Kroatien wird 28. Mitgliedsstaat der Europäischen Union

(Stefanie Heuer)

Am 22. Februar 2012 stimmten 66 Prozent der Kroaten in einem Referendum für einen Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union am 1. Juli 2013. Kroatien wird somit der 28. Mitgliedstaat der EU.

Bereits im Februar 2003 stellte Kroatien den Antrag auf EU-Beitritt. Daraufhin verfasste die Europäische Kommission eine Stellungnahme, in der es heißt: "Kroatien verfügt über eine funktionsfähige Demokratie und solide Institutionen als Garanten der Rechtsstaatlichkeit. Kroatien wird mittelfristig in der Lage sein, die aus einer Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen zu übernehmen, vorausgesetzt, es finden erhebliche Anstrengungen statt, um den gemeinschaftlichen Besitzstand zu übernehmen und in der Praxis wirksam anzuwenden." Somit wurde dem Land im Juni 2004 der Status eines offiziellen Beitrittskandidaten verliehen und die Beitrittsverhandlungen wurden im Oktober 2005 eröffnet.

Um Mitglied der Europäischen Union zu werden, müssen politische und wirtschaftliche Kriterien erfüllt sowie der Acquis communautaire, der gemeinschaftliche Besitzstand, vollständig in die nationale Gesetzgebung umgesetzt werden. Zu Beginn jeder Beitrittsverhandlung führt die Kommission daher ein sogenanntes "Screening" durch, was einer Bestandsaufnahme des bereits in dem Kandidatenland vorhandenen Rechtsrahmens entspricht. Ziel dieser Bestandsaufnahme ist es, Reformen und Maßnahmen zu skizzieren, die notwendig sind, um den Acquis communautaire vollständig umzusetzen. Die Beitrittsverhandlungen sind in 35 Kapitel unterteilt, die vom freien Warenverkehr über Wettbewerb, Landwirtschaft, Justiz, Freiheit und Sicherheit bis zu institutionellen Fragen reichen. Im Falle Kroatiens wurde das erste Verhandlungskapitel im Juni 2007 eröffnet. Seitdem erhält Kroatien im Rahmen der Heranführungshilfe (Pre-accession assistance – IPA) jährlich finanzielle Unterstützung. Die Heranführungshilfe bietet einen einheitlichen Rahmen für die Verbesserung der Institutionen und Rechtstaatlichkeit, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sowie der wirtschaftlichen, sozialen und ländlichen Entwicklung. Nichtsdestotrotz wurden einige Vereinbarungen ausgehandelt, um die reibungslose Integration des Landes in die EU zu gewährleisten. So wurden bestimmte Übergangsregelungen getroffen, u.a. in den Bereichen Arbeitnehmerfreizügigkeit, freier Kapital- und Zahlungsverkehr, Wettbewerb und Transport, die auf zwei bis drei Jahre beschränkt sind. Auch der Beitritt Kroatiens in den Schengenraum wird nicht sofort vollzogen. Hierüber stimmt der Europäische Rat zu einem späteren Zeitpunkt ab.

Darüber hinaus enthält der Beitrittsvertrag drei Schutzklauseln, die es der EU gestattet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, falls infolge des Beitritts Probleme auftreten sollten: eine allgemeine Schutzklausel für die Wirtschaft, eine spezielle Binnenmarktschutzklausel und eine spezielle Schutzklausel für die Bereiche Justiz und Inneres. Die allgemeine Schutzklausel bezieht sich auf Schutzmaßnahmen, die die Handelsliberalisierung betreffen.  Sie greift immer dann, wenn in einem Wirtschaftssektor oder -bereich eines alten oder eines neuen Mitgliedstaats infolge eines Beitritts Anpassungsschwierigkeiten auftreten. Die Binnenmarktschutzklausel umfasst den Bereich der vier Freiheiten und erstreckt sich auf Sektoren wie Wettbewerb, Energie, Verkehr, Telekommunikation, Landwirtschaft sowie Verbraucher- und Gesundheitsschutz. Sollte es bei der Umsetzung oder Durchführung der EU-Vorschriften zu schwerwiegenden Verstößen in straf- oder zivilrechtlichen Angelegenheiten kommen, so greift die Schutzklausel für die Bereiche Justiz und Inneres.

Das letzte Verhandlungskapitel wurde im Juni 2011 erfolgreich geschlossen. Nachdem auch das Europäische Parlament sein Einverständnis gegeben hat, konnte Kroatien auf dem EU-Gipfeltreffen am 09. Dezember 2011 den Beitrittsvertrag unterschreiben. Bis zum eigentlichen Beitritt erhält Kroatien aktiven Beobachterstatus in den Arbeitsgruppen des Rates und der Kommission, um mit den Arbeitsabläufen der EU-Institutionen und dem Gesetzgebungsprozess vertraut zu werden.

Dennoch muss das Land weiterhin Reformen unternehmen, um auch zukünftig den Anforderungen einer EU-Mitgliedschaft gerecht zu werden. Wenn nun noch das kroatische Parlament sowie die Parlamente der anderen EU-Mitgliedstaaten das Beitrittsabkommen ratifizieren, dann steht dem EU-Beitritt im Juli nächsten Jahres nicht mehr im Wege.                  

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