Der Rat der EKD in Brüssel

(Katrin Hatzinger)

om 21. April bis zum 23. April 2016 hat der Rat der EKD in Brüssel getagt. Neben der regulären Ratssitzung in der EKD-Vertretung standen Gespräche mit politischen und kirchlichen Partnern auf der Agenda. Zudem wurde der Opfer der Terroranschläge vom 22. März 2016 gedacht.

Zu Beginn des Besuchsprogramms trafen die Ratsmitglieder im Europäischen Parlament mit dessen Präsidenten Martin Schulz zusammen und dankten ihm für sein beeindruckendes Einstehen für den europäischen Zusammenhalt in Krisenzeiten. In einer nachdenklich stimmenden Begegnung standen die Zukunft der Europäischen Union angesichts zunehmender politischer Herausforderungen und Krisenherde und der Umgang mit den populistischen und nationalistischen Bewegungen im Mittelpunkt. Besonders intensiv wurde über einen möglichen Ausgang des britischen EU-Referendums diskutiert. Im Anschluss analysierte Ralph Sina, Leiter des NDR/WDR-Studios Brüssel, die Krise der belgischen Innenpolitik nach den terroristischen Angriffen vom März und schlug einen Bogen zu den politischen Divergenzen auf EU-Ebene angesichts Terrorgefahr, der Euro- und Finanzmarktkrise und unklarer Vorstellungen über eine gemeinsamer Flüchtlingspolitik. Gemeinsam mit dem deutschen EU-Kommissar Günther Oettinger diskutierte der Rat im Anschluss über die aktuellen europapolitischen Herausforderungen und Deutschlands Rolle in der EU. Der Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft warb dabei dafür, dass der Rat der EKD regelmäßig Sitzungen in Brüssel abhalten solle, und bat darum, gerade im anstehenden Jahr des Reformationsjubiläums das europäische Engagement in den Vordergrund zu stellen.

Am Abend des 21. April 2016 sprach die Präses der EKD Synode, Frau Dr. Irmgard Schwaetzer, in Vertretung des verhinderten Ratsvorsitzenden zu dem Thema „Zusammenhalt stärken - Divergenzen überwinden: Ein Plädoyer für europäische Solidarität" im Haus der EKD. Vor dem Hintergrund der um sich greifenden Mutlosigkeit und zunehmender populistischer, nationalistischer und fremdenfeindlicher Tendenzen in Europa könne der Weg in eine europäische Zukunft nur auf einem gemeinsamen Wertekonsens aufbauen, so die Präses. Offene Grenzen und Freizügigkeit von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital seien Wesensmerkmale des geeinten Europas und müssten es bleiben. Offenheit und Hilfsbereitschaft Schutzbedürftigen gegenüber seien Teile des europäischen Selbstverständnisses. Auf das Schüren von Populismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit bedürfe es auch seitens der Kirchen in Europa einer dezidierten und unmissverständlichen Antwort.

Im weiteren Verlauf der Ratstagung kam der Rat der EKD mit Univ.- Prof. Christian Calliess LL.M EUR, Rechtsberater des Planungsstabs des Präsidenten der Europäischen Kommission, zusammen, der einen anschaulichen Überblick über die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen aktuellen politischen Fragestellungen gab. Später traf der Rat unter Leitung des Vorsitzenden, des Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm, mit dem Ersten Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, zusammen. In dem intensiven Gespräch ging es um den Beitrag der Kirchen zur europäischen Integration, das friedliche Zusammenleben der Religionen und die Herausforderung, die EU trotz aller Unterschiede zusammenzuhalten.

Die Ratsmitglieder gedachten am 23. April 2016 mit einer Andacht in der Auferstehungskapelle im Europaviertel und einer Kranzniederlegung an der Metrostation Maelbeek der Opfer der Terroranschläge in Brüssel. Ferner kamen sie zu Gesprächen mit Vertretern der europäischen Ökumene zusammen und trafen den Generalsekretär der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK), Heikki Huttunen, um über Perspektiven der ökumenischen Arbeit in Europa zu diskutieren. Mit dem Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), Bischof Michael Bünker, sprachen sie über aktuelle Aufgaben der GEKE und die gemeinsame Zusammenarbeit.

Zum Abschluss der Reise verabschiedete der Rat eine Erklärung zur Lage Europas. Darin warnt er vor einer existentiellen Gefährdung des Friedensprojekts Europas. Die Europäische Union stehe „am Scheideweg". „Die freiheitlichen, sozialen, ökonomischen und moralischen Errungenschaften des Friedensprojektes Europa werden von Populisten und Extremisten und dem schwindenden Rückhalt in den Mitgliedsstaaten existenziell bedroht. Auch das Wachsen sozialer Ungleichheiten, die Jugendarbeitslosigkeit und die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich schaffen Enttäuschungen und gefährden den Zusammenhalt in Europa", so die EKD. In dieser Situation plädiert sie für ein „gestärktes, solidarisches und weltoffenes Europa".

Um das Vertrauen in die europäische Idee zu erneuern, wünscht sich die EKD „eine mutige Debatte um die Zukunft Europas". Europa brauche überzeugte Europäerinnen und Europäer.

Die Erklärung des Rates der EKD zur Lage Europas finden Sie hier: http://ekd.be/Erklärung_des_Rates



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