Hohe Vertreterin Ashton legt ersten Bericht über Europäischen Auswärtigen Dienst vor

(Christopher Hörster)

Die Hohe Vertreterin der Europäischen Union Catherine Ashton hat am 22. Dezember 2011 ihren ersten Bericht zum Entwicklungsstand des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission vorgelegt. Knapp ein Jahr nachdem der EAD seine Tätigkeit aufgenommen hat, liegt damit nun eine erste Bestandsaufnahem zur Entstehung des neuen Organs und seiner Tätigkeit vor.

Der EAD und der Posten der Hohen Vertreterin, der die Leitung des EAD obliegt, sind im Vertrag von Lissabon Ende 2009 erstmals eingeführt worden. Idee war, die außenpolitische Stoßrichtung der EU besser zu koordinieren, um so zu einer kohärenten EU-Außenpolitik zu gelangen und Europa eine einheitliche Stimme auf der Weltbühne zu geben. Diese Vereinheitlichung der EU-Außenpolitik soll strukturell einerseits durch die verschiedenen Hüte der Hohen Vertreterin Catherine Ashton, die Vizepräsidentin der Kommission, Vorsitzende im Rat der Außenminister sowie Leiterin des EAD ist, sowie andererseits durch die Zusammensetzung des EAD erreicht werden. Er soll zu jeweils einem Drittel aus Mitarbeitern der Kommission, des Sekretariats des Ministerrates und nationalen Diplomaten bestehen.

Die Hohe Vertreterin weist in ihrem Bericht zunächst auf die unstreitig herausfordernden politischen Rahmenbedingungen, wie den Arabischen Frühling oder die Wirtschaftkrise, für die Etablierung eines neuen diplomatischen Dienstes hin. Insbesondere die Sparzwänge der EU-Mitgliedstaaten machten die Rekrutierung nationaler Diplomaten schwierig. Trotzdem, so Ashton, sei der Aufbau des EAD, auch die Rekrutierung des Personals, gut vorangekommen. Sei man am 01. Januar 2011 noch mit 2805 Personen gestartet, ständen augenblicklich bereits 3611 Personen im Dienst des EAD, 1551 davon in Brüssel, 2060 in den EU-Delegationen auf der ganzen Welt. Die Überführung der EU-Delegationen, die vormals der Kommission unterstellt waren, in die Verantwortung des EAD sei vergleichsweise reibungslos verlaufen. Auch die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom Mai 2011, die der EU Sprachrecht in der Generalversammlung zubilligt, sei ein wichtiger Schritt in Richtung einer einheitlichen Außenpolitik.

In der Tat ist Ashton zuzustimmen, dass beim Aufbau des neuen Europäischen Außendienstes Fortschritte zu verzeichnen sind. Andererseits stellt der Aufbau eines großen, neuen Organs auf europäischer Ebene naturgemäß eine langwierige und komplexe Aufgabe dar. Wie auch die Meinungsverschiedenheiten im Hinblick auf das militärische Eingreifen in Libyen zeigen, wird Außenpolitik in den Mitgliedstaaten der EU vielfach noch als nationale Domäne verstanden, was eine europäische Koordinierung ebenfalls erschwert. Die erste Phase des EAD war daher auch von umfangreichen Problemen bestimmt.

Die Mitarbeiter der EU-Delegationen, also der ständigen EU-Botschaften in Drittländern, sind noch immer teilweise Kommissionsmitarbeiter und daher in bestimmten Bereichen der Kommission unterstellt. Die Leiter der Delegationen hingegen sind der Hohen Vertreterin verantwortlich. Die somit bestehenden Doppelstrukturen führen, wie wiederholt berichtet wurde, zu erheblichen Schwierigkeiten in der Praxis. Generell wurde mehrfach von Problemen sowohl in der Kooperation zwischen der Kommission und dem EAD als auch in der internen Zusammenarbeit von EU-Beamten und nationalen Diplomaten im EAD berichtet.

Die verschiedenen Komplikationen erregten auch auf nationaler Ebene Aufsehen. So richteten im Dezember 2011 Außenminister von zwölf EU-Staaten, darunter Deutschland, Italien, Frankreich und Polen, an Ashton einen gemeinsamen Brief, in dem die verschiedenen Probleme, insbesondere die mangelnde Kooperation mit der Kommission und die Doppelstrukturen in den EU-Delegationen, moniert und Besserung angemahnt wurde. Ferner warfen die Außenminister Ashton vor, die vereinbarte Quote von einem Drittel nationaler Diplomaten im EAD zu unterlaufen, indem Stellen für nationale Diplomaten auf der niedrigsten Gehaltsstufe ausgeschrieben würden, während Kommissionsbeamte ihr Gehalt in den EAD mitnehmen könnten.

Die Schwierigkeiten bei dem Aufbau des EAD sowie die empfindliche Reaktion der Mitgliedstaaten sind ein deutlicher Hinweis dafür, dass einerseits die Eingliederung eines neuen Organs in die komplexen Strukturen der EU schwierig, andererseits die Bereitschaft einen starken, diplomatischen Apparat auf EU-Ebene zu akzeptieren, national noch nicht ausgereift ist. Wie bei vielen Verschiebungen zulasten der nationalen Selbstbestimmung und zugunsten der stärkeren europäischen Koordinierung wird auch hier einige Zeit vergehen, bis die Ideen einer einheitlichen, europäischen Außenpolitik voll zur Geltung gelangen kann.

Den Bericht der Hohen Vertreterin finden Sie unter:



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