Die Schuldenkrise weitet sich aus - Führungsstärke ist gefragt

(Katrin Hatzinger)

Was als Griechenland-Krise begann, wächst sich zu einer Schuldenkrise aus, die mehr und mehr Staaten der Euro-Zone ergreift. Nun droht sie, die gesamte Währungsunion ins Wanken zu bringen. Doch die Lösungsansätze der Politik wirken zögerlich und uneins. Eine nachhaltige Vision zur Stabilisierung der Gemeinschaftwährung ist nicht in Sicht, stattdessen hangelt man sich von Rettungsmaßnahme zu Rettungsmaßnahme.

Dies wurde erneut auf dem EU-Finanzminister-treffen am 11. Juli 2011 in Brüssel deutlich. Die Abschlusserklärung ist so formuliert, dass man zumindest auf den ersten Blick schlussfolgern könnte, die Minister wüssten selbst nicht so genau, wie sie die Dynamik der drohenden Staatspleiten abfedern und das Vertrauen der Finanzmärkte und der Bürger in die gemeinsame Währung und den Euro-Raum wiedererlangen wollen. Folgerichtig reagierten die Finanzmärkte auch mit Kursstürzen und Panikreaktionen.

Allerdings enthält die Erklärung auf den zweiten Blick doch einige interessante Botschaften. Sie beginnt mit einem Bekenntnis zur Stabilität der Euro-Zone. Dazu sollen weitere Maßnahmen ergriffen werden. In dem Statement der Euro-Gruppe wird dann konkretisiert, dass die Flexibilität des Europäischen Rettungsfonds (EFSF) gesteigert (EKD-Europa-Informationen Nr. 136) und sein Anwendungsbereich erweitert werden solle. Außerdem sollen die Zinssätze gesenkt und die Laufzeiten bestehender Kredite ausgeweitet werden. Allerdings blieb offen, was genau mit einer weiteren Flexibilisierung des EFSF gemeint ist, inwieweit und für welche Länder die Zinssätze gesenkt werden sollen und schließlich wer von den längeren Kreditlaufzeiten profitieren soll.

Über die Frage, wie bei der Auflage eines neuen Kreditprogramms für Griechenland die Beteiligung privater Gläubiger zu regeln ist, ob auf freiwilliger Basis oder nicht, konnte zunächst keine Einigung erzielt werden. Damit sind die Details des zweiten Rettungspaketes weiterhin unklar.

Die Minister lobten Griechenland jedoch für seine Spar-und Reformanstrengungen und bekräftigten, dass der Schlüssel zur Lösung der Krise bei Griechenland selbst liege. Allerdings müsste eine breitere und zukunftsorientierte Antwort der Politik gefunden werden, wie dauerhafte Finanzstabilität in der Euro-Zone gewährleistet werden könne. Bundesfinanzminister Schäuble kommentierte, nun stünde der gesamte „Instrumentenkasten“ zur Krisenbewältigung zur Disposition.

Unterdessen ist neben Spanien, Portugal und Irland auch Italien aufgrund der hohen Staatsverschuldung verbunden mit fehlenden Reformanstrengungen in das Visier von Spekulanten und Ratingagenturen gerückt.

Letztlich liegt die Verantwortung bei den Staaten, ihre Haushaltslage in den Griff und die Wirtschaft wieder in Schwung zu bekommen. Wichtig ist auch eine stärkere Finanzmarktregulierung. Unabdingbar bleiben weitere Schritte hin zu einer europäischen Wirtschaftsregierung. Zu den notwendigen Reformen zählt dabei insbesondere ein strengerer Stabilitäts- und Wachstumspakt mit echten Sanktionsmöglichkeiten. Die Abstimmung im EU-Parlament über das Gesetzespaket zur wirtschaftspolitischen Steuerung wurde jedoch auf den Herbst vertagt. Obwohl zwischen Mitgliedstaaten und Parlamentariern in den meisten Punkten Übereinstimmung herrscht, was etwa die stärkere EU-Aufsicht über die nationale Wirtschaftspolitik anbelangt, streitet man weiter darüber, wie künftig Sanktionen verhängt werden können, um Staatsdefizite zu verhindern. Deshalb ist es interessant, dass die Finanzminister in der Erklärung abschließend ihre Bereitschaft unterstreichen, mit dem EU-Parlament weiter über die Maßnahmen einer europäischen Wirtschaftregierung zu verhandeln. Hier gibt es nämlich unterschiedliche Vorstellungen zwischen dem Parlament und insbesondere Deutschland und Frankreich.

Die Parlamentsmehrheit möchte, dass der Rat eine „umgekehrte qualifizierte Mehrheit“ benötigt, um der Feststellung der Kommission zu widersprechen, dass die Maßnahmen eines Mitgliedslands zur Korrektur eines übermäßigen Defizits unzureichend sind. Damit würde es den Mitgliedstaaten erschwert, Empfehlungen zur Haushaltskorrektur abzuwehren. Frankreich sprach sich mit deutscher Unterstützung aber dagegen aus. Dafür setzte Deutschland wiederum mit französischer Hilfe durch, dass bei der Feststellung makroökonomischer Ungleichgewichte Leistungsbilanzüberschüsse nicht ausdrücklich symmetrisch korrigiert werden müssen, was angesichts des deutschen Exportüberschusses zwar im nationalen, aber nicht im europäischen Interesse liegt.

Angesichts des Übergreifens der Schuldenkrise auf weitere Staaten der Eurozone ist politische Führung aber mehr gefragt denn je und der deutsch-französische Motor müsste wichtige Impulse setzen. Ein Sondergipfel soll Mitte Juli konkretere Antworten geben.   

Die Erklärung der Eurogruppe finden Sie unter:
http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/ecofin/123601.pdf



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