EU-Rahmen zur Integration der Roma bis 2020

(Doris Klingenhagen)

Am 5. April 2011 hat die Europäische Kommission in einer Mitteilung den „EU Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020“ verabschiedet, in der sie die Notwendigkeit eines gezielten Ansatzes zur nachhaltigen Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der in der EU lebenden Roma verfolgt und die Mitgliedstaaten zur Festlegung nationaler Strategien auffordert.

Rund zehn bis zwölf Millionen Roma leben in Europa. Ihr Leben vollzieht sich unter deutlich schlechteren sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen als das der übrigen Bevölkerung. Daneben sind sie vielfach mit Vorurteilen, Intoleranz und Diskriminierung konfrontiert. Einer Erhebung in sechs EU-Ländern zufolge schließen nur 42 % der Roma-Kinder die Grundschule ab. Schätzungen zufolge besuchen nur 10 % der Roma eine Sekundarschule. Auf dem Arbeitsmarkt haben es die Roma ebenfalls schwer: Sie sind eher von Arbeitslosigkeit bedroht und werden häufiger diskriminiert. In den Bereichen Gesundheit und Wohnraum stellt sich die Lage ähnlich dar: Roma haben häufig keinen Zugang zu Leistungen der Daseinsvorsorge, fließendem Wasser und Strom und haben durchschnittlich eine zehn Jahre kürzere Lebenserwartung. Diese zum Teil prekären Lebensbedingungen werden zum Anlass genommen, EU-Ziele in vier Kernbereichen zu formulieren. Die Ziele sollten dabei auf die Größe der in den einzelnen Gebieten lebenden Roma-Bevölkerung abgestimmt sein.

1. Ziel: Zugang zu Bildung
Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass für alle schulpflichtigen Roma-Kinder eine Grundschulausbildung angeboten wird und sie Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Bildung erhalten. Ferner sollte der Zugang zu einer guten frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung verbessert, die Schulabbrecherquote in der Sekundarschule verringert und jugendliche Roma nachdrücklich zum Besuch einer Sekundarschule und zum Studium ermutigt werden. Die Kommission plant ergänzend in diesem Feld zusammen mit dem Europarat eine Mediatoren-schulungsmaßnahme, die Eltern und Kinder in der schulischen Laufbahn unterstützen soll.

2. Ziel: Zugang zu Beschäftigung
Die Mitgliedstaaten sollten den Roma in nichtdiskriminierender Weise uneingeschränkten Zugang zur beruflichen Bildung, zum Arbeitsmarkt sowie zu Instrumenten und Initiativen zur Förderung der Selbständigkeit bieten. Im öffentlichen Sektor sollte auf die Beschäftigung qualifizierter Roma geachtet werden. Sodass die Beschäftigungsquote sich der übrigen Bevölkerung annähert.

3. Ziel: Zugang zur Gesundheitsfürsorge
Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Roma in gleichem Maße wie die restliche Bevölkerung Zugang zu Gesundheitsprävention und sozialen Dienstleistungen haben. Die Gruppe der Frauen und Kinder sollte dabei besonders im Blick sein und qualifizierte Roma sollten in Gesundheitsprogramme eingebunden werden, um damit z.B. eine Verringerung der Kindersterblichkeit herbei zu führen sowie einen vollständigen Impfschutz der Roma-Kinder. Darüber hinaus sollte auf den Abbau von Diskriminierung der Roma durch medizinisches Personal hingewirkt werden.

4. Ziel: Zugang zu Wohnraum
Die Mitgliedsstaaten sollten einen diskriminierungsfreien Zugang zu Wohnraum, u.a. zu Sozialwohnungen fördern und ebenso den besonderen Bedürfnissen der nicht sesshaften Roma Rechnung tragen durch den Zugang zu für sie angemessenen Aufenthaltsorten.

Bei der Konzeption der nationalen Roma-Integrationsstrategien sollten die Mitgliedstaaten erreichbare Ziele in diesen vier Bereichen festlegen, ausreichend finanzielle Mittel in den nationalen Haushalten vorsehen, Monitoring-Methoden zur Bewertung des Erfolgs einsetzen und dies im Dialog mit der Roma-Zivilgesellschaft und in der Zusammenarbeit mit regionalen und lokalen Behörden. Die Kommission wird begleitend darauf hinwirken, dass die bestehenden EU-Finanzierungsinstrumente – insbesondere der Strukturfonds und der Landwirtschaftsfonds – den Roma offenstehen. Die Ansätze wurden von den Mitgliedsstaaten dafür bisher nicht voll ausgeschöpft. Gleichzeitig wird die Kommission zukünftig bei der Plattform für die Einbeziehung der Roma eine bedeutendere Rolle übernehmen, um die Plattform zu stärken und den Austausch bewährter Praktiken und politischer Konzepte für die Roma-Integration voranzutreiben. Außerdem soll sie ein Ort sein, an dem die Vertreter der Roma-Zivilgesellschaft zu Wort kommen. Anknüpfend an die Roma-Strategie veranstaltete die „Kommission für Kirche und Gesellschaft“ der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) gemeinsam mit der COMECE am 27. Juni 2011 unter dem Titel „Roma Inclusion: a need, a challenge, a duty“ ein Dialogseminar zusammen mit der EU- Kommission. An dem Seminar nahm auch Kommissar Lásló Andor teil.
 
Hier finden Sie die Mitteilung der Kommission:
http://ec.europa.eu/justice/policies/discrimination/docs/com_2011_173_de.pdf



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