Blue Card – Der zweite Versuch

(Julia Maria Eichler)

Am 7. Juni 2016 hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Reform der sogenannten „Blauen Karte" vorgelegt. Die überarbeiteten Vorschriften für einen Aufenthaltstitel für hochqualifizierte Arbeitnehmer aus Drittstaaten soll die Wirtschaft in ihren Bemühungen um die Anwerbung von Talenten aus aller Welt unterstützen. Mit dieser Überarbeitung sollen die bereits seit 2009 bestehende „Blue Card" attraktiver und flexibler gestaltet und die Zugangsvoraussetzungen vereinfacht werden.

Die Blue Card soll der Reduzierung des Fachkräftemangels in bestimmten Bereichen dienen und so helfen, die demografischen Herausforderungen in der Europäischen Union besser zu bewältigen. Bisher fand die Blue Card jedoch in den EU- Staaten nur geringen Anklang (EKD Europa-Informationen Nr. 149). Die Europäische Kommission sieht dies unter anderem im Weiterbestehen paralleler nationaler Regelungen und dem Variieren der Verfahren auf nationaler Ebene begründet. Mit dem neuen Vorschlag soll deshalb eine einheitliche Regelung von Bedingungen und Verfahren getroffen werden, die EU-weit gelten und einzelstaatliche Regelungen in diesem Bereich ersetzen sollen. Hierdurch soll für den Arbeitgeber und den Bewerber mehr Klarheit geschaffen werden und ein EU-weiter einheitlicher Rahmen für hochqualifizierte Drittstaatsangehörige entstehen.

Eines der größten Hindernisse – die hohe Gehaltsschwelle – soll laut Kommissionsvorschlag abge-senkt werden. Zukünftig muss der Verdienst des Drittstaatsangehörigen gleich hoch oder maximal das 1,4-fache des nationalen Durchschnittsgehalts betragen. Der Zugang für Absolventen und Arbei-ter in Mangelberufen soll durch eine Gehaltsgrenze von 80 % des nationalen Durchschnittsgehalts erleichtert werden. Die Mitgliedstaaten können zudem die Schwellenwerte für die Gehaltsgrenze für bestimmte Beschäftigungskategorien an die Besonderheiten ihrer Arbeitsmärkte anpassen.

Durch die Gleichwertigkeit von Berufserfahrung und formellen Qualifikationen soll der Arbeits-marktrealität zudem Genüge getan werden, in der mitunter einschlägige Berufserfahrungen von größerer Bedeutung sei als der formale Abschluss, so die Kommission.

Wie bisher auch bleibt die Regelung aber nachfrageorientiert. Ein Arbeitnehmer benötigt zunächst einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Angebot, bevor er sich für eine Blue Card bewerben kann. Allerdings soll die Mindestdauer des Arbeitsvertrages von zwölf auf sechs Monate gesenkt werden. Dadurch soll die Richtlinie mehr potenzielle Arbeitskräfte erfassen.

Der Nachweis von hochqualifizierten Fähigkeiten ist weiterhin für die Blue Card erforderlich. Als Alternative zum Hochschulabschluss wird auch eine gleichwertige Berufserfahrung von den Mitglied-staaten anerkannt - dies ist zurzeit noch optional geregelt. Arbeitsmarkttests – Vorrangprüfungen zugunsten von Unionsbürgern – sind weiterhin zulässig, allerdings nur, wenn der Arbeitsmarkt auf nationaler Ebene unter schwerwiegenden Störungen, z.B. hoher Arbeitslosigkeit in bestimmten Branchen, leidet.

Den „Blue Card"-Inhabern soll unmittelbarer und flexibler Zugang zum Arbeitsmarkt eingeräumt werden. Die Möglichkeit der Selbstständigkeit neben der „Blue Card"-Tätigkeit soll ebenso wie die unmittelbare Familienzusammenführung eingeführt werden. Auch der Zugang zum Daueraufenthalt soll Vereinfachungen erfahren. Zukünftig sollen drei Jahre ununterbrochener Aufenthalt in demselben Mitgliedstaat für eine Daueraufenthaltserlaubnis genügen. Auch das Verfahren für einen Jobwechsel innerhalb der EU soll erleichtert und somit die innereuropäische Mobilität erhöht werden. Hierfür wird die Mindestaufenthaltsdauer in einem Mitgliedstaat vor einem Jobwechsel auf zwölf Monate abgesenkt. Daneben sollen die Verfahren für kurzfristige Geschäftsreisen bis zu 90 Tagen ins europäische Ausland erleichtert werden, derzeit variieren die Praktiken stark zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Allerdings wird die Blaue Karte nicht zur Freizügigkeit innerhalb der EU führen.

Insgesamt soll das Verfahren beschleunigt und flexibler gestaltet werden. Anträge können innerhalb oder von außerhalb der EU gestellt werden. Die maximale Verfahrensdauer beträgt 60 Tage, nicht wie bisher 90. Für vertrauenswürdige Arbeitgeber sollen Schnellverfahren eingeführt werden.

Mit der vorgesehenen Erweiterung des Anwendungsbereichs der Blue Card auf Personen, denen internationaler Schutz zu kommt, greift die Europäische Kommission eine Forderung auf, die schon während der Ausarbeitung der Richtlinie 2008 u.a. vom Brüsseler Büro der EKD aufgestellt worden war. Damit sollen für Personen mit internationalem Schutzstatus, die in einem Mitgliedstaat nach dem Asylrecht arbeiten dürfen, mit Hilfe der Blue Card die Arbeitsmärkte aller teilnehmenden Mit-gliedstaaten grundsätzlich zugänglich gemacht werden. Sie könnten so Arbeit passend zu Fähigkeiten und Ausbildung innerhalb der EU finden, etwa wenn in dem schutzgewährenden Mitgliedstaat keine freien Stellen im Fachbereich vorhanden sind.

 

Den Vorschlag zur Überarbeitung der Blue Card-Richtlinie finden Sie in Englisch hier: http://ekd.be/2aiCSXb



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