieht.



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