Demokratischer Neuanfang in Nordafrika - Der Beitrag der Religionen

(Katrin Hatzinger)

Am 30. Mai 2011 fand zum siebten Mal das Treffen der Europäischen Religionsführer in Brüssel statt, dieses Mal zu dem Thema „Eine Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand - ein gemeinsames Engagement für demokratische Rechte und Freiheiten“.

Die Treffen sind 2005 von Kommissionspräsident Barroso ins Leben gerufen worden und versammeln christliche, jüdische und muslimische Religionsführer aus der EU bzw. in diesem Jahr auch aus Russland und Bosnien-Herzegowina. Im letzen Jahr stand die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung im Mittelpunkt. Noch bevor mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon der Dialog zum 1. Dezember 2009 zwischen Kirchen/Religionsgemeinschaften und EU-Institutionen rechtskräftig geworden ist, haben diese hochrangigen Treffen den Dialog auf Spitzenebene etabliert. Neben dem Präsidenten der Europäischen Kommission und dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, nahmen in diesem Jahr auch wieder der Präsident des Europäischen Rates, Herrmann van Rompuy sowie die Kommissare Štefan Füle (Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik), Viviane Reding (Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft), John Dalli (Gesundheit und Verbraucherpolitik) und Cecilia Malmström (Inneres) an dem Austausch teil.

Die EKD wurde durch ihren Ratsvorsitzenden Präses Nikolaus Schneider vertreten. Auf dem Treffen rief Schneider dazu auf, die historische Chance des „arabischen Frühlings“ zu nutzen, und eine Annäherung der Europäischen Union an ihre südlichen Nachbarstaaten rund um das Mittelmeer voranzutreiben. Pluralismus sei für die Existenz einer freien, demokratischen Gesellschaft wichtig, deshalb müsse jetzt die Zivilgesellschaften unterstützt werden. Denn sie helfe den Bürgern, sich gegenüber dem Staat zu artikulieren. Die Rechte der Frau spielten bei der Gestaltung der Veränderungsprozesse in Nordafrika eine Schlüsselrolle.

Schneider betonte, dass jeder Religion die Kraft innewohne, Gesellschaften zum Besseren zu verändern. Er erinnerte dabei genauso an die Rolle von Kirchen in der Wende 1989 in Osteuropa wie die Leistung vieler Imame bei den Freitagsgebeten während der Revolutionen in Ägypten und Tunesien, die zum relativ friedlichen Ausgang beigetragen hätten. Genauso gebe es aber eine gesellschaftsverändernde Kraft der Demokratisierung, der sich auch die Religionen nicht entziehen könnten. „Daher brauchen wir den Dialog“, hob der Ratsvorsitzende der EKD hervor.
Präses Schneider verurteilte alle Versuche, diesen Dialog – zwischen Staat und Religion und zwischen den Religionen untereinander – zu behindern. Insbesondere Feindseligkeiten zwischen den Religionen müssten unterbunden werden. Die Politik habe die berechtigte Erwartung, dass Religionen den Frieden fördern und nicht behindern.

Abschließend fasste der Ratsvorsitzende die Erwartungen an die EU in folgenden Punkten zusammen: Das soziale Ungleichgewicht zwischen Europa und seinen südlichen Nachbarn müsse schnell verringert werden und junge Menschen müssten Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Dazu trügen faire Wirtschaftsabkommen der EU als größter Markt der Welt entscheidend bei. Die Welt werde Europa aber auch daran messen, welche Behandlung Flüchtlingen zu Teil werde, Europa dürfe keine Festung werden.

Zu dem Thema des diesjährigen Treffens hatte die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, am 8. März 2011 eine Mitteilung veröffentlicht. Im Rahmen der „Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand“ will die EU die südlichen Nachbarländer in ihren Demokratiebestrebungen unterstützen. Dabei sollen kurzfristige Hilfen von langfristigen Maßnahmen begleitet werden, die abhängig von den Wünschen des jeweiligen Landes bereitgestellt werden sollen. Grundbedingung für die Unterstützung ist das Streben nach Demokratie, Menschenrechten, sozialer Gerechtigkeit, guter Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit.

Die Partnerschaft soll auf drei Säulen basieren:
1. Demokratisierung und Aufbau staatlicher Institutionen (Grundfreiheiten, Korruptionsbekämpfung, Reformen von Gesetzgebung und Justiz)
2. eine engere Partnerschaft mit der Bevölkerung (Aufbau der Zivilgesellschaft, Schaffung von Austauschmöglichkeiten, gerade für junge Menschen) und
3. wirtschaftliche Entwicklung (Wirtschaftswachstum, Förderung der Bildung)

Die Mitteilung der EU-Kommission und weitere Informationen zu dem Treffen der Religionsführer finden Sie unter:

http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/president/news/speeches-statements/pdf/20110308_de.pdf

http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/11/658&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en



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