Europäische Kommission stellt Mehrjährigen Finanzrahmen der EU vor

(Stefanie Heuer)

Am 29. Juni 2011 hat die Europäische Kommission den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU vorgestellt, der den Zeitraum von 2014 bis 2020 umfasst. Der MFR setzt die jährlichen Obergrenzen der Mittel für Verpflichtungen und Zahlungen je Ausgabenkategorie, die den Haupttätigkeitsbereichen der EU entsprechen.

Das geplante Haushaltsvolumen 2014-2020 liegt bei 1.025 Mrd. Euro, was 1,05 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) der EU entspricht. Hinzu kommen Fonds außerhalb des normalen Haushalts, so dass das Haushaltsvolumen insgesamt 1.083 Mrd. Euro umfasst und somit 1,11 % des BNE. Der MFR orientiert sich stark an der Strategie „Europa 2020“ um die darin benannten Zielvorgaben zu erreichen.

Die Europäische Kommission gliedert die Ausgabenbereiche in folgende fünf Rubriken:

1. Intelligentes und Integratives Wachstum
2. Nachhaltiges Wachstum: Natürliche Ressourcen
3. Sicherheit und Unionsbürgerschaft
4. Globales Europa
5. Verwaltung

Die erste Rubrik „Intelligentes und Integratives Wachstum“ stellt mit ca. 490 Mrd. Euro den größten Ausgabenposten dar. Sie beinhaltet u.a. Ausgaben für die Kohäsionspolitik, Nukleare Sicherheit, den Gemeinsamen strategischen Rahmen für Forschung und Innovation, allgemeine berufliche Bildung, Jugend und Sport, die sozialpolitische Agenda, Zoll und Betrugsbekämpfung sowie die regionale Konvergenz. Neuerungen werden u.a. im Bereich der Forschung und Innovation vorgenommen. Ein neuer strategischer Rahmen für Forschung, Innovation und technologische Entwicklung mit dem Namen „Horizont 2020“ wird erarbeitet, der mit 80 Mrd. Euro ausgestattet werden soll. „Horizont 2020“ soll zudem mit weiteren politischen Prioritäten wie Gesundheit, Ernährungssicherheit, Biowirtschaft und Energie und Klimawandel verzahnt werden.

Im Bereich der Kohäsionspolitik wird eine neue Kategorie eingeführt, nämlich die „Übergangsgebiete“ deren Pro-Kopf-BIP zwischen 75 % und 90 % des EU-Durchschnitts liegt. Auch die Kohäsionspolitik soll stärker an den Zielen der Europa 2020-Strategie ausgerichtet werden. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) wird um spezielle Instrumente, wie bspw. einem Risikokapitalfonds, ergänzt. Aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) soll zukünftig auch für Sozial- und Humankapital geschöpft werden, um Beschäftigung und soziale Eingliederung zu fördern und Armut zu bekämpfen. Im Kohäsionsfonds wird die Fazilität „Connecting Europe“ eingerichtet, um Infrastrukturprojekte insbesondere in den Bereichen Verkehr, Energie und Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu fördern.

Desweiteren ist im MFR vorgesehen, ein Gesamtprogramm Aus- und Fortbildung, Jugend und Kultur zu schaffen um weiterhin die grenzüberschreitende Mobilität von jungen Menschen in der Ausbildung zu fördern. Somit sollen das Programm für lebenslanges Lernen, Erasmus Mundus sowie „Jugend in Aktion“ zusammen das Programm „Bildung Europa“ mit einem Etat von 15,2 Mrd. Euro formen. Der Bereich „Sport“ bildet zukünftig das einzige Unterprogramm von „Bildung Europa“. Auch in den Bereichen Kultur und audiovisuelle Medien werden die Programme Kultur, MEDIA und MEDIA Mundus in ein einzelnes Programm „Kreatives Europa“ in Höhe von 1,6 Mrd. Euro verschmolzen.

In die zweite Rubrik „Nachhaltiges Wachstum: Natürliche Ressourcen“ fällt die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU. Hierbei sind nur geringe Änderungen vorgesehen; die 2-Säulen-Struktur der GAP bleibt bestehen. Auf die erste Säule entfällt mit 281,8 Mrd. Euro für Direktzahlungen und marktbezogene Ausgaben weiterhin ein Großteil des EU-Haushaltes.

Allerdings sollen die Direktzahlungen an Landwirte stärker an Umweltzielen ausgerichtet werden, eine sogenannte „Ökologiesierung“ der Direktzahlungen. So werden zukünftig 30 % der direkten Unterstützung von der umweltgerechten und nachhaltigen Bewirtschaftung abhängig gemacht. Zudem ist vorgesehen, die Direkt-unterstützung pro Hektar schrittweise anzupassen, da diese bisher von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich ausfielen. Darüber hinaus sollen die Direktzahlungen an große Landwirtschaftsbetriebe gedeckelt werden. Die zweite Säule der GAP, die die Entwicklung des ländlichen Raumes fördert, wird mit 89,9 Mrd. Euro ausgestattet. Ebenfalls unter die zweite Rubrik fallen u.a. Ausgaben für den Europäischen Fonds für maritime Angelegenheiten und Fischerei sowie Ausgaben für Umwelt und Klimapolitik.

Für die Rubrik „Sicherheit und Unionsbürgerschaft“ sind insgesamt 18,5 Mrd. Euro vorgesehen. Darin inbegriffen sind die Politikbereiche Asyl- und Migration, die einen eigenen Fonds erhalten, Innere Sicherheit, IT-Systeme, Justiz, Grundrechte und Unionsbürgerschaft, Katastrophenschutz, Lebensmittelsicherheit, öffentliche Gesundheit sowie Verbraucherschutz.

 
Auf die Rubrik „Globales Europa“ entfallen alle Ausgaben der Entwicklungshilfe, humanitären Hilfe, Nachbarschaftspolitik sowie der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Hierbei stehen 70 Mrd. Euro zur Verfügung. Schließlich fallen unter die Rubrik „Verwaltung“ alle Ausgaben für die EU-Organe, Versorgungsbezüge und Europäischen Schulen. Diese umfassen 62,6 Mrd. Euro.

Außerhalb des normalen Haushaltes stehen u.a. der Fonds für die Opfer der Globalisierung, der Europäische Solidaritätsfonds, die Europäischen Entwicklungsfonds, der Globale Klima- und Arten-vielfaltsfonds sowie die Großprojekte ITER (Forschungsprojekt für den Bau eines Experimental-Fusionsreaktors) und GMES (Initiative zur globalen Umwelt- und Sicherheitsüberwachung).

Nach Art. 311 AEUV finanziert sich die EU „vollständig aus Eigenmitteln“. Tatsächlich stammt aber nur ein geringer Teil des EU-Haushaltes aus Eigenmitteln (diese sind Zölle aus Handelsgeschäften). Der Großteil stammt aus den Mitgliedstaaten und wird anhand ihrer Leistungsfähigkeit gemäß Bruttonationaleinkommen berechnet; hinzu kommen Einnahmen aus den Mehrwertsteuern der Mitgliedstaaten. Die Kommission sieht nun vor, die Eigenmittel zu erhöhen, in dem sie zwei Steuern einführen will – eine Finanztransaktions-steuer und eine neue EU-Mehrwertsteuer. Hintergrund ist, das bestehende Mehrwertsteuersystem abzuschaffen und letztlich auch den BNE-basierten Beitrag der Mitgliedstaaten zu senken.

Bevor der MFR wirksam werden kann, muss er vom Rat einstimmig angenommen werden, nachdem auch das Europäische Parlament zugestimmt hat. Eine Einigung über den MFR wird frühestens 2012 erwartet.

Teil I und II des MFR finden Sie hier:

http://ec.europa.eu/budget/library/biblio/documents/fin_fwk1420/MFF_COM-2011-500_Part_I_de.pdf

http://ec.europa.eu/budget/library/biblio/documents/fin_fwk1420/MFF_COM-2011-500_Part_II_de.pdf



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