Weitere Schritte: Prävention und Bekämpfung der Radikalisierung junger Menschen

(Doris Klingenhagen)

Anknüpfend an die Pariser Erklärung der EU-Bildungsminister (März 2015) und die Veröffentlichung der Europäischen Sicherheitsagenda durch die EU-Kommission (April 2015) hat der Jugendministerrat am 1. Juni 2016 die Mitteilung „Die Rolle des Jugendsektors bei einem integrierten und bereichsübergreifenden Ansatz zur Prävention und Bekämpfung der in Gewaltbereitschaft mündenden Radikalisierung junger Menschen" verabschiedet. Nahezu zeitgleich hat am 14. Juni 2016 die EU-Kommission in der Mitteilung „Unterstützung der Prävention von Radikalisierung, die zu gewaltbereitem Extremismus führt" weitere Aktionsfelder vorgestellt, in denen die Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Radikalisierung in der EU verstärkt werden soll.

Nach den Brüsseler Bombenattentaten am 22. März 2016 bleibt das Thema Radikalisierungsprävention ganz oben auf der EU-Agenda. Frans Timmermanns, erster Vizepräsident der EU-Kommission, erklärte: „Die jüngsten Terroranschläge haben gezeigt, wie einige Europäer einer Ideologie von Tod und Zerstörung verfallen sind, sich von ihren eigenen Familien und Freunden losgesagt und gegen unsere Gesellschaft gewandt haben". Die EU-Kommssionsmitteilung ziele deshalb darauf ab, gegen terroristische Propaganda und illegale Hassreden im Internet verstärkt zu intervenieren. Durch Kooperation mit der IT-Branche soll dazu die Verbreitung von illegalen Inhalten und Gewaltaufrufen gestoppt und alternative Narrative durch die Zivilgesellschaft gefördert werden. Insbesondere jungen Menschen solle mehr Medienkompetenz vermittelt werden, die sie zu einem kritischen Umgang mit Informationen im Netz befähigt.

Weiter soll gegen die Radikalisierung in Justizvollzugsanstalten vorgegangen werden, u.a. mit der Entwicklung von Leitlinien für besondere Strukturen und Programme sowie für die Förderung von Rehabilitation und Wiedereingliederung der Straffälligen. Es soll zudem an einer inklusive Bildung gearbeitet und mit Hilfe des Programms Erasmus+ sollen die gemeinsamen europäischen Werte gestärkt werden. Die EU-Kommission beabsichtigt zudem ein Instrumentarium zu entwickeln, dass diejenigen unterstützt, die mit jungen Menschen zusammen arbeiten, so dass Gewaltbereitschaft und Radikalisierung rechtzeitig erkannt und verhindert werden. Ferner soll es eine Stärkung der internationalen Zusammenarbeit in der Strafverfolgung geben sowie weitere Forschung und Vernetzung, um Sicherheitsfachleuten und Politikverantwortlichen der Mitgliedsstaaten Instrumente und Analysen an die Hand geben zu können.

Die Prävention von Radikalisierung erfordere neben diesen Bereichen eine Konzentration auf die Sicherheitsdimension. Unmittelbaren und längerfristigen Bedrohungen soll z.B. mit Reiseverboten und Strafverfolgung von Reisen in ein Drittland zu terroristischen Zwecken begegnet werden. Die Mitgliedsstaaten sollten weiter den Informationsaustausch verstärken und die Sicherheitskooperationsnetzwerke intensiv nutzen und ausbauen.

Auf den Beitrag des Jugendsektors für eine inklusive, offene und widerstandsfähige Gesellschaft gehen die Schlussfolgerungen des Jugendministerrates genauer ein. Der Jugendarbeit mit ihrem breiten und ganzheitlichen Ansatz wird darin eine wichtige Bedeutung bescheinigt. Angebote und Räume, die Jugendarbeit bereit hält, trügen zu der Entwicklung von Werten, Fähigkeiten, Kompetenzen und einer offenen Haltung bei, die junge Menschen in die Lage versetzen könne, Gefahren zu erkennen und zu bewältigen - einschließlich in Gewaltbereitschaft mündende Radikalisierung. Der Jugendsektor habe neben der Familie einen entscheidenden Einfluss auf die Identitätsentwicklung von Jugendlichen. Er fördere interkulturelles Bewusstsein und Respekt für andere, aktive Teilhabe an der Gesellschaft und auch die Auseinandersetzung mit Spiritualität, Religion oder Glauben.

Der Jugendministerrat fordert deshalb die Mitgliedsstaaten auf, die Zusammenarbeit zwischen dem Jugendsektor und dem Bildungssektor sowie anderen relevanten Akteuren zur Entwicklung gemeinsamer Maßnahmen und zum Austausch bewährter Vorgehensweisen im Umgang mit Fällen von gewaltbereiten, radikalisierten Jugendlichen zu stärken. Weiter fordert er, den Jugendsektor besser anzuerkennen und auszubauen. Durch verschiedene Formen der Jugendarbeit würden junge Menschen an demokratische Werte und bürgerschaftliches Engagement herangeführt. Durch ihre Offenheit und ihren Peer-to-Peer-Charakter könne sie der Ausgrenzung von Einzelnen und Gruppen aus der Gesellschaft vorbeugen. Zudem biete sie ein Bildungsumfeld, indem gewaltbereite und extremistische Ideologien hinterfragt und attraktive Alternativen geschaffen würden - auch unter Einbeziehung und Nutzung sozialer Medien, die in der Radikalisierung junger Menschen keine unbedeutende Rolle spielten. Die Erweiterung der Kompetenzen von Jugendarbeitern durch Aus- und Weiterbildung zu allen Fragen im Zusammenhang mit in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung sehen die Jugendministerinnen wie die EU-Kommission weiter als wichtige Maßnahmen an.

 

Zur Mitteilung der EU- Kommission über die Prävention von Radikalisierung: http://ekd.be/2arQ2qo

Zu den Schlussfolgerungen des Jugendministerrates: http://ekd.be/2arPK30



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