Beitrag zur künftigen Ausrichtung des 8. Forschungsrahmenprogramms

(Katrin Hatzinger)

Das EKD-Büro hat sich im Mai 2011 mit einer Stellungnahme an der Konsultation der Europäischen Kommission zu dem Grünbuch „Von Herausforderungen zu Chancen: Entwicklung einer gemeinsamen Strategie für die EU-Finanzierung von Forschung und Innovation“ beteiligt. Mit dem Grünbuch hat die Kommission eine öffentliche Diskussion darüber angestoßen, welche Aspekte bei künftigen Programmen zur EU-Finanzierung von Forschung und Innovation zu berücksichtigen sind.

In der Stellungnahme werden insbesondere die Bedeutung der Grundlagenforschung, die Notwendigkeit der Einbeziehung der Zivilgesellschaft, die Stärkung der sozialen Verantwortung von Forschungsförderung sowie die Berücksichtigung ethischer Aspekte durch das Zusammenspiel von Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften hervorgehoben.

Nicht nur anwendungsnahe Forschung ist gute Forschung, heißt es in dem Papier. Die EU-Förderung sollte stets Raum für Grundlagenforschung beibehalten, die nicht auf eine kurzfristige Anwendung ausgerichtet ist, sondern dem Erkenntnisgewinn dient. Bei der Frage nach den Indikatoren für eine erfolgreiche Forschungsförderung, macht die Stellungnahme des EKD-Büros deutlich, dass nicht nur die konkrete Verwertbarkeit von Wissen im Vordergrund stehen darf. Wünschenswert wäre es, Ansätze zur sozialen Verantwortung der Forschungsförderung zu entwickeln, um sicherzustellen, dass der Fortschritt in Wissenschaft und Technik zur sozialen Gerechtigkeit und zur unparteiischen Behandlung z.B. durch gleichberechtigten Zugang zu wissenschaftlichem Fortschritt beiträgt. Auch der Nachweis partizipatorischer Strukturen sowohl in Forschungsplanung, -durchführung und -evaluierung sollten Indikatoren sein. Darunter kann z.B. die Einbeziehung der Öffentlichkeit oder die Begleitung durch Ethikkommissionen fallen.

Die von der EU-Kommission aufgezeigte Option, Organisationen der Zivilgesellschaft in ein System der Forschungsfinanzierung einzubeziehen, sei ebenfalls zu begrüßen. Der Raum der Wissenschaft und Forschung müsse selbstverständlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens werden. Sachliche Information und eine unvoreingenommene Debatte der Wissenschaft mit der Öffentlichkeit würden dazu beitragen, Ängste abzubauen. Die Öffentlichkeit sollte aber nicht nur informiert werden, sondern auch selber mitentscheiden können, in welche Projekte die Mittel fließen. Wünschenswert sei daher eine Beteiligung der Öffentlichkeit sowohl bei der Konzeption von Forschungsplänen als auch bei der Bestimmung von Prioritäten für die Forschungsförderung. Ferner wird in der Stellungnahme unterstrichen, dass die Forschungsförderung nicht an den Bedürfnissen der Industrie ausgerichtet sein dürfe. In diesem Zusammenhang erscheine die EU-Förderung der Entwicklung gentechnisch veränderter Pflanzen, die von der Mehrheit der EU-Bürger abgelehnt werden, fragwürdig.

In den Innovationsfeldern, in denen die derzeit absehbaren negativen Folgen neuer Technologien und Forschungsfelder überwiegen, seien darüber hinaus Korrekturen und ggf. ethische Grenzziehungen angebracht. Wenn technische Neuerungen entwickelt werden, müsse sich die davon betroffene Gesellschaft erst darauf einstellen und auch Gelegenheit haben, Entwicklungen mit zu beeinflussen. Das gelte besonders für die grüne Gentechnik, für die Nanotechnologie und die embryonale Stammzellforschung, deren Akzeptanz in manchen Mitgliedstaaten umstritten sei und deren Einführung und Implementierung technikethische Fragestellungen und Technikfolgenabschätzungen erfordere, die nur im Zusammenspiel von Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften bearbeitet und in ihren Schlussfolgerungen plausibilisiert werden könnten.

Bedauerlicherweise geht das Grünbuch mit keinem Wort auf die Bedeutung der ethischen Aspekte von Forschungs- und Innovationförderung ein und setzt sich auch nicht mit der Notwendigkeit, die ethischen, rechtlichen und sozialen Folgen von Wissenschaft und Technologie in der öffentlichen Debatte aufzugreifen, auseinander. Es bleibt abzuwarten, ob und wie dieses Manko bei der anstehenden Vorlage des 8. Forschungsrahmenprogramms (2014-2020) behoben wird.


Die Auswertung der Konsultation und die eingegangen Beiträge finden Sie hier:

http://ec.europa.eu/research/csfri/index_en.cfm?pg=home

Die Stellungnahme unseres Büros unter:

http://www.ekd.de/bevollmaechtigter/stellungnahmen/index.html



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