Die globale EU-Strategie - geteilte Vision und gemeinsames Handeln

(Julia Maria Eichler)

Wie bereits im Juni 2015, als die Staats- und Regierungschefs der EU der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini offiziell den Auftrag zur Erstellung der globalen EU-Außen und Sicherheits-strategie erteilten, ging auch die Vorstellung der ausgearbeiteten Strategie beim Europäischen Rat am 28. Juni 2016 angesichts der aktuellen Tagespolitik unter (EKD-Europa-Informationen Nr. 149). „Der Europäische Rat begrüßt die Vorstellung der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union durch die Hohe Vertreterin und ersucht die Hohe Vertreterin, die Kommission und den Rat, die Arbeiten weiter voranzubringen.", so die lapidare Schlussfolgerung.

In Zeiten, in denen sich die existentiellen Krisen innerhalb und außerhalb der Europäischen Union mehren, benötige man ein starkes Europa, heißt es in der Strategie. Im Osten sei die europäische Sicherheitsordnung verletzt worden. Terrorismus und Gewalt plagten Nordafrika ebenso wie den Mittleren Osten und Europa. Sicherheitspolitische Spannungen mehrten sich in Asien, während der Klimawandel weltweite Störungen hervorrufe. Gleichzeitig gäbe es aber mit dem weltweiten Wirtschaftswachstum, der Mobilität und dem technologischen Fortschritt auch außerordentliche Chancen. Das sind die Gegebenheiten, auf denen die neue Globale EU-Strategie fußt.

Die Europäische Union werde Frieden fördern und die Sicherheit seiner Bevölkerung und seines Territoriums gewährleisten, so die EU-Außenbeauftragte in der Strategie. Interne und externe Sicherheit seien mehr denn je miteinander verbunden. Die Sicherheit im eigenen Land hänge vom Frieden außerhalb der eigenen Grenzen ab. Die EU wolle den Wohlstand der eigenen Bevölkerungen vorantreiben. Gleichzeitig müsse Wohlstand aber geteilt werden. Hierfür müssen die nachhaltigen Entwicklungsziele weltweit – auch in Europa – erfüllt werden. Eine prosperierende Union sei auch von einem offenen und fairen internationalen Wirtschaftssystem und einem nachhaltigen Zugang zu globalen Gemeinschaftsgütern abhängig.

Die EU werde eine auf Regeln basierende Weltordnung voranbringen. Ein Schlüsselprinzip sei hier der Multilateralismus mit den Vereinten Nationen als Kernstück. Dem Vorgehen der EU sollen dabei klare Prinzipien zugrundeliegen.

Nur ein vereinigtes Europa könne Sicherheit, Wohlstand und Demokratie für seine Bürger sicherstellen und einen positiven Unterschied in der Welt ausmachen. Die EU könne nicht die Zugbrücke zum Rest der Welt einholen, um externe Bedrohungen abzuwehren. Vielmehr müsse man mit den gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnissen mit anderen Teilen der Welt inklusive aller Chancen, Herausforderungen und Ängsten umgehen.

Die EU sei sich dabei ihrer Verantwortung bewusst und werde sich in ganz Europa, aber auch in den umgebenden Regionen im Osten und Süden, verantwortlich einbringen. Durch globales Handeln sollen Ursachen für Konflikte und Armut angegangen werden und Menschenrechte gefördert werden.

Die Verantwortung gehe Hand in Hand mit der Überarbeitung der externen Partnerschaften. Zur Verwirklichung der Ziele solle deshalb mit anderen Staaten, regionalen Einrichtungen und internationalen Organisationen zusammengearbeitet werden. Die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und dem privaten Sektor solle verstärkt werden.

Im auswärtigen Handeln sollen die fünf folgenden Prioritäten verfolgt werden:

• Sicherheit der Europäischen Union

• Staatliche und gesellschaftliche Widerstandskraft

• Umfassende Ansatz zu Konflik ten und Krisen

• Regionale Ordnungen

• Globale Ordnungspolitik auf Grundlage des Völkerrechts

Der Startpunkt der EU-Strategie sei dabei die Sicherheit der Europäischen Union. Die EU bedeute für die Unionsbürger Sicherheit, Demokratie und Wohlstand. Terrorismus, hybride Bedrohungen, die wirtschaftliche Unbeständigkeit, Klimawandel und Energie-Unsicherheit gefährdeten jedoch die europäischen Bürger und die Union. Ein angemessenes Niveau an Ambitionen und strategischer Autonomie seien wichtige Faktoren für Europas Fähigkeit, Frieden und Sicherheit innerhalb und über die eigenen Grenzen hinaus zu fördern. Deshalb werde man die Bemühungen im Verteidigungsbereich, bei der Terrorismus-Bekämpfung, im Bereich der Energie und strategischen Mitteilungen erweitern. Die Mitgliedstaaten müssen ihre Zusagen zur gegenseitigen Unterstützung und Solidarität in Aktion umsetzen.

Die staatliche und gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit im Osten und Süden müsse erhöht werden. Unter der derzeitigen EU-Erweiterungspolitik sei der glaubhafte Beitrittsprozess basierend auf klaren und fairen Bedingungen entscheidend, um die Widerstandsfähigkeit in Ländern des Westbalkans und der Türkei zu erweitern. Auch die Europäische Nachbarschaftspolitik könne in den betroffenen Ländern zur Transformation beitragen. Aber auch darüber hinaus werde die EU verschiedene Wege zur Erhöhung der Widerstandfähigkeit unterstützen und die akutesten Fälle von staatlicher, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und klimatischer Fragilität in Angriff nehmen. Der interreligiöse Dialog und die interreligiöse Diplomatie seien dabei wichtige Instrumente zur Prävention und Beilegung von Konflikten. Es soll auch eine effizientere Migrationspolitik für Europa und seine Partner entwickelt werden.

Ein umfassender Ansatz zu Konflikten und Krisen durch Nutzung aller zur Verfügung stehender Poli-tiken sei ferner entscheidend. Friedensarbeit und die menschliche Sicherheit soll durch einen inte-grierten Ansatz gefördert werden. Die EU möchte in allen Stadien der Krise aktiv werden: Sich unverzüglich in Prävention einbringen, verantwortlich und entschieden auf Krisen antworten, in Stabilität investieren und den voreilig Abzug vermeiden, wenn neue Krisen aufkommen. Nachhaltiger Frieden könne aber nur durch umfassende Vereinbarungen, die in breiten, tiefen und dauerhaften regionalen und internationalen Partnerschaften wurzeln, erreicht werden.

Regionale Ordnungen sollen unterstützt werden. Freiwillige Formen der regionalen Steuerung würden Menschen und Staaten die Möglichkeit bieten, mit Sicherheitsbedenken besser umzugehen, die wirtschaftlichen Gewinne der Globalisierung zu ernten, Kultur und Identitäten voll auszuleben und Einfluss im Weltgeschehen zu planen.

Es benötige zudem einer Reform der globalen Ordnungspolitik auf Grundlage des Völkerrechts, die Menschenrechte ebenso wie die nachhaltige Entwicklung und den dauerhafte Zugang zu globalen Gemeinschaftsgütern absichere. Die UN sei dabei das Fundament einer multilateralen regelnbasierten Ordnung.

Zur Umsetzung dieser Prioritäten solle das beispielslose Netzwerk der EU ebenso genutzt werden wie die wirtschaftliche Bedeutung und die kohärente Nutzung der unterschiedlichen Mittel, die der EU zur Verfügung stehen.

Die Union sollte dabei glaubhaft, reaktionsschnell und vernetzt handeln.

Die Glaubwürdigkeit der EU hänge in hohem Maße von ihrer Einheit ab, von ihren vielen Erfolgen, ihrer dauerhaften Anziehungskraft, der Effektivität, Konsistenz der Politik und der Einhaltung ihrer Werte.

Es bedürfe Investitionen in allen Feldern der Außenpolitik, insbesondere in Sicherheit und Vertei-digung, schreibt Mogherini weiter. Es sei das volle Spektrum an Verteidigungsfähigkeiten notwendig, um auf externe Krisen zu reagieren. Auch wenn die Mitgliedstaaten souverän in Verteidigungsbelangen bleiben, müsse Kooperation im Verteidigungssektor die Norm werden. Die EU werde deshalb systematisch zur Verteidigungskooperation ermuntern und die Schaffung einer europäischen Verteidigungsunion anstreben.

Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik müsse flexibler werden. Die erweiterte Ko-operation zwischen Mitgliedstaaten sollte erkundet werden und könnte zu einer strukturierteren Ko-operation führen. Auch die Entwicklungspolitik müsse flexibler und mit anderen strategischen Prioritäten abgestimmt werden. Die auswärtige Politik, die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und den europäischen Institutionen und die interne und externe Dimension der europäischen Politik müssten zudem mehr zusammen laufen. Menschenrechte und Genderfragen müssten quer in allen Politikbereiche und Institutionen einbezogen werden.

Außenminister Steinmeier dankte der EU-Außenbeauftragten für ihre Weitsicht. Europa setze mit dieser neuen Sicherheitsstrategie ein deutliches Zeichen und schaffe ein tragfähiges Fundament und ein gemeinsames strategisches Narrativ für die europäische Außen- und Sicherheitspolitik. Die zahlreichen operativen Anknüpfungspunkte müssten nun konkretisiert und umgesetzt werden. Diese Aufgabe werde die Kommission und den Ministerrat in den nächsten Monaten beschäftigen.

Die EU-Außenminister begrüßten die globale Strategie bei ihrem Treffen am 18. Juli 2016 und be-kundeten ihre Bereitschaft, an der Umsetzung zu arbeiten. Die EU-Außenbeauftragte plant hierfür im Herbst einen Plan, mit Verfahren und Zeitplänen zur Umsetzung vorzustellen.

Auch Antje Heider-Rottwilm, Vorsitzende des europäischen Netzwerkes Church and Peace, begrüßte das kohärente Konzept der Außen-, Entwicklungs-, Klima- und Menschenrechtspolitik, das in Teilen der globalen Strategie anklinge. Die Kompetenzen und Finanzen der EU müssten endlich in Deeskalationsmechanismen und zivile Konfliktbearbeitung investiert werden. Mit der starken Gewichtung militärischer Optionen und von Investitionen in Verteidigung sei jedoch die Chance für eine zukunftsorientierte Strategie für ein starkes Europa verpasst worden, so die Vorsitzende.

Die globale Eu-Strategie finden Sie in Englisch hier: http://ekd.be/2ax3ELK



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